Duisburg. Deutschland spricht wieder über muslimischen Antisemitismus. An den Demos in Duisburg nahmen aber auch mehrere linksextreme Gruppen teil.

Sollten Hamas-Sympathisanten ausgewiesen, den Eingebürgerten unter ihnen sogar die Staatsbürgerschaft entzogen werden? Seit dem Angriff auf Israel und den anschließenden Demonstrationen führen Deutschland und Duisburg wieder eine Debatte über Antisemitismus unter Muslimen, die sich an der Grenze zum Populismus bewegt. Neben der palästinensischen Flagge, teilweise auch den Flaggen anderer arabischer Länder, wehen auf den Demos allerdings immer wieder Fahnen von kommunistisch-revolutionären Organisationen.

Beide Kundgebungen in Hochfeld in der vergangenen Woche wurden von Menschen aus dieser Szene angemeldet. Mindestens drei solcher Initiativen sollen am 9. Oktober dabeigewesen sein: Der „Revolutionäre Jugendbund“, der „Rote Bund“ und der „Kommunistische Aufbau“. Drei Tage später waren mit „Young Struggle“ und „Zora“ mindestens zwei weitere radikal linke Gruppierungen beteiligt.

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Aktivistinnen feiern in Duisburg palästinensische Terroristin

Wofür stehen diese Initiativen? „Imperialistische Mächte raus aus Palästina! Es lebe der Widerstand des palästinensischen Volkes!“, äußert sich die Ortsgruppe Ruhr des Revolutionären Jugendbunds auf Instagram. „Wir verteidigen das Recht der antiimperialistischen Bewegungen, ihre Kampfformen selbst zu wählen“, heißt es in der Gründungserklärung des Roten Bundes. „Der bewaffnete Kampf gegen den Zionismus ist legitim!“, schreibt der Kommunistische Aufbau anlässlich der brutalen Attacken auf israelische Zivilbevölkerung.

Bei der Kundgebung am 12. Oktober zeigten Aktivistinnen das Konterfei der Terroristin Leyla Khaled, die um 1970 an Flugzeugentführungen beteiligt war. Leyla Khaled ist führendes Mitglied der Terrororganisation Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), zu der laut Verfassungsschutz das Netzwerk Samidoun gehört. Zur ersten Duisburger Demo hatte Samidoun auf seinen Social-Media-Kanälen aufgerufen. Die zweite fand Demo unter dem Motto „Solidarität mit Samidoun“ statt, nachdem die Bundesregierung ein Verbot des Vereins angekündigt hatte.

Neben der palästinensischen Flagge waren bei der Demonstration am 9. Oktober auch die Fahnen linker Gruppierungen wie dem „Roten Bund“ und dem „Revolutionären Jugendbund“ zu sehen.
Neben der palästinensischen Flagge waren bei der Demonstration am 9. Oktober auch die Fahnen linker Gruppierungen wie dem „Roten Bund“ und dem „Revolutionären Jugendbund“ zu sehen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Mit diesen Organisationen, die sich zu Samidoun und damit zur PFLP bekennen, hatten die Veranstaltungen also auch einen klar linksextremen Kontext. Und laut dem Journalisten und Antisemitismus-Experten Nicholas Potter sei es Ziel von Samidoun als „Tarnorganisation der PFLP“, Brücken zwischen radikalen Linken und radikalen Muslimen zu bauen.

Brückenschlag zu islamistischen Strukturen in Duisburg

In einem Beitrag auf der Seite www.belltower.news schreibt Potter: „Die säkulare PFLP mischt Marxismus-Leninismus mit arabischen Nationalismus, erkennt Israel nicht an, lehnt Friedensverhandlungen ab und kämpft für eine Ein-Staat-Lösung.“ Unterstützt werde sie heutzutage finanziell und politisch vom Assad-Regime in Syrien, dem Iran und der libanesischen Hisbollah.

Der Brückenschlag gelang offenkundig auch in Duisburg: Zumindest dem ersten Demo-Aufruf folgten zahlreiche Menschen aus migrantischen Communities. Für den Duisburger Pädagogen Burak Yilmaz keine Überraschung: „Dass Samidoun seine Demonstration nach Duisburg verlegt, ist kein Zufall. In der Stadt haben wir bereits islamistische Strukturen, auch türkische Nationalisten sind hier unterwegs“, schrieb er auf X, ehemals Twitter.

Aktivistinnen der Gruppierung „Zora“ zeigen in Duisburg das Konterfei der Terroristin Leyla Khaled, die um 1970 an Flugzeugentführungen beteiligt war.
Aktivistinnen der Gruppierung „Zora“ zeigen in Duisburg das Konterfei der Terroristin Leyla Khaled, die um 1970 an Flugzeugentführungen beteiligt war. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

An den Universitäten versuchen linke Gruppierungen derweil, früh im Semester neue Studierende für ihre Ideen zu gewinnen. Unter den Initiativen, die bei der „Kritischen Einführungswoche“ am Campus Duisburg Vorträge und Workshops anbieten, befinden sich mit „Zora“ und „Pride Rebellion“ zwei, die an den Pro-Palästina-Demos teilgenommen oder zur Teilnahme daran aufgerufen haben. Bezug zum Nahost-Konflikt haben diese Veranstaltungen auf den ersten Blick nicht.

DEMOS IN DUISBURG: „ANTIFASCHISTEN“ GETEILTER MEINUNG

Zur Pro-Palästina-Demo in Hochfeld am 9. Oktober rief neben Samidoun auch das Bündnis „Duisburg stellt sich quer“ auf. Der Verein, der sich selbst als „Antifaschistisches Blockadebündnis“ bezeichnet, warb auf Facebook für die Teilnahme an der Demonstration.

Die Antifa dagegen beteiligte sich an der Israel-solidarischen Gegendemonstration, wie auch in anderen Städten des Ruhrgebiets. In Dortmund etwa positionierte sich ein Redner bei einer Kundgebung klar gegen den Terror der Hamas: „Der Angriff kam nicht wegen dieser oder jener Regierung, sondern weil der demokratische und jüdische Staat Israel ein Dorn im Auge des Islamismus ist.“