Duisburg. . Die Duisburger SPD lud erstmals zur Gesprächsrunde in die Kneipe ein. In der Neumühler „Marktklause“ wurde teils hitzig diskutiert.
Der Wirt der Neumühler Kneipe „Marktklause“ hatte am Mittwochabend seine liebe Mühe, das Tablett mit Gläsern voller Getränke an den Mann oder die Frau zu bringen. Im Zickzackkurs manövrierte er die Bestellungen durch das volle Haus. Rund 60 Gäste kamen zum ersten Thekengespräch der SPD. Die Partei hatte Einladungsflyer an die Bewohner des Stimmbezirks 0904 verteilt, jenem Bezirk, in dem die AfD mit 29,69 Prozent der Zweitstimmen bei der Bundestagswahl die stärkste Partei war. Und diese Stimmen will die SPD zurück holen. Also stellten sich einer mitunter recht hitzigen und emotionsgeladenen Diskussion neben OB Link der Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir, der Landtagsabgeordnete Frank Börner, der Neumühler SPD-Ortsvereinsvorsitzende Heiko Blumenthal, Ratsherr Sebastian Haak sowie die Bezirksvertreter Christopher Hagenacker und Rüdiger Usche.
„Die 21 Millionen Euro sind nicht weg“
Moderator Frank Börner wollte kein bestimmtes Thema vorgeben: „Wir können über den MSV, über Europa, über Duisburg, über Neumühl reden.“ Mahmut Özdemir wünschte sich: „Lasst uns gucken, was wir in unserer Stadt besser machen können.“
Und in diesem Punkt gibt es für die Neumühler einiges, vor allem im Bereich der maroden Schulen. Fast 50 Minuten der angesetzten eineinhalbstündigen Diskussion drehten sich immer wieder um die Missstände. So die kaputten und mit Latten vernagelten Fenster an der Rolandschule. Ein Besucher voller Wut: „Wenn ein Lehrer ein Fenster öffnet, eine Scheibe rausfällt und ein Kind bekommt sie ab, verklage ich euch alle.“ Weitere Kritik eines Besuchers waren die fünf Toiletten, die an der Emschertal-Schule dringend saniert werden müssten: „Bis heute sind die 21 Millionen Euro nicht abgerufen.“ Eine Frau wartet seit langem auf den Containeraufbau an der Schule am Park.
Sören Link war nicht überrascht über das Thema Schule: „Wir haben zu wenig Geld eingesetzt für Schule, Straßen und Infrastruktur. Wir schlagen uns seit vier Jahren damit rum, Fördermittel vom Land und Bund zu bekommen.“ Man plane die Maßnahmen, das dauere jedoch seine Zeit. Die Stadt bringe jetzt die Ausschreibungen auf den Weg. Sören Link: „Die 21 Millionen Euro sind nicht weg.“
Die Integrationskraft ist belastet
Ralf Jäger erinnerte daran, dass in seiner Zeit als Innenminister im Jahr 2015 festgezogen wurde, über die NRW-Bank zwei Milliarden Euro landesweit und davon 70 Millionen Euro für Duisburg bis 2020 zur Verfügung zu stellen. Man wolle eine Verlängerung um zwei bis drei Jahre erreichen. Die so lange andauernde Umsetzung erklärte der OB damit, dass die Verwaltung nicht so viele Kapazitäten habe, um zu planen: „Die Leute arbeiten mit Herzblut.“
Als Frank Börner um einen Themenwechsel bat, gab ein Besucher zu, die AfD gewählt zu haben und sprach die Ereignisse am Dienstagabend in Hamborn an: „Wie wollen Sie damit umgehen? Wir Deutschen haben Angst.“ Ralf Jäger mache deutlich, dass es Probleme in Dortmund-Nordstadt, Gelsenkirchen und Duisburg-Nord gebe: „Die Integrationskraft ist belastet durch Rumänen und Bulgaren. Wir haben einige Hundertschaften der Polizei mehr, sie können aber nicht soziale Probleme lösen.“
„Mit solchen Parolen kommt man nicht weiter“
Sören Link nannte Zahlen: „Die Stadt hat 500.000 Einwohner und 6000 Asylbewerber. Sie sind nicht alle Engel, es gibt aber kaum ernsthafte Probleme.“ Mit den 18.000 Bulgaren und Rumänen müsse sich die Taskforce befassen. Link kritisierte die Parolen der AfD, wie zum Beispiel „Briefmarke am A…“: „Mit solchen Parolen kommen wir nicht weiter.“ Er fügte an, wenn Disziplinlosigkeit das Markenzeichen der AfD sei, dann müsse dem entgegengetreten werden. Gleichwohl: „Ich arbeite mich nicht den ganzen Tag mit der AfD ab.“, so Link. Man müsse über die Probleme reden, solange die Leute glaubten, nicht ernst genommen zu werden. Die Thekengespräche sind ein Anfang. Das neue Format soll jetzt alle vier bis sechs Wochen in den Duisburger Stadtteilen angeboten werden, denn wenn die Leute nicht mehr in die Bürgersprechstunde kommen, dann, so Ralf Jäger, „gehen wir zu ihnen.“