Duisburg. An Beruflichen Gymnasien ist ein vollwertiges Abitur möglich. Und mehr. Andere Schulen schüren aber Vorurteile, beklagt eine Lehrerin.
Gibt es einen Konkurrenzkampf zwischen den weiterführenden Schulen in Duisburg? Elisabeth Bak beklagt Vorurteile, die an Gesamtschulen, Gymnasien und Sekundarschulen geschürt werden und junge Menschen davon abhalten, nach der zehnten Klasse an ein Berufliches Gymnasium eines Berufskollegs zu wechseln. Dabei sei das für manche Schüler genau der richtige Weg.
Oberstudienrätin Elisabeth Bak leitet das Berufliche Gymnasium am Friedrich-Albert-Lange Berufskolleg Duisburg. Immer wieder hört sie in Beratungsgesprächen von Schülern, dass Lehrer ihnen vom Berufskolleg abgeraten haben.
Wechsel zum Berufskolleg: Beratung nur für schlechtere Schüler
Die Vorbehalte spürt sie selbst auch, etwa wenn es darum geht, an den weiterführenden Schulen in Duisburg über die Möglichkeiten an den Berufskollegs zu informieren. In den Realschulen seien sie durchaus sichtbar, könnten Beratungen vor Ort anbieten. An den Schulen mit eigener Oberstufe sei das schwer. „Und wenn sie uns reinlassen, dann machen sie die Beratung oft nur für die schlechteren Schüler verpflichtend“, berichtet Bak. Statistisch könne sie die kritische Haltung gegenüber Berufskollegs nicht belegen, „das ist das reine Erfahrungswissen der Beratungskollegen“.
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Die Berufskollegs haben sich in den vergangenen zwanzig Jahren enorm gewandelt, unterschiedlichste Bildungsgänge, Schul- und Berufsabschlüsse entwickelt. „Unser System ist komplex und unbekannt“, glaubt Bak, es sei schwer, die vielen Möglichkeiten nach außen zu transportieren.
Berufskollegs als Alternative für unzufriedene Schüler
Daher kommen häufig Schüler, die an ihrer Schule sehr unglücklich sind und nach Alternativen gesucht haben. Oder weil sie bestimmte Leistungskurse wählen möchten, die es an ihrer Schule nicht gibt. Manche folgen der Empfehlung von Ex-Schülern.
„Ich glaube, dass wir für viele Schüler attraktiv sind“, so Bak. „Wir ticken anders als Gymnasiallehrer, die meisten von uns haben vor dem Lehramtsstudium eine Ausbildung gemacht“. Zudem gelte das Klassenprinzip durch vorgegebene Leistungs- und Grundkurse. An den Berufskollegs lege man viel Wert auf selbstständiges Arbeiten, auf Projekte, berufs- und kompetenzorientiertes Handeln.
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Am Beruflichen Gymnasium kann man zum Beispiel das Abitur erwerben und zusätzlich eine Ausbildung zum Gestaltungstechnischen Assistenten machen. Einzige Vorgabe: Die Leistungskurse sind vorgeschrieben, in diesem Fall Gestaltungstechnik und Englisch.
Berufsberatung und Informationsveranstaltungen verändern sich
Auf die Kritik reagieren Schulleiter unterschiedlich. Dr. Stefan Zeyen vom Mannesmann-Gymnasium hat die Info-Angebote bereits ausgeweitet. Seit zehn Jahren gebe es Veranstaltungen in Klasse 9, um „alternative Wege zum Abitur“ aufzuzeigen. Gezielt wende man sich damit an Schüler, bei denen es mit einem Vollabitur schwer werden könnte. Anfangs kam nur das benachbarte Bertold-Brecht-Berufskolleg, vor zwei Jahren schalteten sich per Video alle Berufskollegs zusammen und im vergangenen Jahr haben erstmals in Präsenz auch ehemalige Schüler von ihren Erfahrungen nach dem Schulwechsel berichtet.
„Es liegt in der Natur der Sache, dass wir nicht alle mit der Nase draufstoßen und unsere Schüler mutwillig wegberaten“, sagt Zeyen. Die Veranstaltungen richten sich daher nicht an den ganzen Jahrgang, sondern an jene, für die eine berufliche Ausrichtung besser sein könnte.
Bei der Berufsberatung spielen alternative Schulwege immer eine Rolle, sagt Zeyen, „wenn wir Schülern einen Schulformwechsel empfehlen, wird er aber nur selten umgesetzt“. Wer den Schritt wagt, sei oft hochzufrieden. Ihn freut das, „Erfolgserlebnisse sind wichtig für eine Lernbiografie“. Die Durchlässigkeit sei gegeben.
„Ich habe kein Unrechtsbewusstsein“
Die Kritik des Berufskollegs prallt bei Bernd Beckmann ab. Der Schulformsprecher der Gesamtschulen sieht widerstreitende Interessen zwischen der dualen und der gymnasialen Ausbildung. Wenn seine Schüler nach der 10 eher im Heimathafen bleiben, sei ihnen daraus kein Vorwurf zu machen. „Wir verschweigen ihnen ja nichts“, es gebe hinreichend Berührungspunkte während der Praktika und der Betriebsbesuche. „Ich habe kein Unrechtsbewusstsein“, betont der Schulleiter der Gesamtschule Meiderich.
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Wenn in den kommenden Jahren zwei weitere Gesamtschulen in Duisburg eröffnen, entstehen perspektivisch auch zwei weitere Oberstufen, die in Konkurrenz zu den Berufskollegs stehen, sagt Beckmann. Hier einen Fuß in die Tür zu kriegen, sei Aufgabe der Kollegs.