Duisburg. . Während die Seehunde im Zoo Duisburg sich eine dicke Schicht Winterspeck anfressen, schlüpft der Polarfuchs in ein dichteres Fellkleid.
Der Winter naht. Gut, für die Meteorologen hat er bereits am 1. Dezember begonnen, und für manche KFZ-Werkstatt, in der wechselwillige Autofahrer ihren Fahrzeugen „dickere Schlappen“ für rutschige Tage aufziehen lassen, möglicherweise auch schon früher. Bei den derzeitigen Außentemperaturen hingegen, die streckenweise an die 14 Grad reichen, ist der Mensch eher noch nicht gewillt, von Winterzeit zu reden.
Doch der Instinkt trügt nicht. Schon gar nicht die Tiere. Nicht alle, aber so einige Bewohner des Duisburger Zoos bereiten sich schon seit mehreren Tagen auf die kalte Jahreszeit vor. Babsi, Blue, Madeleine und Oma schnappen jetzt umso lieber Happen, die ihnen ihre Pflegerin Karen Schwarze zweimal täglich hinhält. Vollfetter atlantischer Hering steht bei den Hundsrobben auf dem Speiseplan. „Im Sommer frisst jeder Seehund um die 700 Gramm pro Tag, im Winter sind das gut und gerne drei bis vier Kilo“, sagt die 33-Jährige, die seit neun Jahren als Springerin im Zoo arbeitet, aber hauptsächlich im Robbenrevier eingesetzt ist.
„Unsere Oma hat schon ordentlich was auf den Rippen“
Für die vier Hundsrobben gilt es, sich eine zusätzliche wärmende Schicht aus mindestens fünf Zentimeter dickem Winterspeck zuzulegen. Überfressen – wie der Mensch das so gerne vor allem an den kommenden Festtagen zu tun pflegt – werden sich die pummeligen Meeressäuger aber auf keinen Fall.
„Die wissen selbst, was sie brauchen. Und wir merken das an ihrem Verhalten. Wenn die nicht mehr auf das Futter reagieren, bring ich am nächsten Tag weniger mit“, erklärt Karen Schwarze. Zudem beäugen die Pfleger ihre Schützlinge genau, ob die schon genug „Blubber“, wie der Seehundspeck genannt wird, zugelegt haben. Mit der Ältesten im Becken ist Karen Schwarze derzeit recht zufrieden: „Unsere Oma hat schon ordentlich was auf den Rippen.“
Glanz wie frisch lackiert
Die alte Robbendame, die bereits Mitte bis Ende 40 ist und damit die Lebenserwartungen dieser Meeressäuger in freier Wildbahn weit überschritten hat, wird beim Füttern auch nicht von den jüngeren Familienmitgliedern ausgebootet. Den Hering sehen kann sie zwar nicht mehr, weil ihr vor längerer Zeit aus Krankheitsgründen die Augen entfernt werden mussten. Aber die langen Schnurhaare, mit denen sich Seehunde auch unter Wasser orientieren, funktionieren bei der Seniorchefin im Becken noch einwandfrei.
Ebenso wie bei Madeleine, deren Kulleraugen in ihrem stattlichen Alter von 32 auch nicht mehr so gut arbeiten. Das Handicap tangiert sie aber ebenso wenig wie Oma das ihrige. In ihrem nassen Element sind die beiden alten Damen genauso flink und wendig wie die acht Jahre alte Babsi und ihre zweijährige Tochter Blue.
Der Fellwechsel ist für die Tiere anstrengend
Die dickere Fettschicht ist die eine Vorbereitung der Seehunde auf die Winterzeit, die andere ist der Fellwechsel. „Der ist für die Tiere wirklich anstrengend. In freier Wildbahn gehen sie deshalb in der Zeit nicht mehr auf die Jagd.“, weiß Karen Schwarze. Das müssen die vier Robben in ihrem Revier auch nicht, aber sie fressen dann weniger. Hundsrobben stoßen im Gegensatz zu den Ohrenrobben – dazu gehören auch die kalifornischen Seelöwen – ihr spärliches Haarkleid einmal im Jahr ganz ab und ersetzen es. Das über Monate ausgebleichte Fell weicht einem neuen. „Das glänzt dann immer so schön“, schwärmt Karen Schwarze. „Das Gefieder der Pinguine bekommt mit der Zeit einen Gelbstich. Nach dem Wechsel sehen vor allem die schwarzen Stellen aus wie neu lackiert.“
Sparen für schlechte Zeiten
Leni, die Nachbarin der Robben, trägt bereits ihr schickes Winterkleid. Die neugierige Polarfüchsin hat ihre braune Tarngarderobe für den Sommer abgelegt und präsentiert sich jetzt im eleganten blaugrauen Pelz. Der Polarfuchs ist der einzige Wildhund, der sein Fell den Jahreszeiten gemäß wechselt, und je nachdem, wo er beheimatet ist, überwiegt die weiße oder die graue Variante der Tiere.
„Hallo, mein Mädchen, guck mal, was ich für dich habe“, lockt Karen Schwarze das kleine Raubtier mit Futter. Leni lässt sich nicht lang bitten, schnappt schnell das Leckerchen aus der Hand und verschwindet damit irgendwo im Gehege, um kurz darauf wieder mit erwartungsvollem Blick vor Karen Schwarze aufzutauchen. Die lacht und meint: „Die ist schon ziemlich gierig. Aber das ist typisch Fuchs, wenn’s langsam kalt wird, verbuddeln der sein Essen für schlechte Zeiten. Das ist auch bei Leni reiner Instinkt.“
Polarfüchsin aus Privatbesitz beschlagnahmt
Anderthalb Jahre jung ist die Polarfüchsin. „Sie wurde auf einer Tiermesse verkauft, ohne Impfung über die Grenze nach Deutschland gebracht, ist dann aus Privatbesitz beschlagnahmt und zu uns gebracht worden“, erzählt Karen Schwarze Lenis Geschichte, die keine so schlechte Wendung genommen hat. In freier Wildbahn werden Polarfüchse nur drei bis vier Jahre alt. „Unsere ältesten Eisfüchse sind sieben Jahre alt geworden“, sagt Karen Schwarzer. Also bleibt Leni im besten Falle noch viel Zeit, um zur Winterzeit Futterdepots anzulegen.