NRZ: . Die Ampelkoalition im Düsseldorfer Rathaus hat zahlreiche Pläne mit dem öffentlichen Nahverkehr in Düsseldorf. Das findet Rheinbahn-Chef Dirk Biesenbach gut. Nur einige Details bereiten ihm Sorgen, sagt er.
Der Nahverkehr ist im Vertrag der neuen Ampelkoalition im Düsseldorfer Rathaus so stark vertreten wie in keinem vorherigen. Ist das ein Segen oder doch eher ein Fluch für die Rheinbahn?
Dirk Biesenbach: Für die Rheinbahn ist der Vertrag sehr gut – abgesehen von Details. Besonders freut mich, dass die Punkte, die wir seit Jahren versuchen in die Diskussion einzubringen, endlich berücksichtigt werden. Dadurch werden wir schneller und attraktiver.
Zählt dazu der Fünf-Minuten-Takt, der im Wahlkampf Thema war?
Davon ist ja zum Glück nicht mehr die Rede. Im Wahlkampf wird an der einen oder anderen Stelle ja auch mal überspitzt gefordert. In der Innenstadt haben wir jetzt schon faktisch einen Fünf- oder sogar einen Drei-Minuten-Takt – dort, wo mehrere Linien auf einer Strecke unterwegs sind.
Wie wollen Sie dann attraktiver werden?
Wir können in den Tagesrandlagen den Takt dichter machen. Wir können ein, zwei Stunden länger im Zehn-Minuten-Takt fahren oder an anderen Stellen später in den 30-Minuten-Takt wechseln. Wichtig ist aber: Wir wollen keine Luft durch die Gegend fahren; das heißt, es sollte natürlich wirtschaftlich bleiben.
Zur Stärkung des Nahverkehrs zählt auch, dass Oberbürgermeister Thomas Geisel nun Vorsitzender des Aufsichtsrates ist. Damit steht er Ihnen allerdings direkt auf den Füßen.
Damit habe ich kein Problem. Ich habe nicht den Eindruck, dass er mir auf den Füßen wehtun wird. Dass der Hauptentscheidungsträger der Stadt den Aufsichtsrat leitet, zeigt doch, dass er den Nahverkehr ernst nimmt. Das ist in anderen Metropolen auch so.
An welchen Zielen wollen Sie sich vom Aufsichtsratschef und dem gesamten Gremium künftig messen lassen?
Städte wie München oder Stuttgart müssen unsere Messlatte bilden. Dort sind die Bahnen durchschnittlich deutlich schneller als bei uns. Ein bis zwei Stundenkilometer mehr im Schnitt würden für uns viel bedeuten.
Wie können und wollen Sie dieses Ziel erreichen?
Durch Vorrangschaltungen und barrierefreie Bahnsteige. Wir suchen im Moment systematisch nach Verlustzeiten auf den Bahnstrecken. In einem zweiten Schritt müssen wir zusammen mit den Experten des Amts für Verkehrsmanagement überlegen, wie wir die Problem beseitigen können. Dazu gehört vor allem, dass die Bahnen an Kreuzungen Vorrang erhalten. Das wird nicht an allen Punkten in der Stadt möglich sein, wir erörtern jetzt aber, wo es geht. Schnellere Bahnen bedeuten einen attraktiveren Nahverkehr – und stellen natürlich auch den Kaufmann zufrieden.
Wie sollen die Fortschritte bei der Barrierefreiheit aussehen? Schaffen Sie mehr Hochbahnsteige als derzeit?
Nein, da haben wir die Grenze schon erreicht. Die Einschränkungen während der Bauzeit sind erheblich, und so ein Bau dauert auch eine Reihe von Monaten. Unser Ziel ist es, dass alle Hochbahnsteige stehen, wenn die Baby-Boomer in Rente gehen.
Überall? Auch auf der Kaiserswerther Straße zwischen Kennedydamm und Theodor-Heuss-Brücke?
Auch dort sollte man über Lösungen diskutieren können. Wenn man den Autoverkehr mit Ausnahme der Anwohner aus diesem Teil Straße verbannen würde, wäre Platz, um dort einen Hochbahnsteig zu bauen.
Sie sprachen davon, dass der Vertrag gut sei, abgesehen von Details. Welche Details sind das?
Zum Erhalt der 708 und der Flügellösung für die künftige U71 stehe ich kritisch. Ich bedauere sehr, dass die Verwaltung und wir es nicht geschafft haben, mit unseren Argumenten zu überzeugen. Das Thema hat eine Dynamik gewonnen, die ich ehrlicherweise unterschätzt habe.
Der Stadtrat wird am Donnerstag darüber abstimmen, wie die 708 erhalten werden soll. Welche Hoffnungen haben Sie angesichts der bisherigen Diskussionen noch?
Erst einmal: Ich habe noch Hoffnung. Die Flügel-Variante ist allerdings die schlechteste aller Lösungen. Sie bedeutet, dass die neue U-Bahn-Linie 71 von Düsseltal nur im 20-Minuten-Takt in die Innenstadt fährt, weil sie im Wechsel mit der Linie 708 auf der Strecke unterwegs ist. Das heißt, dass sie in Tagesrandzeiten nur noch im 40-Minuten-Takt in die Stadt fährt.
Was ist daran schlimm? Umgekehrt heißt es, dass Düsseltal mit dem Hauptbahnhof verbunden bleibt.
Sehen Sie es mal so: Wir bauen in ein bestehendes Netz eine neue U-Bahn-Strecke. Dann ist es doch logisch, dass ein Teil des alten Straßenbahn-Netzes wegfallen muss. Ich verstehe gut, dass die Menschen in Düsseltal ihre direkte Verbindung zum Hauptbahnhof behalten wollen. Aber wir haben auf der anderen Seite 60-Meter-Fahrzeuge, die dank des Tunnels schnell unterwegs sind – dieses System hat für eine große Zahl von Menschen einen großen Nutzen. Dafür müsste ein Teil der Fahrgäste doch gewisse Nachteile in Kauf nehmen können.
Wie sieht denn nun Ihre Hoffnung aus?
Wir haben noch einmal Gespräche geführt, und vielleicht gibt es ja noch einen Kompromiss. Wir könnten in Düsseltal einen Bus im Zehn-Minuten-Takt anbieten. Oder wenn es gar nicht anders geht, die 708 da lassen, wo sie ist. Das würde zwar auch erhebliche betriebliche Probleme und Engpässe etc. mit sich bringen, wäre aber immer noch besser als die Flügel-Variante.
Ein weiterer Punkt im Vertrag der Ampel ist die Ausweitung des Netzes, etwa über den Gallberg. Wie bewerten Sie diese Vorhaben?
Das hat mich auch überrascht. Das macht möglicherweise Sinn, wenn es mal Häuser und Wohnungen auf dem Gelände der Bergischen Kaserne gibt. Zum Glück ist das kein Thema für morgen, sondern eher für überübermorgen.
Ein großer Streitpunkt ist die Frage, ob die U81 durch einen Tunnel oder über eine Brücke geführt werden soll. Wie sieht Ihre Position dazu aus?
Wir können beides: drüber und drunter.