Düsseldorf. .

Sie war damals am Boden zerschellt, regelrecht zerbrochen. Nur explodierte die von einem britischen Piloten abgeworfene Fünf-Zentner-Bombe nicht. Und deshalb – nahezu 70 Jahre später – galt sie jetzt noch als brandgefährlich.

Am Donnerstag, um 9.30 Uhr früh spürten Bombensucher das Kriegsrelikt auf dem 5000 Quadratmeter großen Baufeld an der Mercedesstraße in Mörsenbroich auf – also auf dem Grundstück, auf dem später ein Hochhaus stehen soll. Für die Stadt Düsseldorf hieß es in diesem Moment: Alarmstufe Rot!

Denn nach einer neuen Verfügung der Bezirksregierung müssen Kriegsbomben-Funde unverzüglich, also noch am gleichen Tag, entschärft werden. Begründet wird dies mit dem zunehmenden Alter der Zünder und den damit verbundenen Risiken einer Explosion.

Immerhin: Die 200 Düsseldorfer Einsatzkräfte haben diese Premiere bestanden. Etwa nach fünf Stunden war die Evakuierung in der Sperrzone abgeschlossen, schon kurz zuvor waren die betroffenen Straßen und der Verkehrsknoten Mörsenbroicher Ei gesperrt. Um 16.04 Uhr hatte es der besonders erfahrene Sprengmeister Peter van Eck (59) vom Kampfmittelräumdienst geschafft: Der Zünder ist raus, die Bombe entschärft.

Düsseldorf hatte schon größere Evakuierungen erlebt – und der gestrige Bombenfund war noch nicht mal eine Überraschung. Aufgrund der Auswertung alliierter Luftkarten konnten Blindgänger im Boden der Baustelle nicht ausgeschlossen werden. Deshalb wurden Probebohrungen angeordnet. Am Morgen meldete die beauftragte Spezialfirma einen Treffer.

60 Kilo Sprengstoff waren noch mit dem Zünder verbunden. Also entschärfen, möglichst schnell! Der sofort von der Beigeordneten Helga Stulgies einberufene Krisenstab gab eine Order nach der anderen aus. Diesmal ohne Vorwarnzeit, ohne großen Vorbereitungen.

Zum Glück waren nur wenige Wohnhäuser zu räumen. 153 Bewohner und etwa 300 Beschäftigte sollten evakuiert werden, weitere 2500 Menschen in ihren Häusern bleiben. Auch die Mitarbeiter im Arag-Hochhaus durften nicht ins Freie. Hier und und da trafen die Helfer mehr Menschen in der Sperrzone an - als sie vermutet hatten. Zwei Kitas mussten geräumt und die 40 Kinder mit zwei Bussen zur Betreuungsstelle in der Heinrich-Heine-Gesamtschule gebracht werden, wo insgesamt 340 Betroffene auf die Entwarnung warteten. Zudem mussten zehn erkrankte und gehbehinderte Bewohner mit dem Krankenwagen aus der Gefahrenzone geschafft werden. Auch 120 Flüchtlinge mussten ihre Unterkunft an der Lacombletstraße verlassen.

Dass sich die Evakuierung um rund 40 Minuten verzögerte, hält Feuerwehrsprecher Heinz Engels bei einer solchen „Ad-hoc-Entschärfung“ für normal. Problematischer war, dass viele Autofahrer und ÖPNV-Nutzer nicht mehr rechtzeitig vor den rund 45-minütigen Straßensperrungen gewarnt werden konnten. Die Folge war ein Verkehrschaos zur Rushhour. Die Hauptadern Heinrich- und Brehmstraße und die Zufahrten zur A 52 waren dicht. Rund um das Mörsenbroicher Ei bildeten sich lange Staus. Die Straßenbahn-Linien 701 und 708 konnten nicht fahren, ebenso sechs Buslinien. Wenigstens wurde der Zugverkehr zwischen Düsseldorf und Duisburg nicht gestoppt. Der S-Bahnhof Derendorf blieb bis zur Entwarnung geschlossen.