Duisburg. Beim Einstieg in die Kreislaufwirtschaft stellen sich Unternehmen viele Fragen. So hilft ein neues Duisburger Netzwerk bei ihrer Beantwortung.

Ressourceneffizienz, Abfallreduzierung und Klimaneutralität: Die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft hat für Unternehmen vieler Branchen eine wachsende Bedeutung. Die Wirtschaftsbetriebe (WBD) und die Wirtschaftsförderung DBI haben deshalb „Circular Rhein.Ruhr“ in Duisburg für die regionale Wirtschaft ins Leben gerufen. Den Startschuss gab’s jetzt in der Fahrzeughalle des WBD-Recyclingshofs in Hamborn.

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Das regionale Netzwerk für zirkuläre Wirtschaft soll künftig als Verein die Transformation zu nachhaltigen Prozessen in den Branchen Metall, Bau und Logistik vorantreiben. Vorbild soll der Wasserstoff-Verein Hy.Region.Rhein.Ruhr sein, dessen Vorsitzender WBD-Chef Thomas Patermann ist.

Duisburger Netzwerk verbindet Unternehmen, Forschung und Politik

„Diese Branchen sind in der Region besonders stark ausgeprägt“, sagt Patermann, „deshalb wollen wir in Arbeitsgruppen gemeinsam Potenziale und Herausforderungen für die Unternehmen erarbeiten und so Kreisläufe schließen.“ Das Netzwerk soll „die wichtigsten Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammenbringen und den Austausch von Wissen in allen Bereichen fördern“, erklärt DBI-Chef Rasmus C. Beck.

Durch die steigenden Abgaben auf fossile Energieträger und CO2-Ausstoß wächst der Druck, Produktion und Geschäftsmodelle anzupassen. Ein Weg führt über die Verlängerung von Lebenszyklen von Materialien: Stahl, der als Schrott in den Hochöfen eingesetzt wird, um Erz, Koks, Gas und CO2 einzusparen, Bauschutt, der getrennt und Asphalt, der recycelt wird, ein Containerterminal mit klimaneutralem Betrieb, das der Hafen auf der Kohleninsel baut – all das sind Beispiele. „Die Kreislaufwirtschaft ist Teil der industriellen Transformation“, sagt Beck.

Die Initiatoren des Netzwerks Circular Rhein.Ruhr sind DBI-Chef Rasmus C. Beck (links) und WBD-Geschäftsführer Thomas Patermann (Mitte). Das Bild zeigt beide bei der Auftaktveranstaltung im Recyclinghof Hamborn mit Moderatorin Jeanette Kuhn (rechts).
Die Initiatoren des Netzwerks Circular Rhein.Ruhr sind DBI-Chef Rasmus C. Beck (links) und WBD-Geschäftsführer Thomas Patermann (Mitte). Das Bild zeigt beide bei der Auftaktveranstaltung im Recyclinghof Hamborn mit Moderatorin Jeanette Kuhn (rechts). © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Dreimal Null: Bei CO2, Abfall und Umweltbelastungen

„Dreimal Null“, lautet die Kurzformel von Lars Baumgürtel für ein ehrgeiziges Ziel. Gemeint sind Dekarbonisierung, Abfall und Umweltverschmutzung. Der CEO der Gelsenkirchener Zinq-Gruppe, einer der europaweit 50 Standorte in Europa ist in Neuenkamp, hat für sein Unternehmen ein Geschäftsmodell mit komplett geschlossenen Stoffkreisläufen entwickelt. „Cradle to cradle“ lautet der Ansatz, er bedeutet: Nichts geht verloren.

Zinq ist mittlerweile weit gekommen. „Über 90 Prozent des Umsatzes werden bei uns bereits heute mit zirkulären Produkten erwirtschaftet“, erklärt Baumgürtel. Der Weg zur Dekarbonisierung der Lieferketten und CO2-Gutschriften für langlebige Zinkoberflächen war beschwerlich, räumt der geschäftsführende Gesellschafter ein. „Über Pulverbeschichtungen ohne Mikroplastik haben wir lange mit den Produzenten verhandelt. Das ist ein Riesenproblem, weil darüber Millionen Tonnen weltweit in den Boden gelangen – wesentlich mehr als durch Reifen-Abrieb.“

Gebag: Immobilienwirtschaft war zu lange nur auf Energieverbrauch fixiert

Es gehe darum, „Produkte mit unseren Partnern neu zu designen“, sagt Baumgürtel. Dass die Politik mit Regulierungen ihre Markteinführung unterstützen muss, auch das steht wohl außer Frage. Denn höhere Preise gegenüber konventioneller Produktion sind die größte Hürde für die Konkurrenzfähigkeit.

Am Bau ist der Weg noch weit. Die Gebag beschäftigt mit Kathrin Manthei immerhin bereits eine Nachhaltigkeitsmanagerin. „Gebäude sind Speicher für Wertstoffe“, sagt sie, „wir waren sehr lange auf den Energieverbrauch fixiert.“

Die Kreislaufwirtschaft hat noch viel Luft nach oben, sagt auch Anna Goldhofer, Materialwissenschaftlerin in BMW-Diensten und als Fachfrau für Circular Economy Mitgründerin der Critical Friends gGbmH. Weniger als fünf Prozent der Materialien werden aktuell in Kreisläufe geführt, bedauert sie. „Der Konsum an Primärmaterial wächst schneller als die Kreislaufwirtschaft.“

Kontakt zu Circular Rhein.Ruhr und weitere Informationen bei der Wirtschaftsförderung DBI, Projektmanagerin Julia Jakobi (Wasserstoff & Nachhaltigkeit), E-Mail: jakobi@duisburg.business; 0203 3639 355

DUISBURGER HAFEN: SCHROTTINSEL WIRD ZUM „CIRCULAR ISLAND“

  • Das Zentrum der Kreislaufwirtschaft in Duisburg ist die Schrottinsel in Ruhrort/Meiderich. Angesichts der Bedeutung der dort ansässigen Unternehmen für die Kreislaufwirtschaft sollte die Insel in „Circular Island“ unbekannt werden, meint nicht nur NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne), die den Standort in den vergangenen zwei Jahren mehrfach besuchte.
  • Branchenführer ist die ELG. Der Spezialist für das Recycling von Edelstahl, Titan und Superlegierungen, einstige Haniel-Tochter, gehört nun zum Apream Konzern (Sitz Luxemburg/Mehrheitseigner Familie Mittal)
  • Stahl bringt die TSR (steht für: Thyssen Sonnenberg Recycling) zurück in den Kreislauf. Aus Metallschrott (u.a. Autokarossen und Haushaltsgeräte) produziert das Tochterunternehmen des Remondis-Konzerns nach eigenen Angaben pro Jahr rund 330.000 Tonnen sortenreinen Recyclingstahl.
  • Die Recycling-Wirtschaft werde binnen weniger Jahre in Deutschland in ihrer Bedeutung mit der chemischen Industrie gleichziehen, sagt Remondis-Gründer Norbert Rethmann bei der Inbetriebnahme einer innovativen Schredder-Anlage bei TSR im Frühjahr.