Duisburg. Seit über 40 Jahren hilft die Psychiatrische Hilfsgemeinschaft Menschen in Duisburg. Was die PHG fordert und warum AfD-Sprüche sie wütend machen.

Seit 1982 unterstützt die Psychiatrische Hilfsgemeinschaft Duisburg (PHG) Menschen mit psychischen Erkrankungen. An sieben Standorten arbeiten 110 Mitarbeiter, sie unterstützen und betreuen aktuell rund 3000 Menschen. Coronabedingt wurde jetzt der runde Geburtstag als „40plus“ gefeiert.

Geschäftsführerin Birgit Richterich ist praktisch von der ersten Stunde an dabei. Kurz nach der Vereinsgründung stieg die 64-Jährige als Sozialarbeiterin ein. Der grundlegende Gedanke gelte bis heute: „Wir wollen Menschen so versorgen, wie sie leben wollen, und das galt schon lange bevor der Begriff Inklusion aufkam.“ Es gehe um Augenhöhe, um ein partnerschaftliches Miteinander.

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Umgang mit psychisch kranken Menschen hat sich verändert

Das stetige Wachstum der PHG sei mit einem Wechsel im gesellschaftlichen Umgang mit psychisch kranken Menschen einher gegangen: Anfang der 80er Jahre seien die meisten Betroffenen noch in Landeskliniken untergebracht worden. Dank engagierter Menschen und vieler Angehöriger sei der Duisburger Norden zur Modellregion der Psychiatrie-Reform erklärt worden. Anfangs mit einer Kontaktstelle und Fahrdiensten zwischen Duisburg und der Landesklinik in Viersen, kamen immer mehr Angebote hinzu.

Heute unterstützt die PHG ganze Familien, macht Tages- oder auch Arbeitsangebote, die viele Kranke dank passgenauer dosierter Medikamente annehmen können. Hilfen würden heute eher in Anspruch genommen, berichtet Richterich, es werde offener über Therapien gesprochen.

Kampf gegen „aktive Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung“

Dass psychisch kranke Menschen immer noch stigmatisiert werden, habe aber zuletzt die Stellungnahme des AfD-Politikers Björn Höcke gezeigt, der im MDR Sommerinterview die Abschaffung der Inklusion an Schulen gefordert hatte.

„Das kann man nicht stillschweigend hinnehmen, da muss man den Schulterschluss suchen“, betont Richterich und verweist auf die gemeinsame Stellungnahme vieler Wohlfahrtsverbände gegen diese „aktive Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung“. Bedauerlicherweise sei die Gesellschaft „von einer echten Inklusion sowieso noch weit entfernt“.

Dabei gebe es tolle Entwicklungen: Bei der PHG arbeiten beispielsweise Betroffene als Genesungsbegleiter. „Keiner weiß so gut wie sie, was anderen Kranken hilft“, beschreibt Richterich die Grundidee. Die Profis hätten oft nur Ziele vor Augen und würden Umwege nicht sehen, die womöglich wichtig sind. „Wir müssen die Möglichkeiten unserer Klienten sehen und sie nutzen“, erklärt die Chefin, „das muss selbstverständlich werden“.

Wunsch zum Jubiläum: „Soziale Teilhabe für alle Menschen!“

Für Menschen mit psychischen Erkrankungen war die Corona-Zeit eine besondere Herausforderung: „Wir hatten mehr Klienten, die in Krisen geraten sind, mehr Anfragen, und viele leiden bis heute unter Ängsten“, beschreibt Richterich, „das waren mitunter dramatische Szenen“.

Welche Wünsche hat die PHG zum 40. Jahrestag mit Blick auf die Zukunft? „Eine soziale Teilhabe für alle Menschen!“, sagt Richterich und verweist auf den bürokratischen Kleinkram, der oft ein Hindernis sei. Als eins von sechs Pilotprojekten in NRW will der Duisburger Verein zudem die Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Hilfe abbauen, insbesondere bei den Kostenträgern. „Die Finanzierung komplexer Hilfen ist in anderen Ländern viel einfacher, da müssen wir auch hinkommen.“

Birgit Richterich, Geschäftsführerin der PHG gGmbH, findet die Äußerungen des AfD-Politikers Höcke zur Inklusion skandalös.
Birgit Richterich, Geschäftsführerin der PHG gGmbH, findet die Äußerungen des AfD-Politikers Höcke zur Inklusion skandalös. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

>>DAS BIETET DIE PSYCHIATRISCHE HILFSGEMEINSCHAFT AN:

  • Die Hilfsangebote richten sich an Klienten jeder Altersklasse. Zentral ist die Kontakt- und Beratungsstelle als Wegweiser, schnelle Orientierungshilfe.
  • Es gibt für Kinder, deren Eltern psychisch krank sind, verschiedene Angebote wie Erziehungsbeistandschaften, stabilisierende Familienhilfe, aufsuchende Familientherapie oder Gruppentrainings.
  • Aber auch psychisch kranke Jugendliche und junge Erwachsene finden hier einen Ansprechpartner, werden zu eigenverantwortlichem Leben angeleitet oder bekommen Hilfe beim Abnabeln.
  • Es gibt einen Pflegedienst, Betreutes Wohnen, einen Integrationsfachdienst, eine Tagesstätte, eine Ergotherapie-Praxis, verschiedene Arbeitsprojekte und eine Ansprechstelle für Arbeitgeber.

Weitere Info gibt es auf der Webseite www.phg-du.de/