Duisburg. Einen „Rakentenstart“ legte das „Bora“ hin. Wie der erste Abend im neuen Club am Duisburger Dellplatz lief und warum es schon eine Absage gibt.
„Das war ein Raketenstart. Ihr wart der Hammer, Leute.“ Auf Facebook ist das „Bora“-Team noch am Morgen nach der großen Eröffnungsparty Feuer und Flamme. Tatsächlich lockte der neue Club in dem altehrwürdigen Gebäude am Dellplatz 16a, dort, wo die Duisburger früher erst im „Hundertmeister“ und später im „Grammatikoff“ feierten, schon in der ersten Nacht das junge Partyvolk, aber auch viele Gäste von früher.
„Bora“: Duisburger Dellplatz hat einen neuen Anziehungspunkt
So wie die 55-jährige Rosanna. „Ich kenne das hier noch, als es noch das ‘Hundertmeister’ war“, sagt sie und schaut sich im Erdgeschoss um „Das ist ja wirklich sehr schön geworden, viel schicker als früher“, findet die Duisburgerin. „Die haben alles auf links gedreht“, sagt ein anderer Gast bewundernd. „Ist echt ein neuer ‘Place to be’.“
Eröffnung Bora
Auch Jenny fühlt sich direkt wohl im aufwendig renovierten Kneipenraum. „Wir waren früher öfter hier, zum Party machen oben, aber auch um hier gemütlich was zu trinken“, erinnert sich die Mülheimerin. Positiv fällt ihr wohl deswegen auch die ausführliche Weinkarte auf. Sie ist mehrere Seiten lang und beinhaltet „richtig gute Weine“. Auch die Gin-Auswahl sei ordentlich, freut sich die 49-Jährige, ebenso die hochwertigen Gläser mit feinem „Bora“-Schriftzug. Zu Hundertmeister-Zeiten sei die Location ja eher alternativer gewesen. „Davon ist heute nichts mehr zu sehen.“
„So eine Verwandlung hat der Laden wohl selten durchgemacht“
Und wirklich: Das blaue und lilafarbene Licht, das Raum und Theke in Szene setzt, das riesige beleuchtete Weinregal in der hinteren Ecke, die zart-grünen Stühle in Samt und Leder – von der alten Atmosphäre ist nicht viel übrig. „So eine Verwandlung hat der Laden wohl selten durchgemacht“, bringt Betriebsleiter Jupp Beitzel es auf den Punkt. Tatsächlich ist nahezu alles neu an dem alten Haus, vom Saal über die Fenster bis zum Treppenhaus.
Nicht alle werden damit sofort warm. „Wir müssen das erst wirken lassen. Also, wir gehen gerade nicht durch die Decke“, erklären Frank und Marijo nüchtern. Der Laden brauche „noch ein bisschen Patina“. Die beiden 62- und 55-Jährigen gehören „zur ersten Generation ‘Hundertmeister’“, wie sie selber sagen, und lassen jetzt gemeinsam Erinnerungen aufleben. „Weißt du noch, damals die ‘Hundertmeister’-Eröffnung? Manche haben gesagt, das sähe hier aus wie ein Schwimmbad.“ Beide lachen. „Wir vermissen auf jeden Fall die Kacheln.“
Vierergrüppchen verlässt „Bora“ frühzeitig
Andere Gäste vermissen an diesem Abend eher Flüssiges. Die zuverlässige Getränkezufuhr muss sich teilweise noch einspielen. Denn obwohl sich ein großes Kellnerteam in stylish-schwarzen „Bora“-Shirts sehr freundlich um das Wohl der Gäste kümmert, bleibt manches Glas länger leer. Ein Vierergrüppchen verlässt das „Bora“ sogar, ohne etwas getrunken zu haben. „Wir haben eine Dreiviertelstunde gewartet, jetzt gehen wir ins Webster“, sagen die Studenten achselzuckend.
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Für das Partyvolk, das sich inzwischen draußen artig in Reih und Glied aufstellt, um zur großen „Opening“-Feier eingelassen zu werden, wäre das keine Option. Die meisten haben sich im Vorverkauf Tickets besorgt, um an diesem Abend auf jeden Fall dabei zu sein, und sind extra pünktlich zum Dellplatz gekommen.
