Duisburg. Am Montag machte der regionale Wasserstoffgipfel Hy.Summit.Rhein.Ruhr Station in Duisburg. Das verspricht Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Wo steht die Wasserstoff-Wirtschaft in der Region? Was muss geschehen, damit der Technologie-Wandel für eine klimaneutrale Wirtschaft gelingt? Diese Fragen standen am Dienstag im Mittelpunkt beim „Duisburg-Tag“ des dreitägigen Wasserstoff-Gipfels „Hy.Summit.Rhein.Ruhr“, der am Montag in Hamm mit einem Vernetzungstreffen gestartet war und am Mittwoch in Bochum mit einem Wissenschaftskongress fortgesetzt wird.

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OB Sören Link formulierte in der Mercatorhalle das Gefühl, das viele der rund 250 Gäste umtreibt: „Wir wissen, wohin wir wollen, sind aber noch nicht bereit, das nötige Tempo vorzulegen.“ Das Duisburger Innovationszentrum Wasserstoff, ausgebremst von Ministerien und Genehmigungsverfahren in Berlin und Brüssel, nannte Link als Beispiel: „Das ist nicht der Ansatz, um Deutschland voranzubringen.“

Wirtschaftsförderer und Wirtschaftslenker: Brauchen mehr Tempo in Berlin und Brüssel

„Das Tempo fehlt“, lautet auch die Diagnose von Rasmus C. Beck und seinen Wirtschaftsförderer-Kollegen aus Dortmund, Bochum, Essen und Hamm. Ihr gemeinsames ehrgeiziges Ziel: Der Wasserstoff als Energieträger der Zukunft soll das Revier wieder zur deutschen Energieregion Nummer eins machen. „Wer Wasserstoff-Hauptstadt werden will, muss eine Plattform für die Akteure bieten“, sagt Beck über den Kongress.

Die bietet das dreitägige Treffen, das der Duisburger Verein Hy.Region.Rhein.Ruhr unter dem Dach von Duisburg Business & Innovation (DBI) organisiert hat. 50 Mitglieder, darunter die großen Konzerne der Region, zählen bereits zu den Mitgliedern. Gemeinsam drücken sie aufs Tempo bei Politik und Behörden, die bei Genehmigungsverfahren der Technologie oft Neuland betreten. „Rahmenbedingungen für Investitionen dürfen sich nicht laufend ändern, wir brauchen Rechtssicherheit von Land und Bund“, betonen die Wirtschaftsförderer.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wurde per Video aus Berlin zum Wasserstoff-Gipfel „Hy.Summit.Rhein.Ruhr“ in Duisburg zugeschaltet. Vorn im Bild: Moderatorin Catherine Vogel.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wurde per Video aus Berlin zum Wasserstoff-Gipfel „Hy.Summit.Rhein.Ruhr“ in Duisburg zugeschaltet. Vorn im Bild: Moderatorin Catherine Vogel. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Robert Habeck: Wir dürfen nicht nur labern, sondern müssen jetzt machen

Der Wunsch nach mehr Tempo ist angekommen bei Robert Habeck. „Wir dürfen nicht nur labern, sondern müssen machen“, sagte der grüne Bundeswirtschaftsminister, der per 30-minütiger Videokonferenz aus Berlin zugeschaltet war. Ein Wasserstoff-Kernnetz, das vorhandene (zu 60 Prozent) und neue Pipelines (40 Prozent) nutzen soll, stehe „kurz vor der Verabschiedung“. Die Regulierung des Verteilnetzes soll folgen und Investitionssicherheit schaffen. Bis 2030 sollen Elektrolyseure mit 10 Gigawatt Gesamtleistung für die Wasserstoff-Produktion ausgeschrieben werden. Ein „Beschleunigungsgesetz“ soll die Genehmigungsverfahren beschleunigen, kündigte Habeck an.

„Das Ruhrgebiet wird ein Wasserstoff-Hub, das ist klar“, betonte der Vizekanzler. Zwei Milliarden Euro, mit denen Bund und Land die erste Direktreduktionsanlage (DR) bei Thyssenkrupp Steel (TKS) fördern, werden nicht nur den CO2-Ausstoß der Stahlindustrie dauerhaft um 3,5 Millionen Jahrestonnen mindern, sondern auch einen Leitmarkt für Wasserstoff schaffen, hofft der Minister.

