Düsseldorf. . Seit zwei Jahren hüllen sich die vier Angeklagten im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts nun schon in Schweigen. Sie sollen im Namen Al Kaidas einen verheerenden Terroranschlag in Deutschland geplant haben.

Um der Sache auf den Grund zu gehen, hat der Senat unter Vorsitz von Richterin Barbara Havliza seither FBI-Beamte, Terrorexperten und Geheimdienstchefs vernommen. Es geht immerhin um die Rolle von Osama bin Laden, den US-Geheimdienst NSA und einen mysteriösen Scheich in Mauretanien. 143 Tage wurde bislang verhandelt, 163 Zeugen wurden vernommen. Im Herbst könnte das Urteil verkündet werden - wenn alles glatt läuft.

Rückblick: Am 29. April 2011 schlägt eine Spezialeinheit zu: In einem unscheinbaren Mehrfamilienhaus an der Düsseldorfer Witzelstraße nahe der Universität soll eine Terrorzelle Al Kaidas mit dem Bau von Bomben begonnen haben. Die Wohngemeinschaft der jungen Muslime war bereits vor Monaten auf großes Interesse deutscher Terrorfahnder gestoßen und wurde rund um die Uhr observiert. Als die Aktivitäten in der Wohnung und die Einkäufe der Männer auf den Bau einer Bombe hindeuten, wird dem Bundeskriminalamt und der Bundesanwaltschaft die Sache dann zu heiß.

Dass ein von den Behörden als Terroristenversteck beobachtetes Wohnhaus samt unschuldiger Nachbarn in die Luft fliegt, wollten sie nicht riskieren. Der Zugriff wird befohlen, was die Beweislage für den Prozess erheblich verschlechtert haben dürfte. Nachträglich stellt sich zudem heraus: Die Gefahr war doch nicht so akut, weil die Verdächtigen den falschen Grillanzünder gekauft hatten, nämlich einen, der das zum Bombenbau wichtige Hexamin gar nicht enthält. Doch für einen freundlichen Grillabend unter Glaubensbrüdern ist die gekaufte Menge dann doch zu groß.

Außerdem heißt es in mitgelesenen E-Mails des Hauptangeklagten an die Al-Kaida-Führung: „Oh, unser Scheich, wir halten noch unser Versprechen. Wir werden mit dem Schlachten der Hunde anfangen.“ Autor der brisanten Zeilen ist laut Anklage der Marokkaner Abdelabdim El-K. (33).

Er soll Anfang 2010 in einem Al-Kaida-Ausbildungscamp im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet gewesen sein. Mit ihm stehen der Deutsch-Marokkaner Jamil S. (34), der Deutsch-Iraner Amid C. (23) und der Deutsche Halil S. (30) vor Gericht. Der Al-Kaida-Scheich Younis Al Mauretani (“Der Mauretanier“) soll hinter den Anschlagsplänen der „Düsseldorfer Zelle“ stecken.

Er sitzt inzwischen in einem Gefängnis in Mauretanien, konnte aber trotz aller Mühe noch nicht vernommen werden. Das Gericht hat Fragenkataloge nach Afrika entsandt - und wartet immer noch auf die Antworten. Wenige Wochen nach dem Zugriff in Düsseldorf erschossen „Navy Seals“ der USA Al-Kaida-Chef Osama bin Laden im pakistanischen Abbottabad. Auf den Festplatten, die sie aus dem Haus mitnahmen und dem FBI übergaben, fanden sich Hinweise auf die „Düsseldorfer Zelle“: Ein Brief an Osama bin Laden mit Details über die Gruppe war in dessen Haus gleich mehrfach abgespeichert.

Das Gericht hält die Dokumente für authentisch und verwertbar. Verteidiger Johannes Pausch kritisiert, dass die Informationen durch eine „eindeutig völkerrechtswidrige“ Operation gewonnen wurden. Die Verteidiger wollen auch wissen, welche Rolle ausländische Geheimdienste im Anfangsstadium der Ermittlungen spielten. Obwohl in Berlin hohe Sicherheitskreise die NSA als Hinweisgeber auf die Zelle nannten, hatten die Ankläger eine andere Version parat.

Einschlägige Dokumente seien massiv geschwärzt worden, berichtet Anwalt Pausch, der keinen Zweifel mehr hat: „Die gebotene Trennung zwischen geheimdienstlichen und polizeilichen Ermittlungen war in der Anfangszeit aufgehoben.“ Ob dies die Angeklagten - ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft - vor der Verurteilung bewahrt, steht auf einem anderen Blatt. Laut Bundesanwaltschaft wurden hinreichend Beweise rechtsstaatlich einwandfrei und ohne Geheimdienste zusammengetragen.