Duisburg. Der Frauenanteil in Führungsetagen kommunaler Unternehmen ist in Duisburg besonders niedrig. Ein Blick auf Firmen, Vergleichszahlen und Lösungen.
In den Chefetagen kommunaler Unternehmen gibt es in Duisburg besonders wenige Frauen. Wie krass der hiesige Stadtkonzern beim Frauenanteil in Vorständen und Geschäftsführungen hinterherhinkt, verdeutlicht eine Studie der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen. Der deutschlandweite Städte-Vergleich zeigt: Beim Frauenanteil in den „Top-Managementorganen“ der kommunalen Staatswirtschaft landet Duisburg mit 2,9 Prozent weit hinten – auf dem sechstletzten Platz, dem vierundsechzigsten. Und die öffentliche Duisburger Männerwirtschaft auf der obersten Duisburger Führungsebene ist in gewisser Hinsicht noch ausgeprägter.
Die grundsätzlichen Ergebnisse der Studie: Firmen, in denen die öffentliche Hand die Mehrheit der Anteile hält, werden seltener von Frauen geführt als private DAX-Konzerne (23,3 %). In 2146 untersuchten kommunalen Gesellschaften – Stadtwerke, Verkehrs- und Entsorgungsbetriebe etwa – waren im Frühjahr 2023 durchschnittlich nur 21,5 Prozent der „Top-Managementpositionen“ durch Frauen besetzt.
Frauenanteil bei Duisburgs Stadttöchtern: Studie identifiziert 35 „Top-Management-Positionen“ – aber nur eine Chefin
In 21 Städten waren es dagegen mindestens 25 Prozent, in Offenbach sogar 42,1. NRW-Städte waren in dieser „Spitzengruppe“ nicht vertreten, dafür etliche ostdeutsche Städte. An Rhein und Ruhr hat Köln mit 22 Prozent den höchsten Frauenanteil (Dortmund: 19,2 %; Düsseldorf: 17,0 %; Essen: 12,9 %) – und Duisburg mit 2,9 Prozent den geringsten.
Wie die Autorinnen und Autoren darlegen, haben sie bei ihrer im März und April 2023 durchgeführten Erhebung in den Geschäftsführungen und Vorständen von Duisburger Stadttöchtern nur eine Frau identifiziert. Berücksichtigt wurden dabei nach Angaben von Professor Dr. Ulf Papenfuß 19 Unternehmen und 35 zu besetzende Top-Positionen. Papenfuß nennt auf Nachfrage alle Unternehmen (siehe Infobox) und auch die einzige Frau in einer „Top-Management-Position“: Es ist nach den Erhebungskriterien Astrid Stewin, Geschäftsführerin des Zoos.
Der Zoo ist seit 2019 eine gemeinnützige Gesellschaft unter dem Dach der Duisburger Verkehrs- und Versorgungsgesellschaft (DVV). Ein DVV-Sprecher erklärt auf Nachfrage zu Frauenanteil- und -quote, die DVV unterscheide „nicht nach ,Positionstiteln’, sondern nach Führungsebenen“. Und weiter: „Auf den beiden Führungsebenen direkt unterhalb des Vorstands/der Geschäftsführung der DVV als Holding sind neben Astrid Stewin vier weitere Frauen in herausragend verantwortlicher Führungsrolle innerhalb des DVV-Konzerns.“ Die obersten DVV-Chefs sind Marcus Wittig, Axel Prasch und Marcus Vunic.
Stewin zählt also für den Stadtkonzern, zu dem etwa DVG, Stadtwerke und Octeo zählen, nicht zur ersten Führungsebene. Dass Frauen in öffentlichen Duisburger Unternehmen in der Vergangenheit noch seltener oberste Chefin wurden, als es die 2,9 Prozent aussagen, verdeutlicht ein Blick auf die Firmen, die wegen der Auswahlkriterien der Studie nicht berücksichtigt wurden. Die bekanntesten Beispiele: Auch bei der Hafen Duisburg AG, die zu zwei Dritteln dem Land NRW gehört, sowie bei der Sparkasse Duisburg haben in letzter Instanz weiterhin Männer das Sagen.
Aufsichtsräte entscheiden über Besetzung der Top-Posten
Warum gibt es nicht mehr Frauen in den Top-Jobs, zum Beispiel bei der DVV? Das Unternehmen betont auf Nachfrage die „Anstrengungen, Frauen für die Arbeit in den größtenteils technisch geprägten Berufen des DVV-Konzerns zu begeistern“ sowie „zahlreiche Förder- und Qualifizierungsprogramme für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“.
Auf die Frage, wie die DVV es bewertet, dass es auf der obersten Ebene keine Frauen gibt, erklärt die Pressestelle: Für die Führungspositionen unterhalb der Vorstandsebene sei das Unternehmen zwar verantwortlich, aber „für die Bestellung von Vorständen“ sei „nicht das Unternehmen selbst, sondern der Aufsichtsrat der jeweiligen Gesellschaften verantwortlich“.