Direktreduktionsanlage bei Thyssenkrupp: Grundstein für Wasserstoff-Leitmarkt

Diese Entwicklung zeichnet sich in Duisburg ab: Um einen Teil der 145.000 Jahrestonnen Wasserstoff zu liefern, die TKS für die DR-Anlage benötigt, baut die Steag-Tochter Iqony einen 150-Megawatt-Eletrolyseur am Kraftwerk Walsum, der aus dem EU-Innovationsfonds gefördert wird. Die Stromtrasse, über die Windstrom aus dem Norden fließen soll, plant Leitungsbetreiber Amprion.

In den Startlöchern stehen auch die Mineralölkonzerne. „Ohne Wasserstoff keine Energiewende“, sagt Patrick Wendeler, Chef von BP Europe. Zehn Milliarden Euro will BP in Deutschland in Geschäftsmodelle zur Klimaneutralität investieren, plant den Bau von Elektrolyseuren und Crackern. Wasserstoff, in Form von leichter zu transportierendem Ammoniak importiert, wird in diesen Anlagen umgewandelt. Auch Wendeler dringt auf beschleunigte Genehmigungsverfahren: „Davon haben wir bisher noch nicht viel gesehen.“

Gemeinsam für die Wasserstoffhauptstadt Ruhrgebiet: Rasmus C. Beck (Duisburg, 2. von links) im Gespräch mit seinen Kollegen aus Essen, Bochum, Dortmund und Hamm in der Mercatorhalle.
Gemeinsam für die Wasserstoffhauptstadt Ruhrgebiet: Rasmus C. Beck (Duisburg, 2. von links) im Gespräch mit seinen Kollegen aus Essen, Bochum, Dortmund und Hamm in der Mercatorhalle. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

TKS-Chef Bernhard Osburg: Gigantische Aufgabe gemeinsam bewältigen

Politische Entscheidungen, Regulierung, Investitionen, Planung, Genehmigung und Umsetzung sind kommunizierende Röhren – ist eine einzige verstopft, funktionieren auch die anderen nicht. Von einer „gigantischen Aufgabe“ spricht deshalb TKS-Chef Bernhard Osburg. „Das schaffen wir nur, wenn wir uns fragen, welche Schritte gemeinsam gegangen werden müssen.“

Für Duisburg und die Region heißt das: Es gilt zu verhindern, dass Großabnehmer wie Thyssenkrupp und der Chemiepark Marl von Evonik um Grünstrom und Wasserstoff konkurrieren. „Wir brauchen deshalb ein Monitoring und einen klaren Fortschrittsplan“, sagt Evonik-Vorstand Thomas Wessel. Es gelte nun, viele Einzelprojekte als funktionierenden Verbund auf die Straße zu bekommen, sagt auch Robert Habeck: „Strategien sind gut als Fahrplan, aber am Ende müssen die Züge kommen.“

>>DUISBURGS HAFEN: DREHSCHEIBE FÜR DEN WASSERSTOFFMARKT

  • Der Duisburger Hafen will Drehscheibe für den Wasserstoff-Markt werden. Gemeinsam mit dem Hafen Rotterdam bereitet Duisport einen Transport-Korridor für den bis 2045 erwarteten Anstieg der Nachfrage vor. Eine gemeinsam in Auftrag gegebene Studie geht von einem Bedarf in Höhe von mehr als drei Millionen Jahrestonnen grünem Wasserstoff in NRW aus, berichtet Duisburg.
  • Die beiden Häfen werden dabei mit OCI Global, dem börsennotierten niederländischen Weltmarktführer für Ammoniak, Methanol und Wasserstoff zusammenarbeiten. OCI Global betreibt das einzige Ammoniak-Importterminal im Rotterdamer Hafen und ist auf dem Weg, seine Durchsatzkapazität zu verdreifachen, um der steigenden Nachfrage nach Ammoniak als Energieträger für Wasserstoff gerecht zu werden.
  • Neben dem Transport auf Schiff und Schiene könnte auch eine Pipeline zwischen beiden Häfen gebaut werden. Den Bau eines Lagers für Tankcontainer mit grünen Energieträgern und erneuerbaren Kraft- und Rohstoffen hat Duisport bereits angekündigt, eine Wasserstoff-Elektrolyse soll bis Mitte 2025 im Hafen entstehen.
  • Der Duisburger Wasserstoff-Initiative „Hy.Region.Rhein.Ruhr“, zu deren Mitgründern Duisport zählt, hat sich nun auch der Hafen Rotterdam angeschlossen, um die gemeinsamen Projekte zu beschleunigen.