Duisburg. Kurz vor der Legalisierung hat Duisburgs erster Cannabis-Club bislang weder Vereinsräume, noch einen Anbauort. Warum noch Fragen offen sind.
In wenigen Monaten soll Cannabis in Deutschland teilweise legal sein. Anders als in den Niederlanden werden Marihuana oder Haschisch dann allerdings nicht in kommerziellen Coffee-Shops verkauft. Die Bundesregierung setzt in ihrem Gesetzentwurf auf Vereine, in denen die Pflanzen angebaut und die Produkte anschließend an die Mitglieder ausgegeben werden. Auch in Duisburg gibt es bereits einen „Cannabis Social Club“ (CSC).
Der seit Ende 2022 eingetragene Verein steht noch ganz am Anfang. Zu den sieben Gründungsmitgliedern sind bislang keine weiteren hinzugekommen. „Wir haben schon viele Anfragen, müssen aber noch ein paar Formalitäten erledigen“, sagt Vorstandsmitglied Seyhun, „zum Beispiel warten wir immer noch auf unsere Steuernummer, ohne die wir kein Konto eröffnen können“.
Cannabis Social Club Duisburg: Gesetzentwurf lässt Fragen offen
Auch gibt es bislang weder Vereinsräume, noch einen Ort zum Anbauen. „Das hängt auch damit zusammen, dass uns der Gesetzentwurf noch nicht so ganz zufriedenstellt.“ Für Unsicherheit sorge etwa die auch in der Politik umstrittene Abstandsregelung, nach der im Umkreis von 200 Metern um bestimmte Einrichtungen wie Schulen nicht konsumiert werden darf. Gerade in Innenstädten bleibt dann nicht mehr viel Raum.
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Ohnehin sei die Investition in einen Standort aktuell nicht zielführend. Der Zeitpunkt der Legalisierung ist noch unklar – die Bundesregierung strebt zwar Ende 2023 an, doch das ist längst nicht sicher, zumal dem Gesetz vielleicht auch noch der Bundesrat zustimmen muss. „Und wir kennen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen noch nicht genau“, ergänzt Seyhun. Erst müsse man zum Beispiel wissen, welche Sicherungsmaßnahmen am Anbauort künftig verlangt werden.
Um die Kosten möglichst gering zu halten, sei es denkbar, sich mit anderen Anbauvereinen zusammenzuschließen, „irgendwo draußen auf dem Land, in den einzelnen Städten würde dann nur die Ausgabe stattfinden“. Töpfe, Lampen, Bewässerung – all das würde dann gemeinsam finanziert. Wenn es so weit ist, wird sich der junge Verein wohl um einen Kredit bemühen.
„Nachhaltige und verantwortungsvolle Hanfkultur“ in Duisburg
Eine Regelung stört die Mitglieder bislang besonders: Nach jetzigem Stand gehören auch die Anbauclubs selbst zu den Einrichtungen, in deren Umkreis nicht konsumiert werden darf – das schließt die eigenen Räumlichkeiten mit ein. Der soziale Aspekt, das Vereinsleben, drohe so auf der Strecke zu bleiben, findet Seyhun und ergänzt: „Wenn man wirklich Prävention betreiben will, ist das ja auch ein Faktor. Man hat die Menschen näher an sich dran und kann gewisse Konsummuster erkennen. Und wenn es pathologisch wird, kann man sich die Leute zur Seite nehmen und mit ihnen sprechen.“
Auf seiner Internetseite schreibt der Club, eine „nachhaltige und verantwortungsvolle Hanfkultur“ in Duisburg aufbauen zu wollen. Wie soll die aussehen? „Unter anderem haben wir die Idee, Schulungen durchzuführen für diejenigen, die zu Hause anbauen möchten. Außerdem arbeiten wir eng mit der Cannabis-Patienten-Hilfe zusammen und wollen auch in dem Bereich Wissen vermitteln.“
Der Verein will Seminare für Eltern anbieten, deren Kinder oder Jugendliche in Kontakt mit Cannabis stehen. „An der Stelle ist es wichtig, wie darauf reagiert werden kann und welche Unterstützungsmöglichkeiten vorhanden sind“, sagt Seyhun. Der Jugend- und Präventionsschutz habe höchste Priorität: „Daher hat sich unser Verein dazu entschieden, dass wir Mitglieder ab dem 21. Lebensjahr aufnehmen. Ab diesem Zeitpunkt sollte sich das Gehirn fast vollständig entwickelt haben.“
Cannabis-Konsum: Stigmatisierung oder wachsende Akzeptanz?
Seyhun will seinen vollen Namen nicht im Internet oder in der Zeitung lesen, auch nicht fotografiert werden. Doch trotz der eigenen Sorge vor Stigmatisierung sieht er die gesellschaftliche Akzeptanz von Cannabis wachsen. Zwar täten sich gerade ältere Menschen damit schwer. „Aber viele Menschen der jüngeren Jahrgänge, 18- bis 25-Jährige, sind da sehr offen. Ich glaube auch, dass die meisten dieser Altersgruppe selbst schon mal konsumiert haben oder auch regelmäßig konsumieren.“
Dafür gebe es einen ganz einfachen Indikator: „Das stelle ich zum Beispiel fest, wenn ich an die Tankstelle fahre, dort kann ich überall die langen Blättchen bekommen, die in der Regel für den Konsum von Cannabis verwendet werden – und zwar in jeder Region.“
>>CANNABIS-CLUBS IN DER REGION
- Inzwischen haben sich in vielen Städten der Region und darüber hinaus Cannabis-Clubs gegründet. Sie sind bereits gut miteinander vernetzt, dafür sorgt auch der Dachverband der Cannabis Social Clubs Deutschlands (DSCD).
- Der Cannabis e.V. aus Duisburg will künftig einen Tag der Offenen Tür veranstalten. Bis dahin gibt es Informationen zum Verein im Internet unter www.cannabis-ev.de.