Duisburg: Neudorfs Geschichte – mit vielen alten Fotos
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Duisburg-Neudorf. Was in Neudorf vor der Besiedlung 1770 war und wie sich der Stadtteil – mit Fabriken, Schulen und Kirchen – entwickelt hat. Mit 30 alten Fotos.
Erst im zweiten Anlauf hat es geklappt, die Heide vor den Toren Duisburgs, das heutige Neudorf, zu besiedeln. Das war 1770. Heute sind Bildung und Forschung die Schwerpunkte des Stadtteils.
Erdgeschichtlich liegt Neudorf zwischen zwei Stellen, an denen in prähistorischer Zeit Gletschereis durchgebrochen ist: zwischen der Mülheimer Straße und der Uhlenhorststraße. Danach war das Gebiet bewaldet. Pfeilspitzen und Steinbeile aber zeugen davon, dass sich hier schon vor 3700 Jahren Menschen aufgehalten haben. Direkt an der Stadtgrenze gibt es Spuren einer Siedlung aus der Zeit zwischen 800 und 500 vor Christus.
Neudorf: So sah der Duisburger Stadtteil vor und zur Zeit der Besiedlung 1770 aus
Der Wald gehörte im 11. Jahrhundert zum Königshof Duisburg. Ab 1129 durften die Duisburger den Steinbruch im Wald für den Bau ihrer Stadtmauer nutzen. Nach und nach ging der gesamte Wald auf die Stadt über.
Zwischen Grabenstraße und Sternbuschweg verlief seit dem späten Mittelalter die Landwehr, ein Graben, der vor allem wilde Tiere fernhalten sollte. Das Gebiet davor hieß bis ins 19. Jahrhundert Großes Hochfeld, weil es hochwasserfrei war. Schon im 18. Jahrhundert war es in unzählige Parzellen aufgeteilt.
Schulden mit Holzverkauf abgestottert
Um 1550 war ein Teil des Waldes etwa 190 Personen sowie zwölf Institutionen, vor allem Klöstern, zur Nutzung überlassen, den Walderben. Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) hatte dann zu so hohen Schulden der Stadt geführt, dass die Duisburger den Wald fast ganz geschlagen und das Holz verkauft haben. Um 1750 war er schon bis zur heutigen A 3 zurückgedrängt.
1769 wurden auswärts Familien gesucht, die bereit waren, die Heide hinter der Landwehr zu kultivieren. Sie konnten ihre Religion frei ausüben, waren vom Militärdienst befreit, ebenso von Steuern, und erhielten Geld für den Hausbau. Doch von sieben Familien aus der Pfalz hielt nur eine durch.
Im Mai 1770 karrten die Behörden 13 Familien aus Hessen-Darmstadt heran, 73 Personen. Diesmal kehrte nur eine wieder zurück. Die anderen erhielten an der Koloniestraße je sechs Hektar Land. Dafür bürgerte sich der Name Neudorf ein.
Die Kolonisten gingen es langsam an. Noch 1854 waren es erst 110 Personen. Seit 1848 trennte die Köln-Mindener-Eisenbahn Neudorf von der Stadt. 1865 kam die Strecke von Hochfeld nach Mülheim-Speldorf hinzu, 1901 die Güterumgehungsbahn im Osten.
Mit einer Zeche fing es an
1858/59 begann mit der Zeche Neu-Duisburg an der Mülheimer Straße (nur bis 1861) und der benachbarten Maschinenfabrik von Ewald Hülsmann (1910 in der Demag in Hochfeld aufgegangen) die Industrialisierung. Allerdings gab es nur kleine und mittlere Betriebe, so ab 1867 die Gießerei und Gußstahlfabrik von Felix Bischoff an der Kammerstraße (1935 stillgelegt). Daneben entstand viel Wohnraum. 1895 zählte Neudorf schon über 10.000 Einwohner. Heute sind es 27.000.
Schon vor der Jahrhundertwende gab es den ersten Standort für akademische Ausbildung: Die Rheinisch-Westfälische Hüttenschule erhielt 1899 an der Bismarckstraße neue Gebäude. Die Ingenieurschule wurden 1958 erweitert, war ab 1971 Fachhochschule, ging 1972 in der Gesamthochschule auf.
Pädagogische Hochschule zieht an die Lotharstraße
Deren Anfänge gehen 1968 auf den Umzug der Pädagogischen Hochschule Kettwig an die Lotharstraße zurück. Sie ist seit 1980 Universität, seit 2003 Teil der Uni Duisburg-Essen, wurde bis 1991 zur Mülheimer Straße erweitert.
Seit 1906 hat die Klöckner-Handelsgesellschaft ihren Sitz an der Mülheimer Straße. Das „Silberpalais“, die Zentrale des Konzerns, setzt seit 1977 einen städtebaulichen Akzent, ähnlich wie seit 1993 das Haus der Wirtschaftsförderung an der Mülheimer Straße und seit 1995 das Technologiezentrum an der Bismarckstraße.
Vom Bombenkrieg schwer betroffen
Ab Ende 1936 hatte Neudorf im Süden Autobahnanschluss. Der Arbeitsbeschaffung hat auch der Bau der 1938 eröffneten Unterführung der Koloniestraße gedient. Die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zogen den Stadtteil schwer in Mitleidenschaft.
Eigenständiges kirchliches Leben begann 1890 mit einer katholischen Notkirche, die 1898 durch die Ludgerikirche ersetzt wurde. 1912 folgte die Gabrielkirche an der Gneisenaustraße und 1953 die St.-Anna-Kirche an der Geibelstraße (2007 entweiht). Die erste evangelische Kirche war 1908 die Christuskirche am Neudorfer Markt. 1936 folgten die evangelischen Gemeindehäuser Bürgerstraße (2004 aufgegeben) und Wildstraße.
Nach 100 Jahren die erste Schule
Die Anfänge des Schulwesens machten 1869 eine katholische und eine evangelische Volksschule direkt am Hauptbahnhof (1937 für die Bahn abgerissen). 1894 eröffnete eine weitere katholische Volksschule an der Neudorfer Straße (1944 zerstört), um die Jahrhundertwende eine an der Bismarckstraße (von 1968 bis 1987 katholische Grundschule, heute Universität) und 1910 eine vierte an der Gneisenaustraße (bis 2022 Hauptschule). Zwischen 1908 und Anfang der 50er Jahre gab es auch eine Schule am Sternbuschweg/Ecke Aktienstraße. Vor dem Zweiten Weltkrieg entstand die Volksschule an der Mozartstraße (seit 1968 Grundschule).
Neue Schulen nach dem Zweiten Weltkrieg gab es an der Hebbelstraße/Grabenstraße (ab 1956 Volksschule, heute katholische und Gemeinschaftsgrundschule), an der Geibelstraße (ab 1958 Annette-von-Droste-Hülshoff-Realschule, bis 1991), an der Oststraße (ab 1964 Mädchenberufsschule, heute Gertrud-Bäumer-Berufskolleg), ferner ab 1966 das Städtische neusprachliche Gymnasium (ab 1976 an der Pappenstraße, seit 1991 Gesamtschule-Mitte) sowie an der Carstanjenstraße (seit 2011 Zentrum für Berufliche Bildung und Weiterbildung). Seit 1987 gibt es das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme an der Finkenstraße.
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