Düsseldorf. Heinrich Heine, der Spötter, der scharfzüngige Ironiker - was er wohl formuliert hätte darüber, dass das Haus in der Bolkerstraße 53 erst Anfang dieses Jahrhunderts als das offizielle Heine-Geburtshaus eingerichtet wurde. 1797 ist er dort geboren worden, hat seine Kindheit in der Altstadt erlebt.

Ältere Düsseldorfer können sich noch an eine Bäckerei erinnern, die den damaligen Hausbesitzern gehörte, später boten Kneipen dort ihr Altbier feil, am bekanntesten ist wohl heute noch das „Schnabelewobski“. Und im Saal, wo heute Woche für Woche die Buchhandlung Müller und Böhm zu Lesungen mit Autoren Literaturfreunde einlädt, war einst die bunte Boutique „Mata Hari“ angesiedelt. Daran kann sich Buchhändler Rudolf Müller noch gut erinnern.

Es ist wohl eines der bekanntesten Zitate des Dichters Heine, auch an der Infostele der Stadt vor dem Haus steht es geschrieben: „Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt, und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zumute. Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehen. Und wenn ich sage nach Hause gehn, so meine ich die Bolkerstraße und das Haus, worin ich geboren bin...“

In seiner alten Heimat öffneten mehr als ein Jahrhundert später Geschäfte, „Kunden berichteten mir von einer Metzgerei, und nach 1914 muss die Bäckerei hier eröffnet haben“, erzählt Buchhändler Rudolf Müller. Die Bäckerei wurde aufgegeben, „Heines Bierakademie“ kam statt dessen. Die Stadt kaufte das Haus 1990, es folgten mehrere Kneipen im Haus. Bis 2003 residierte hinter neo-bayrischer Fassade noch das „Schnabelewobski“, ein Lokal immerhin voller Fotos von Heine und weniger bedeutenden Literaten, in dem sich auch Düsseldorfer Dichter und Autoren verabredeten.

Später wurde reichlich geistige Nahrung gereicht: 2006 bot die Stadt dem Buchhandel Müller an, von der Neustraße aus dort hinüber zu wechseln. Müller und Partnerin Selinde Böhm waren da bereits durch die etliche Autorenlesungen bekannt.

Im vorderen Teil des Heine-Hauses bieten die Buchhändler eine große Auswahl an neuer Literatur an. „Da im hinteren Teil des Hauses zuvor noch die Boutique Mata Hari war, mit einem Zugang von der Hunsrückenstraße aus“, lacht Buchhändler Müller und zeigt auf den Lese-Saal im ehemaligen Hinterhof, in dem jetzt berühmte Autoren ihre neuen Bücher vorstellen.

Der Saal fasst maximal 120 Zuhörer. „Wir sind fast immer ausgebucht, es gibt viel Stammpublikum“, sagt Müller in seiner uneitlen Art. Zwischen 40 und 50 Autorenlesungen schafft die Literaturhandlung im Jahr - „oft sind es ja auch zwei pro Woche“, so Müller.

„Wo Bücher knurren“

Der Niederländer Cees Noteboom eröffnete 2006 die Reihe, las aus eher politischen Texten Heines. Schließlich war der berühmte Sohn der Stadt längst nicht nur der Dichter des „Ich weiß nicht was soll es bedeuten ...“ Aber der politische Heine kam bei dem damaligen Publikum nicht so gut an, erinnert sich Müller lächelnd, „da war doch so ein leises unzufriedenes Grummeln.“ Cees Noteboom ist dem Heine-Haus treu geblieben, ist ein häufiger Gast bei Lesungen in der Bolkerstraße. 2007 verfasste der Niederländer eine 27-seitige Hommage an die Heine-Buchhandlung, Titel: „Wo Bücher knurren, grollen, träumen“. Und auch Durs Grünbein schrieb 2012 über die Buchregale im Heine-Haus „Nachts in der Schatzkammer“. Diese Sonderdrucke reicht Buchhändler Müller mit einem Griff aus dem Regal neben seinem Schreibtisch. Durs Grünbein wird am 3. Juni wieder im Heine-Haus zu Gast sein - dann feiert die Buchhandlung 25. Jubiläum.

Aber nicht nur europäische Nachbarn kommen. Schließlich ist Heine in Asien bekannter als Goethe, und so begrüßen Müller und Buchhändlerin Böhm im Heine-Haus immer wieder auch Gäste aus Asien. „Viele Japaner und Chinesen kommen hierher, aber auch Australier, sie wollen sehen, wo Heine geboren ist, wie er damals gelebt hat in seiner Kindheit“, weiß Müller. Eine ganze Schulklasse kommt auch schon mal, um mehr über den Dichter zu erfahren, dessen Geburtshaus auch einmal an die legendäre Spionin Mata Hari erinnert hat.