Duisburg. Ein Polizeiexperte alarmiert: Betrüger werden bei Senioren immer aggressiver. Über eine App gibt es in Duisburg jetzt ein neues Warnsystem.

Es ist ein Fall, der viel über das aggressive Vorgehen der Täter aussagt: Anfang August klingelt zur Mittagszeit das Telefon eines 86 Jahre alten Duisburgers. Am anderen Ende der Leitung gibt sich ein Betrüger als Richter aus. Er bearbeitet den Senior mit einer Lügengeschichte über einen angeblichen Unfall mehr als drei Stunden lang – bis der 86-Jährige einer Geldübergabe zustimmt und so seine gesamten Ersparnisse verliert.

Ralf Schäfer arbeitet für die Kriminalprävention der Duisburger Polizei und ist Experte im Kampf gegen die Kriminellen, die sich auf den Betrug älterer Menschen spezialisiert haben. Er verdeutlicht: „Es geht um Existenzen.“ Deshalb ist die Behörde bei der Prävention nun auch einen weiteren Schritt gegangen.

Kriminalitätsstatistik: Betrügereien gegen ältere Menschen nehmen zu

Ein Blick in die Kriminalitätsstatistik zeigt, dass die Zahl der Fälle massiv steigt. Unter der Bezeichnung „Betrug zum Nachteil älterer Menschen“ ordnet die Polizei die Delikte ein. 47 solcher Fälle sind für das Jahr 2019 registriert, 2022 waren es schon 102 (siehe Grafik). „Aber das sind nur die Zahlen“, ordnet Schäfer ein. Und die sind in diesem Bereich nicht uneingeschränkt aussagekräftig. Denn: Die Menge dieser betrügerischen Anrufe übersteigt diese Dimensionen wohl erheblich – und auch die Zahl der Fälle, bei denen die Betrüger Erfolg haben.

Viele Opfer erstatten anschließend keine Anzeige – wohl aus Scham. Trotzdem spricht Schäfer mit Blick auf die Gesamtlage inklusive der Dunkelziffer davon, dass die Fallzahlen „stark zunehmen“.

Kampf gegen Trickbetrüger: Duisburger Polizei mit neuem Warnsystem

Die Täter werden immer hartnäckiger und gieriger: „Sie wollen alles“, sagt der Experte. Und das leuchtet mit Blick auf die Organisationsstruktur ein. Hinter vielen Taten stecken Callcenter im Ausland, die von den Strippenziehern aufgebaut werden. Darin sitzen die Anrufer, die sogenannten „Keiler“. Sie drängen die meist älteren Opfer, bis sie vier- oder manchmal sogar fünfstellige Bargeldsummen zusammenkratzen. Denn: Oftmals bekommen sie 20 Prozent der Gesamtsumme als Provision.

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Für die Übergabe werben die Kriminellen dann „Abholer“ an. Sie wissen oft wenig über die Hintergründe und können so auch wenig gegenüber Ermittlern verraten, sollten sie gefasst werden.

Damit es zu diesen fatalen Übergaben erst gar nicht kommt, hat die Duisburger Polizei jetzt ein weiteres Register gezogen: In der bekannten Gesundheits- und Seniorenapp „Gut versorgt in Duisburg“ hat die Polizei nun auch eine eigene Kachel, hinter der ein umfangreiches Informationsangebot der Verkehrsunfall- und Kriminalprävention steckt.

Erklärvideos und Beiträge geben unter anderem Tipps, wie sich Senioren vor falschen Handwerkern oder falschen Wasserwerkern an der Haustür sowie Schockanrufen durch vermeintliche Polizisten, Richter oder Staatsanwälte wappnen können. Im Bereich der Verkehrsunfallprävention gibt es Ratschläge, wie Seniorinnen und Senioren stressige und gefährliche Situationen im Straßenverkehr umgehen können.

In der App „Gut versorgt in Duisburg“ gibt es nun eine neue Kachel der Polizei.
In der App „Gut versorgt in Duisburg“ gibt es nun eine neue Kachel der Polizei. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Ein besonderer Clou: Die Polizei kann den Anwendern Warnungen als Push-Nachricht auf das Smartphone schicken – zum Beispiel wenn etwa Betrüger an den Haustüren unterwegs sind oder Bürger vermehrt Anrufe von Betrügern melden. „Dann können wir ganz akut darauf hinweisen, wenn etwas passiert“, unterstreicht Polizeipräsident Alexander Dierselhuis den Mehrwert. Konkret ist die Hoffnung: Hat ein Senior die Warnung gelesen, ist er bei einem Anruf besonders wachsam und kritisch und die Betrüger beißen auf Granit.

Bei einer Präsentation der App im Johanniter-Stift an der Wildstraße in Neudorf erklärten die Erfinder der Anwendung die vergleichsweise einfache Bedienung. Reinhard Efkemann, der Vorsitzende des Duisburger Seniorenbeirats, nannte in diesem Zusammenhang noch eine Herausforderung: „Wir müssen mit Angeboten möglichst viele ältere Menschen fit im Umgang mit den Smartphones machen, damit sie von den Funktionen profitieren können“.

Polizeipräsident Alexander Dierselhuis bei der Vorstellung im Johanniter-Stift in Duisburg-Neudorf.
Polizeipräsident Alexander Dierselhuis bei der Vorstellung im Johanniter-Stift in Duisburg-Neudorf. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

>> App „Gut versorgt in...“ ist kostenlos

  • Ein ähnliches Angebot der Polizei in der App „Gut versorgt in...“ existiert bereits in Düsseldorf, Münster und Köln. Ralf Schäfer hat aufgrund der guten Erfahrungen eine Umsetzung in Duisburg vorangetrieben.
  • Die App kann sowohl für iPhones im App-Store als auch für Android Smartphones im Google-Play-Store kostenfrei heruntergeladen werden. Weitere Infos unter: https://gut-versorgt-in.de/.