Alle wollen rein: Schon kurz vor elf Uhr reicht die Schlange bis ans Eck. Aber Einlass gewähren die Sicherheitsleute nur schubweise. So entsteht kein unnötiges Gedrängel am Getränkekarten-Verkaufsstand und auf den Treppen.
Tanzfläche ist direkt gut gefüllt
Jenny hat es reingeschafft. „Oh Mann, wie lange war ich nicht mehr hier! Wie oft bin ich hier früher hochgelaufen und später wieder runtergestolpert“, lacht die Mülheimerin. „Da kommen Erinnerungen hoch!“ Drinnen brummen die Bässe, am DJ-Pult steht Joshua Rippelmeier alias „Emeka“ und strahlt. Dass dieser Abend auch für ihn etwas Besonderes ist, merkt man dem jungen Resident-DJ an.
Die Tanzfläche ist schon gut gefüllt, die ersten Gäste legen direkt los – ob auf High Heels, in Docs oder Turnschuhen, ob im Glitzerkleid und Overknees, im „Guns-n’-Roses“- oder Skater-Shirt. Zu lange war für sie die Zeit ohne echte Ausgeh-Alternative: Das „Grammatikoff“ hatte 2020 dicht gemacht.
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„Okay, es gibt das ‘Pulp’ und das ‘Viersieben’, aber was haben wir denn sonst noch wirklich in Duisburg?“, spricht Stefanie Eses aus, was mancher denkt. Die Chefin des Streetwear-Ladens „Korrekt“ an der Königstraße ist heute mit ihrem gesamten Team gekommen, um gemeinsam zu feiern. „Es ist so wichtig, dass hier wieder was los ist!“ Und darin sind sich sowieso alle einig: Dass wieder Leben ist in dem alten Eckhaus am Dellplatz 16a, ist ein Gewinn. Für Duisburg, für die Stadt und ihre Menschen.
>> Nächste Party steht schon an, eine Absage
- Am Wochenende stehen direkt weitere Partys an: Jeden Freitag servieren die DJs House- und Electronic Music sowie „modernste Video- und Soundtechnik“. Am Samstag startet eine neue Party für alle Hip-Hop-Fans: Jeden zweiten Samstag im Monat gibt es unter dem Motto „Notorious“ mit Songs von DMX, 112, The Fugees, 50 Cent bis hin zu Chris Brown, Ne-Yo oder Usher.
- Die geplante Veranstaltung „Mundstuhl“ fällt dagegen ersatzlos aus. „Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Absage durch die Agentur von Mundstuhl erfolgte und nicht von uns veranlasst wurde“, schreibt das „Bora-Team auf seiner Homepage. „Wir bedauern die Absage sehr.“
>> Hundertmeister, Grammatikoff, Bora: Geschichte einer Location
- Im Frühjahr 1999 eröffnete am Dellplatz das „Hundertmeister“, das auch einen soziokulturellen Anspruch hatte. Nach langer Durststrecke – das Alternativ-Zentrum „Eschhaus“ war bereits viele Jahre abgerissen – hatte die Szene wieder einen Treffpunkt mit einem anspruchsvollen kulturellen Angebot.
- Schnell war das Kulturzentrum ein Erfolgsprojekt mit vielen jungen Besuchern, einem spannenden Kulturprogramm und guten Einnahmen.
- Doch 2011 ging das Zentrum Pleite. Rolf Stanietzki, der auch das Café Steinbruch führt, rettete das beliebte Lokal am Dellplatz, das seither „Grammatikoff“ hieß.
- 2018 wurde Stanietzki wegen hoher Mietrückstände gekündigt. Seit März 2020 war die Kultur-Kneipe geschlossen.
- Der Neustart unter dem neuen Pächter Bora Erdogan – Eigentümer der Immobilie ist das städtische Wohnungsbauunternehmen Gebag – verzögerte sich immer wieder. Der Renovierungsaufwand entpuppte sich als größer als angenommen. Insbesondere Anforderungen an den Brandschutz machten unerwartete Baumaßnahmen nötig.
- Am Konzept der neuen Event-Location „Bora“ soll sich im Vergleich zum „Grammatikoff“ nicht viel ändern. Infos zum Programm gibt es unter www.bora-duisburg.de