Düsseldorf. .

Neun Jahre lang hat sie keine Ruhe gefunden, konnte den Mord an ihrer Tochter Susanne Lucan nicht verstehen, ist immer wieder an die Öffentlichkeit gegangen. Jetzt hofft sie, dass der Prozess gegen den einstigen Freund Thomas S. (39) endlich ihre Fragen beantwortet. Gestern sagte Inge Meuter (66) als Zeugin aus.

Ihre Tochter Susanne Lucan (27) wurde am 20. November 2004 erschlagen in ihrem Bett gefunden. Neun Jahre später steht jetzt Thomas S. vor Gericht, angeklagt wegen Mordes. Staatsanwalt Christoph Kumpa glaubt, dass er sich damals nicht zwischen Susanne Lucan und seiner neuen Freundin entscheiden konnte, dieser innere Druck zu der Gewalttat führte.

Der 39-Jährige bestreitet das. Er habe zwar den Abend mit Susanne verbracht, sie aber lebend verlassen. Er gab zu, dass er eine neue Beziehung begonnen hatte, sich dennoch regelmäßig mit Susanne traf. Er habe ihr damals wohl nicht klar genug gesagt, dass es endgültig aus war.

Dass Susanne immer noch hoffte, das schilderte die Mutter gestern. Die 66-Jährige, selbst eine lebhafte Frau, schilderte ihre Tochter als lebenslustig, sie habe viele Freunde gehabt. Seit Jahren hätten sie und Thomas S. eine harmonische Beziehung gehabt, sie wisse von keinem Streit: „Er war immer nur nett.“

„Sie hat ihn ja geliebt“

Dass Thomas S. 2003 nach sieben Jahren an seiner Liebe zweifelte, auszog, darunter habe Susanne gelitten, aber geglaubt, es könne sich wieder einrenken. Obwohl ihre Freundinnen ihr rieten, von ihm abzulassen: „Aber sie hat ihn ja geliebt.“ Sie habe die Probleme auf seine Depression geschoben. Einmal habe Susanne den Verdacht gehabt, er habe eine neue Freundin, er habe das vehement abgestritten. Anfang November 2004 habe so ausgesehen, als sei bald alles wieder wie früher. Susanne sei „richtig verliebt“ gewesen.

Auf den Abend vor ihrem Tod habe Susanne hingefiebert. Lange sei verabredet gewesen, dass sie am Freitag nach ihrem Geburtstag mit ihm essen geht. Ob Susanne erwartet habe, danach seien sie wieder ein Paar? Gesagt habe sie es nicht. Aber vom „heiligen Freitag“ gesprochen.

Inge Meuter und Susanne Lucan hatten eine enge Beziehung, sie telefonierten oft mehrmals am Tag: „Ich wusste alles!“, ist sich die Mutter sicher, die zwar aufgeregt ist, aber meist gefasst bleibt. Und Pausen ablehnt: „Ich will das jetzt sagen.“ Die Daten von damals weiß sie alle noch.

Über Susannes Geburtstag flog sie in Urlaub. Zum Abschied war sie bei Susanne, traf dort wie so oft Thomas S. Bat ihn zum Abschied: „Pass gut auf mein Kind auf!“ Am Geburtstag gratuliert sie von Tunesien aus. Fordert die Tochter auf, ihr Geschenk zu öffnen. Darin ist ein Schlafanzug. In dem wird Susanne ermordet.

Als die Tochter sich nach dem „heiligen Freitag“ nicht gleich meldete, machte ihr das keine Sorgen. Sie wusste, dass Susanne für Samstag eine Party vorbereitete. Als am Sonntag ihr Handy klingelte, war sie ahnungslos. Und konnte nicht fassen, was ihr Bruder ihr mitteilte: „Die Susanne ist tot!“ Jetzt galt ihr erster Gedanke Thomas S.: Ihm wollte sie die Nachricht schonend mitteilen. Doch er wusste es schon.

Sorge um Thomas S.

Sie flog zurück, organisierte die Beerdigung. Thomas S. kam zu ihr, gemeinsam weinten sie in Susannes altem Kinderzimmer: „Das war ein Weltuntergang.“ Auch sie wurde tagelang vernommen, wusste, dass Thomas S. unter Verdacht stand. Dass ihr die Polizei von einer anderen Freundin berichtete, kam nicht bei ihr an. Noch bei der Beerdigung kümmerte sich um ihn. An Susannes blauem Sarg – „Blau war ihre Lieblingsfarbe!“ – habe er ein Kreuz gestreichelt und gesagt: „Wer macht so etwas?“ Und am Grab habe er gesagt: „Schlaf gut, mein Schatz.“

Umso mehr war sie erschüttert, als sie von ihm von der Freundin erfuhr. Sie weint, als sie davon berichtet: „Wochen später standen wir gemeinsam am Grab. Da sagte er: ,Inge, ich hatte doch eine Freundin.’ Das war schrecklich, fast schlimmer als Susannes Tod. Das hieß ja, dass er uns ein Jahr verarscht und belogen hat! Da ist bei mir alles kaputt gegangen. Da war es aus, aus, aus.“ Sie brach den Kontakt mit dem Mann ab, den sie lange für ihren künftigen Schwiegersohn gehalten hatte.

Der sitzt während ihrer Aussage nahezu regungslos auf der Anklagebank. Nur ganz selten nickt er unmerklich. Und seine Wangenknochen glühen auffallend rot.

Inge Meuter treibt seither die Frage um, warum ihre Tochter sterben musste: „Neun Jahre lief es wie in einem Computer 24 Stunden in meinem Kopf: ,Warum? Weshalb?“ Richter Rainer Drees fragt, was sie von dem Prozess erwartet. Auf diese Frage ist sie vorbereitet, muss dann aber kurz die zurechtgelegte Formulierung überlegen: „Ich habe weder Hass- noch Rachegefühle“, betont sie. „Ich möchte einfach nur die Wahrheit wissen.“ Bevor sie das nicht wisse, „gebe ich keine Ruhe. Auch wenn es 50 Jahre dauert.“