Duisburg-Kaßlerfeld. Wie sehr stinkt ein Abflussrohr? Wo kommt unser Trinkwasser her? Und wie wird es aufbereitet? Ein Rundgang durch die Kläranlage in Kaßlerfeld.
Man sieht sie selten: die Schlammtaucher. Diese kleinen Froschlurche mit den relativ langen Hinterbeinen. Die menschlichen Schlammtaucher aber sind genauso scheue Wesen, auch sie bekommt fast niemand zu Gesicht. Höchstens dann, wenn ein riesiger Bottich mit Abwasser auf der Kläranlage Duisburg-Kaßlerfeld technische Schwierigkeiten hat. Dann tauchen sie auf und sofort wieder ab. Hinein in die stinkende, dunkle Brühe, um Reparaturen vorzunehmen.
Auch, wenn es in einigen Bereichen müffelt, spannend ist so eine Kläranlage allemal. Rund 250 Besucher zog es sich am Tag der Offenen Tür des Ruhrverbandes nach Kaßlerfeld, um zu erfahren, wo unser Wasser herkommt und wo es hinfließt.
Kläranlage Duisburg-Kaßlerfeld: Wie wird das Wasser aufbereitet?
Selten setzen sich die Bürgerinnen und Bürger mit dem müffelnden Modder aus Abflussrohren auseinander. Viel zu selbstverständlich ist es, dass Trinkwasser zu Hause aus allen Rohren fließt und irgendwo im Abfluss wieder verschwindet. „Den Weg von dreckig bis sauber möchte ich gerne kennenlernen“, sagt der Duisburger Rolf Hütter (75), der mit Petra Zymny an der Führung teilnimmt. Die 68-Jährige ist eine alteingesessene Mülheimerin aus Styrum, die jetzt in Duisburg wohnt, „Mich interessiert, wie Wasser aufbereitet wird. Was passiert vom Einlauf des Wassers in den Häusern bis zur Wiederaufbereitung. Spannend finde ich das“, sagt sie.
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Gleich mit der ganzen Familiencombo ist Martina Hohmann (47) mal wieder auf der Kläranlage. Sie hat Zoe (15), Nele (17) und deren Freundin Lea (17) mitgebracht und kennt den Betrieb bestens. Denn erstens wohnt die Familie gleich nebenan in Sichtweite und zweites arbeitet der Vater der Mädchen hier.
Erwartet haben die Besucher einen Tag voller Duftnoten, Kläranlage eben. Doch das bestätigt sich nicht. Die Luft ist rein, zumindest bis man in die Nähe der Rechenanlage kommt. Sie dient der Entfernung von Grobstoffen und hat drei Straßen mit je einem Harkenumlaufrechen. Sie werden im Automatikbetrieb gesteuert.
Dann geht es in die Waschpressen, in denen die organischen Stoffe des Rechenguts teilweise ausgewaschen und zurück ins Abwasser geleitet werden. Das zurückbleibende Material im Rechen wird durch eine Presse entwässert und vermindert auf diese Weise Gewicht und Volumen. Was übrig bleibt, wird in Container gefüllt und verbrannt. Um Emissionen zu vermeiden und die Betriebssicherheit zu erhöhen, sind die Rechen im Winter in einem geschlossenen und beheizten Gebäude untergebracht.
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Weil sie direkt neben der Kläranlage wohnt und der Vater auch noch dort arbeitet, kann Zehntklässlerin Nele immer mal wieder mit ihrem Wissen in der Schule glänzen. Sie kennt schon viele Details, bei denen alle anderen Besucher noch die Ohren spitzen müssen. Aber Jan Korte (42), der stellvertretende Betriebsschwerpunktmeister, erklärt vor allem die schwierige chemische Materie mit Geduld und sehr anschaulich.
Vom Gebäude mit den Rechen fließt das Wasser weiter in den Sandfang. In den vier jeweils 31,5 Meter langen Kammern herrscht eine Fließgeschwindigkeit von 33 Zentimetern pro Sekunde, so dass sich mineralische Stoffe wie beispielsweise Sand, Kies und Asche am Boden absetzen können.
„Und was passiert bei Hochwasser?“, wollen die Besucher wissen
Dann geht es weiter ins „Belebungsbecken“, in dem Mikro-Organismen die Inhaltsstoffe im Abwasser abbauen. Bevor das Abwasser in die Nachklärung gelangt, werden ihm noch Phosphorverbindungen entzogen. Bei normalen Wasserständen der Ruhr durchfließt das Abwasser die Kläranlage auf einem natürlichen Gefälle.
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„Und was passiert bei Hochwasser?“, wollen die Besucher wissen. „Dann wird das Wasser über Pumpen eingeleitet“, schildert Jan Korte. Die sechs Hochwasserpumpen haben eine Förderleistung von circa 15 Kubikmeter pro Sekunde. „Diese ist aber abhängig vom Wasserstand, beziehungsweise Gegendruck der Ruhr, da der Auslauf der Anlage unter der Wasseroberfläche liegt.“
Dann gibt es auf dem Gelände noch die weit sichtbaren eierförmigen Faulbehälter. Sie haben einen Durchmesser von 22,30 Meter und sind 39 Meter hoch. Das anfallende Biogas wird in drei einzelnen Blockheizkraftwerken verwertet. „Auf diese Weise wird Strom und Wärme erzeugt, um die Anlage zu betreiben.
Um eine möglichst vollständige Ausnutzung des anfallenden Gases zu erreichen, wird es in zwei 4000 Kubikmeter großen Gasbehältern zwischengespeichert“, beschreibt Jan Korte die ausgeklügelte Technik. Völlig begeistert von der Tour ist der vierjährige Janus. Er fand die Führung „ganz toll“, war hochkonzentriert und aufmerksam und will unbedingt auch Techniker werden wie Mama und Papa.
>>> In Mülheim, Duisburg und Oberhausen werden 450 000 Einwohner versorgt
- Die Kläranlage Duisburg-Kaßlerfeld hat ein riesiges Einzugsgebiet. Es umfasst das Stadtgebiet Mülheim (außer Selbeck), in Duisburg die Stadtteile Neudorf, Duissern, Altstadt, Kaßlerfeld, Neuenkamp und Kaiserberg. In Oberhausen: Altstaden, Styrum und teilweise Zentrum und in Essen: Haarzopf, Rumbachtal. Versorgt wird ein Gebiet mit rund 450.000 Einwohnern.
- Am Tag der Offenen Tür der Kläranlage Kaßlerfeld wurde für die Besucher gegrillt und Leckeres gegen eine Spende abgegeben. „Es kamen bei den circa 250 Besucherinnen und Besuchern 782,54 Euro zusammen“, freut sich Christian Lux, Leiter des Regionalbereichs West des Ruhrverbands.
- Das Geld kommt dem Duisburger Versorgungsnetzwerk „Immersatt“ gegen Kinderarmut zugute. Im kommenden Jahr führt der Ruhrverband einen Tag der Offenen Tür in Hagen-Fley am Fluss Lenne durch.