Frauen in Kontrollgremien: „Da haben wir in Duisburg noch Nachholbedarf“
Im von Oberbürgermeister Sören Link geleiteten Aufsichtsrat der DVV etwa zählen zu den 20 Mitgliedern vier Ratsfrauen und zwei Arbeitnehmervertreterinnen. (Nicht nur weibliche Aufsichtsratsmitglieder können sich freilich im Falle einer Vakanz in Vorstand/Geschäftsführung dafür einsetzen, dass geeignete Bewerberinnen nicht benachteiligt werden.) Dass Frauen auch in den Kontrollorganen der kommunalen Duisburger Unternehmen mit einem Mindestanteil von 40 Prozent vertreten sein sollen, fordert Dr. Nazan Şirin. „Und 50 Prozent wären natürlich noch besser.“
Şirin (Grüne) ist die Vorsitzende im Gleichstellungsausschuss des Duisburger Rates. Sie verweist auf das Landesgleichstellungsgesetz NRW, das den Mindestanteil von 40 Prozent für „wesentliche Gremien“ vorschreibt. „Da haben wir in Duisburg als Kommunalpolitik noch Nachholbedarf.“ Als positives Beispiel nennt Şirin den Aufsichtsrat von Duisburg Kontor (Stadtmarketing und Tourismus), dem auch sie selbst angehört. Die Vorsitzenden des Kontrollorgans: Susanne Zander (SPD) und Gertrud Bettges (CDU).
■ Wie können es mehr Frauen in Geschäftsführungen kommunaler Duisburger Firmen schaffen? Das sagt der Leiter der Studie, Dr. Ulf Papenfuß – zum Artikel
■ So viele weibliche Führungskräfte gibt’s bei der Stadtverwaltung – zum Artikel
>> Methodik
- In der Studie „Frauen in Top-Managementorganen öffentlicher Unternehmen – ein deutschlandweiter Städtevergleich“ (Lehrstuhl für Public Management & Public Policy) wurden die öffentlichen Unternehmen von Bund und Ländern sowie von 69 Städten analysiert. Auf kommunaler Ebene wurden neben Stadtstaaten und Landeshauptstädten die je vier größten Städte pro Bundesland einbezogen.
- Berücksichtigt wurden Unternehmen, an denen die Städte zu mindestens 50 Prozent beteiligt sind. Für Duisburg wurden diese Firmen auf Grundlage des Beteiligungsberichts 2021 erhoben. Die Identifizierung der Top-Managementmitglieder erfolgte auf den Internetseiten der Firmen im März und April 2023.
>> Berücksichtigte Firmen
Diese Duisburger Unternehmen sind in der Studie berücksichtigt: Duisburg Kontor Hallenmanagement, Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft, DCC Duisburg CityCom, Duisburger Verkehrsgesellschaft, Octeo Multiservices, Stadtwerke Duisburg, Zoo Duisburg, Innovative Immobilien Duisburg Düsseldorf – ID Quadrat, Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung, DuisburgSport, Filmforum – Kommunales Kino & filmhistorische Sammlung, Duisburg Kontor, GEBAG Duisburger Baugesellschaft, Duisburg Business & Innovation (DBI), Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD), Gemeinnützige Gesellschaft für Beschäftigungsförderung, Kreislaufwirtschaft Duisburg, Service Betriebe Duisburg, Duisburger Einkaufsgesellschaft.
>> Chefin und Chefs im Bild
Vorstände und Geschäftsführer im Bild (Reihe für Reihe, von oben nach unten, jeweils von links nach rechts): 1. Reihe: Thomas Patermann (WBD), Marcus Wittig (DVV, DVG, Stadtwerke), Rasmus C. Beck (DBI), Almir Tutic (DCC), Timo Juchem (SBD Servicebetriebe Duisburg), Bernd Wortmeyer (Gebag). 2. Reihe: Michael Rüscher (DBI), Thomas Krützberg (Immobilien Management Duisburg, IMD), Ingo Wiele (Kreislaufwirtschaft Duisburg), Dirk Broska (MSV Duisburg Stadionprojekt), Carsten Saffran (Duisburger Einkaufsgesellschaft), Helge Kipping (Sparkasse Duisburg), 3. Reihe: Axel Prasch (DVV, DVG, Stadtwerke), Astrid Stewin (Zoo), Winand Schneider (IMD), Markus Bangen (Duisport), Stefan Soldat (DCC), Uwe Linsen (WBD), 4. Reihe: Jürgen Dietz (DuisburgSport), Christoph Spät (Duisburg Kontor), Lars Nennhaus (Duisport), Michael Beckmann (Filmforum), Robin Eckardt (Duisburger Schulbaugesellschaft), Uwe Kluge (Duisburg Kontor), 5. Reihe: Oliver Hallscheidt (Oceto), Alexander Schmanke (Werkstatt für Menschen mit Behinderung), Marcus Budinger, Dr. Joachim Bonn (beide Sparkasse), Dr. Joachim Bonn, Marcus Vunic (DVV), Marc Rüdesheim (DuisburgSport).