Duisburg. Eine europaweite Ausschreibung bremst Pläne für Vertretungsstützpunkte. Wie in Duisburg U3-Kinder betreut werden und wie es mit Springern läuft.

Immer mehr Kinder unter drei Jahren werden in Duisburg von Tagesmüttern und -vätern betreut. Oft hängen deren Eltern aber in der Luft, wenn die Betreuung etwa aus Krankheitsgründen ausfällt. Dabei ist es Pflicht der Jugendämter, „für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Tageskind sicherzustellen.“ Auch die Finanzierungslast trifft das Jugendamt.

Welche Vertretungsmöglichkeiten es aktuell gibt und warum das neue Angebot über Vertretungsstützpunkte noch lange dauern wird.

Duisburg: 1691 Kinder unter drei Jahren haben einen Platz in der Kindertagespflege

In Duisburg gibt es für 1691 Kinder Plätze in der Kindertagespflege, 44 Prozent von ihnen werden in 83 Großtagespflegen betreut. Nicht nur für die Eltern, auch für die Kommunen ist eine bedarfsgerechte und zuverlässige Kinderbetreuung bedeutsam und ein wichtiger Standortfaktor, betont die Landesregierung in der Handreichung Kindertagespflege NRW.

Was also tun, wenn die Tagesmutter krank ist? Möglich sind verschiedene Varianten: Kindertagespflegepersonen können sich gegenseitig vertreten, die Stadt selbst vermittelt bei Bedarf zwei selbstständig arbeitende Springer. Grundsätzlich helfe die Fachberatung bei der Suche nach einem alternativen Betreuungsplatz, sagt Stadtsprecherin Gabi Priem. Kurzfristig sei das aber nicht immer möglich.

Künftig soll es auch eine Ersatzbetreuung an zentralen Standorten geben: Vor anderthalb Jahren verkündete die Stadt, vier Vertretungsstützpunkte bilden zu wollen, um hier Kinder betreuen zu können, deren Tagespflegepersonen ausfallen. Gegenseitige Besuche sollen sicherstellen, dass die Kleinen den Ersatzort bereits kennen, wenn es ernst wird.

Vertretungsstützpunkte: Aufwändige europaweite Ausschreibung

Was theoretisch eine gute Notlösung sein kann, ist praktisch noch ganz am Anfang: „Das ist vor allem der europaweiten, sehr aufwendigen und komplexen Ausschreibung geschuldet, die aufgrund der angebotenen Dienstleistung und der hohen Kosten unumgänglich ist“, schreibt Priem.

[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]

Die Stadt geht von einem Auftragswert von rund 5 Millionen Euro aus. Das mache die Ausschreibung sehr komplex, sie könne erst in den nächsten Tagen auf den Weg gebracht werden. Die darin enthaltenen Leistungsbeschreibungen unterliegen vielen gesetzlichen Vorgaben, „welche durch verschiedene Fachkräfte auf ihre Richtigkeit und auf die korrekte Einhaltung der Verfahrensdurchführung geprüft werden müssen“, so Priem.

Auch interessant

Fördergelder sind in den anderthalb Jahren der Ausschreibungsvorbereitung nicht verfallen, weil es gar keine gibt. „Die Stützpunkte werden aus Haushaltsmitteln der Stadt finanziert und sind in der Haushaltsplanung fest verankert.“

Sprecherin der Kindertagespflege: „Wir haben keine Vertretung“

Allzu oft müssen die Eltern selbst eine Alternative organisieren, wenn ihr Kind nicht in die Tagespflege gehen kann. „Wir haben keine Vertretung“, sagt Bettina Brysch, Sprecherin der Berufsvereinigung der Kindertagespflegepersonen, Regionalgruppe Duisburg.

Der Verband rät betroffenen Eltern, bei Ausfällen zu klagen. „Nicht nur in Corona-Zeiten müssen Großtagespflegen krankheitsbedingt häufiger geschlossen werden.“ Einzelkämpferinnen haben es ohnehin schwer, nur Anstellungsträger mit mehreren Standorten beschäftigen eigene Springer.

1-2-3-Käsehoch mit elf Standorten in Duisburg ist so ein Träger. „Im Schnitt haben wir drei bis fünf Springer im Einsatz“, sagt Michael Herzog, der das Unternehmen seiner Frau Susanne mit leitet. Wegen des Fachkräftemangels würden aktuell nur neun Standorte betrieben. „Wir hoffen auf baldige Volllast“, sagt Herzog, der selbst als Springer arbeitet und alle Kinder kennt. Zugunsten der Eltern habe man sich entschieden, lieber Plätze zu reduzieren als Betriebsausfälle zu riskieren und deshalb an den Springern festgehalten. Die Investition nennt er einen Wettbewerbsvorteil.

Erzieher Michael Herzog und seine Kollegin Kathrin Knoblich halten als Springer die U3-Betreuung am laufen, wenn die Tagesmütter und -väter krank sind oder auf Fortbildung.
Erzieher Michael Herzog und seine Kollegin Kathrin Knoblich halten als Springer die U3-Betreuung am laufen, wenn die Tagesmütter und -väter krank sind oder auf Fortbildung. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Seit einem Jahr unterstützt die Stadt Duisburg den Einsatz von Springer-Kräften mit 200 Euro pro Großtagespflege oder 150 Euro bei aushäusigen Tagespflegen. Das nennt sich „Bindungspauschale“ und soll sicherstellen, dass die Springer Zeit in den Tagespflegen verbringen, um die Kinder kennenlernen zu können und diese Zeit auch bezahlt bekommen. Herzog findet die Entwicklung gut, er lobt die Zusammenarbeit mit der städtischen Verwaltung, die „um einiges besser geworden ist“.

Auch interessant

Awo bedauert Verzögerung bei den Vertretungsstützpunkten

Die Awo-Campus gGmbH, die sich 2022 bereit erklärt hatte, die Trägerschaft für die Vertretungsstützpunkte zu übernehmen, findet die Verzögerung bei der Umsetzung der vier Standorte nicht gut, „der Bedarf ist ja da“, zitiert Pressesprecherin Kerstin Meerkamp den Geschäftsführer Dr. Martin Florichs.

Die Awo konzentriere sich aktuell auf eigene neue Standorte in Rheinhausen und Laar, wo für je neun U3-Kinder eine neue Betreuung entsteht. Insgesamt wächst das U3-Angebot der Awo damit auf vier Großtagespflegen, so Meerkamp, und sei angesichts des Fachkräftemangels eine Herausforderung.

>>BETREUUNGSMODELLE FÜR U3-KINDER

  • In Duisburg gibt es inhäusige Tagespflegen, die bis zu fünf Kinder in den eigenen vier Wänden betreuen; aushäusige Tagespflegen, die in gemieteten Räumen maximal fünf Kinder betreuen. Dann gibt es Großtagespflegen, in denen bis zu neun Kinder sein dürfen und schließlich die Anstellungsträger, die mehrere Großtagespflegen unter einem Dach vereinen. Ferner gibt es sogenannte Kinderfrauen/Kindermänner, die im Haushalt der Erziehungsberechtigten tätig sind.
  • Die Gebühren für die Betreuung sind einkommensabhängig und werden in der Satzung der Stadt festgelegt.