Der Weg zum Erfolg führt an Bruce Darnell vorbei. Der wartet als betroffen blickender Pappkamerad vor dem Graffiti bunten Tor an der Jahnstraße. „Casting im Hinterhof“ steht auf dem Schild, das um seinen Hals hängt. Der Wegweiser gilt den Models, die heute Abend bei der Modenschau in den Schwanenhöfen über den Catwalk laufen wollen. Was erwartet die jungen Frauen im verwunschen Atelier von Rolf Buck? Abschätzende Kommentare à la Heidi Klum oder extravagante Aufgaben mit denen die Sendung „Germany’s next Topmodel“ auf Quotenwunder hofft? Die NRZ besuchte Rolf Buck und schaute bei dem Auswahlverfahren zu.
Seine Werkstatt ist ein Kosmos voller Skurrilitäten, denn Rolf Buck ist Stylist und Set-Designer. Er ist für die Requisite bei Filmen und Fotoshootings zuständig, ein Freischein fürs Horten aller Dinge. Buck setzt auch i-Tüpfelchen bei Modenschauen. Darum suchte er am vergangen Samstag, gemeinsam mit seinen Auftraggebern, nach passenden Models. Sie sollen die Kollektionen der Düsseldorfer Marke KD 12, sowie Maluo, Xuz, yummie tummie und Marroí präsentieren.
Unterschiedliche Präsentation
Dazu ist im Atelier vor der abgewetzten Chesterfield Sitzgruppe ein Weg gebahnt worden. Der ist etwa zehn Schritte lang. Wie bei der TV-Sendung sitzen Buck, Kirsten Kuhn (KD 12) und Anastasia Zakaroui (Marroí) am Kopf des improvisierten Laufstegs. Allerdings auf ausrangierten Flugzeugsesseln. Dieser optische Effekt ergibt ein heiteres Stillleben und nimmt der Situation auf angenehme Art und Weise potenzielle Strenge. Drei Stunden lang wird das Team immer wieder schauen, mit wie viel oder wie wenig Selbstverständnis, Ausstrahlung und Können sich die verschiedenen jungen Frauen präsentieren.
Die Schuhe müssen passen
Gerade schreitet Nilufar Hashemian auf die Jury zu. Die 26-Jährige Dortmunderin ist Autodidaktin. Eigentlich arbeitet sie als Bürokauffrau und macht auch Permanent Make Up. Wie das mit dem Modeln funktioniert hat sie sich im Internet zusammengesucht. Dann hat sie ein paar Fotos gemacht und sich in einer Online-Modelkartei angemeldet. „Ich gucke auch Germany’s Next Topmodel. Das eine oder andere kann ich da lernen“. Beim ersten Gang wirkt sie etwas unsicher. „Sitzen die Schuhe richtig?“ hakt Buck nach. Er hat den Schwachpunkt sofort erkannt. Der zweite Versuch mit anderem Schuhwerk klappt besser. Dort, wo von den Models eine Pose eingenommen werden soll, klebt er als Markierung ein Sternchen auf den Fußboden. „Wir melden uns in zwei Tagen“, verspricht die Jury nach dem dritten Versuch und verabschiedet Hashemian herzlich.
Derweil hat sich im Nebenraum die nächste Aspirantin umgezogen. Sie steht im Türrahmen und wartet auf ihr Stichwort. Die Konzentration ist ihr anzusehen. Mit ernstem Gesicht nickt sie zum Takt der Musik. Sie macht das Richtige: Einatmen, Ausatmen und ab auf die Zielgrade zum nächsten Modeljob. Die Jury ist zufrieden, verabschiedet sich wieder mit viel Freundlichkeit. Weiter geht’s mit Anna-Maria Ohnmacht. „Ach, ein Kleid!“ lacht sie. „Ich sehe ja richtig gut drin aus“, strahlt Ohnmacht weiter, „privat trage ich nur Hosen, weil ich breite Hüften habe und Kleider bei mir einen zu dicken Po machen“. Ihre Unbekümmertheit macht die 26-Jährige sympathisch. Die angehende Lehrerin hat bei Misswahlen Erfahrungen gesammelt und als Fotomodel gearbeitet. Selbstbewusst und gelassen schreitet sie eine Runde ab, die Jury applaudiert.
Inzwischen kommen im Minutentakt neue Models an. Einige kennen sich, wie die Studentinnen der Düsseldorfer Modeschule „Design Department“. Sonst präsentiert diese fröhliche Meute Entwürfe ihrer Kommilitoninnen. Da schwanken ihre Gagen zwischen „sehr übersichtlich“ und „nicht vorhanden“. Bei dieser Show gibt es eine Kostenerstattung, ein Bekleidungsstück und ein Honorar. Das ist anders als bei den Topmodels. Aber der Spaßfaktor ist ungleich höher. Das ist unbezahlbar.