Duisburg. Ohne weitere Jobs geht’s nicht: Für die meisten Künstler ist ihre Arbeit ein Minusgeschäft. Ein Kreativer aus Duisburg nennt dramatische Zahlen.

Künstler wollen von ihrem kreativen Schaffen leben können. Doch die wenigsten kommen – sofern sie nicht vermögend sind – ohne zusätzliche Jobs über die Runden. Maler, Bildhauer und Grafiker präsentieren sich in Museen, Galerien und Ausstellungsräumen, erhalten aber meist nicht mal eine Aufwandsentschädigung. „In Ausstellungen steckt sehr viel unbezahlte Arbeit“, sagt Alexander Voß vom Duisburger Künstlerbund (DKB), „nicht mal das Lehmbruck-Museum zahlt Honorare.“ Die Kunst wird so zum Minusgeschäft.

Freischaffende Künstlerinnen und Künstler sind selbstständige Unternehmer. Geld verdienen sie fast ausschließlich mit dem Verkauf ihrer Werke. Es gibt international bekannte Künstler, die damit Spitzenpreise erzielen: „Dieser Bereich bildet aber nur einen kleinen, bewusst knapp gehaltenen Kreis ab“, erklärt Voß. Ohnehin sollten sich Künstler nicht am Markt orientieren müssen, sondern ihren Visionen folgen und sich konsequent weiterentwickeln können.

Ausstellungen in Duisburg: Fast 5000 Euro unbezahlte Arbeit

Im Vergleich dazu seien Verkäufe in Duisburg eher selten, die Einnahmen daraus gering. Demgegenüber stehen Materialkosten für die Werke selbst sowie – vor einer Ausstellung – Kosten für Verpackung und Transport, zudem Druckkosten für Flyer oder Plakate: „Der Künstler finanziert jede Ausstellung mit“, betont Alexander Voß. Und dann seien da noch die vielen Stunden Arbeit, die unbezahlt blieben.

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Der Mülheimer mit Atelier in Baerl hat dem Kulturausschuss im Juni die Situation geschildert und dort eine Beispielrechnung präsentiert. Als Grundlage diente eine vergangene Ausstellung des DKB in der Städtischen Galerie in Rheinhausen. Dafür hat Voß einen Stundensatz von 50 Euro angesetzt – „ein niedriger Betrag, wenn man das zum Beispiel mit der Abrechnung im Autohaus vergleicht“.

Allein für Aufbau und Abbau sei eine Arbeitsleistung im Wert von mehr als 3200 Euro zusammengekommen. Rechnet Voß den Aufwand unter anderem für Planung, Katalog und Pressearbeit hinzu, kommt er auf eine Gesamtsumme von 4750 Euro. Für die Ausstellung habe der DKB eine Förderung in Höhe von 600 Euro erhalten – „damit konnten wir aber gerade mal die Druckkosten decken und dem Designer eine kleine Entschädigung zahlen“.

Förder-Etat für Kultur in Mönchengladbach doppelt so hoch

Auf einen Euro Förderung komme so eine tatsächlich erbrachte Leistung im Wert von fast neun Euro. Alexander Voß, der sich auch in der Interessengemeinschaft Duisburger Künstler engagiert, wünscht sich zumindest eine Aufwandsentschädigung für sich und seine Kollegen. „Grundsätzlich wäre es Aufgabe der Stadt, das zu regeln. Aber das ist eine Willensfrage“, sagt er in Hinblick auf die politische Mehrheit, die dafür nötig wäre.

Alexander Voß wohnt in Mülheim, gehört aber dem Duisburger Künstlerbund an und hat sein Atelier in Baerl. Er ist vor allem für seine Glaskunst bekannt.
Alexander Voß wohnt in Mülheim, gehört aber dem Duisburger Künstlerbund an und hat sein Atelier in Baerl. Er ist vor allem für seine Glaskunst bekannt. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Dem Kulturbeirat der Stadt Duisburg steht jährlich ein Etat von gut 60.000 Euro zur Verfügung, um ausgewählte Projekte zu unterstützen. „Dort bewerben sich alle selbstständigen Künstler und Musiker mit ihren Projekten“, erklärt Voß, warum für eine einzelne Ausstellung meist nur wenige Hundert Euro übrig blieben. In Mönchengladbach stünde mehr als die doppelte Summe für solche Förderungen zur Verfügung, zieht er einen Vergleich.

Seine Forderung solle nicht als Grundsatzkritik an der Stadt missverstanden werden. Alexander Voß lobt etwa die Unterstützung der freien Szene durch das Kulturbüro. Ein großer Vorteil in Duisburg seien außerdem die vielen Ateliers, die Künstlern mietfrei zur Verfügung stehen. Trotzdem will die freie Szene verstärkt für eine Erhöhung des Förder-Budgets werben, bald auch bei der neuen Kulturdezernentin Linda Wagner, die im September ihre Arbeit aufnimmt.

>>KUNST ALS STANDORTFAKTOR FÜR DUISBURG

Ihre Zeit wollen Künstler möglichst ganz der Kunst widmen. Galeristen können helfen, indem sie ihnen die Vermarktung abnehmen. Galerien mit höherem Bekanntheitsgrad gibt es in Duisburg zwar nicht, dafür einige etablierte Ausstellungsräume. Aber auch die kosten die Betreiber viel Kraft, denn für sie gibt es ebenfalls nur sporadisch öffentliches Geld und wenn, dann eher kleine Summen. „Nötig wäre eine institutionelle Förderung, um zumindest einen Teil der Kosten zu decken“, sagt Luise Hoyer, die gemeinsam mit Stacey Blatt den Kunstraum SG 1 führt.

Stacey Blatt (l.) und Luise Hoyer betreiben den Kunstraum SG 1 in der Duisburger Innenstadt.
Stacey Blatt (l.) und Luise Hoyer betreiben den Kunstraum SG 1 in der Duisburger Innenstadt. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Ähnlich wie Alexander Voß sagt auch sie: „Es wäre schön, wenn in Duisburg erkannt würde, was für ein Faktor Kunst für eine Stadt ist.“ Hoyer und Blatt arbeiten mit dem SG 1 nicht verkaufsorientiert. Zwar versuchen sie, Künstler auch dadurch zu unterstützen, dass sie bei Interesse potenzieller Käufer den Kontakt herstellen. „Aber es ist nicht unser Business“, sagt Stacey Blatt, „wir machen das aus Leidenschaft und wollen, dass die Leute Kunst in ihrer ganzen Bandbreite erleben können.“