Tschüss, Tausendfüßler – Abriss der Düsseldorfer Hochstraße ab Montag
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Düsseldorf. . 51 Jahre nach ihrer Eröffnung wird die einst als städtebauliche Sensation bezeichnete und von den Düsseldorfern „Tausendfüßler“ genannte Hochstraße abgerissen. Am Sonntag steigt eine Abschiedsparty, am Montag beginnt der Abriss, später wird ein Tunnel als Ersatz gebaut.
Die Tage des Tausendfüßlers sind gezählt. Kommenden Montag beginnen die Abrissarbeiten an der Hochstraße. Die Diskussion um die Zukunft des Tausendfüßlers hat die Stadt gespalten.
Viele sind froh, dass das „hässliche Ding“ endlich verschwindet. Und viele sind traurig, dass ein Stück Düsseldorfer Denkmal- und Baugeschichte platt gemacht wird.
„Jan Wellem Hochstraße“ hieß schon bald Tausendfüßler
Denn vor 51 Jahren war es eine Sensation: Um den Verkehr in der Innenstadt flüssig zu halten und die gegenseitige Belästigung von Autos, Straßenbahnen, Fußgängern und Radfahrern zu minimieren, wurde am 5. Mai 1962 eine neue Hochstraße in der Düsseldorfer City in Betrieb genommen. Es war an einem Samstag, als erstmals der Verkehr über die 670 Meter lange „Jan Wellem Hochstraße“ rollte. Der Name hielt sich nicht lange, wie Manfred Droste von der Initiative „Lott stonn“ weiß: „Schon bald erhielt die Straße ihren Spitznamen Tausendfüßler.“ Bis heute hat sich die Bezeichnung gehalten. Dabei hat die Hochstraße keine tausend sondern 21 Füße (Stützen): Elf unter der Geraden in der Verlängerung der Kaiserstraße, je fünf unter den Abzweigungen zur Immermannstraße und zur Berliner Allee.
Der Stadtrat hatte 1960 den Bau der Hochstraße beschlossen, Fußgängerpassagen ergänzten das Konzept. Der damalige Baudezernent Friedrich Thamms, ein erfahrener und anerkannter Brückenbauer, bemühte sich um die besondere technische und gestalterische Qualität des Bauwerks. Auf die Frage nach der Lebensdauer hatte er im Stadtrat geantwortet: „200 Jahre!“ Gerade einmal ein Viertel davon hat der Tausendfüßler nun geschafft...
Stadtplaner lehnten Tunnellösung ab
Dem Bau vorausgegangen war ein Gutachten der damals berühmtesten Stadtplaner Professor Werner Hebebrand (Hamburg) und Professor Rudolf Hillebrecht (Hannover), die aus Gründen der Stadtgestaltung und nicht aus wirtschaftlichen Gründen den Bau der Hochstraße empfahlen. Eine Tunnellösung lehnten sie ab. Besonders wegen der störenden Rampen. Später wurde die Straße wegen der Gestaltung und als wichtiges Zeugnis der Architektur der 60er Jahre unter Denkmalschutz gestellt – auch als Bestandteil eines Ensembles mit Schauspielhaus und Dreischeibenhaus, die ebenfalls unter Denkmalschutz stehen, wie Droste betont.
Doch die einst abgelehnte Tunnellösung kommt jetzt – und damit das Ende des Tausendfüßlers. Auf Grund eines Beschlusses der Stadtrats-Mehrheit aus CDU und FDP wird der Tausendfüßler im Zusammenhang mit den Planungen für das Prestige-Projekt Kö-Bogen abgerissen und durch einen Tunnel für den Nord-Süd-Verkehr ersetzt. SPD und Grüne waren gegen diese Pläne, auch die Bürgerinitiative „Lott stonn“.
Weil der Antrag zur Aufhebung des Denkmalschutzes vom Landes-Denkmalpfleger abgelehnt wurde, musste vergangenes Jahr der NRW-Bauminister über Abriss oder Erhalt des Tausendfüßlers entscheiden. Er prüfte gründlich, ließ sich zur Verärgerung der Stadtverwaltung und der schwarz-gelben Stadtrats-Mehrheit viel Zeit und gab ein Gutachten über Zustand und Renovierungsbedarf der Hochstraße in Auftrag – bevor er grünes Licht für den Abriss gab.
Bevor unser Tausendfüßler fällt, gibt es am Sonntag ab 13 Uhr eine Abriss-Party. Und da werden viele Düsseldorfer Tränen in den Augen haben...
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