Düsseldorf. .

Brutale Gewalt, blauäugige Drogenschmuggler, kuriose Klagen und ungewöhnliche Betrügereien beschäftigten Düsseldorfs Gerichte im letzten Jahr. Und einige bekannte Namen, darunter Bordell-König Bert Wollersheim.

Am Doppelmord in Hassels erschreckte vor allem die Kälte von Haupttäter Detlef W.: Der 56-Jährige hatte einen drogensüchtigen Bekannten (23) überredet, einen 82-Jährigen und dessen Tochter (39) in ihrer Wohnung an der Altenbrückstraße mit Kopfschüssen zu töten – seinen Stiefvater und seine Halbschwester. Sie sollten seine Mutter (81) nicht mehr hindern, ihm Geld zu geben. Die alte Frau ließ der Killer auftragsgemäß unversehrt. Obwohl Detlef W. alles abstritt, hieß das Urteil für ihn im Januar: lebenslang mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Sein Gehilfe erhielt ebenfalls lebenslang.

Bluttat in der Luxus-Suite

Auch der Angeklagte (41) im Fall der getöteten Prostituierten (25) im Hotel bestritt bis zum Schluss. Doch das Landgericht verurteilte ihn wegen Totschlags zu zehn Jahren. Der 41-Jährige hatte von einer Zukunft mit der jungen Frau geträumt, mit ihr einige Tage im Hotel verbracht. Dabei gab es wohl Streit: Sie starb nach 18 Messerstichen. Der Angeklagte war in die Türkei geflohen, stellte sich dann. Seine Erklärung, ein Fremder habe seine Freundin getötet, glaubte man ihm nicht.

Noch brutaler ging der Täter gegen einen Architekten (41) vor: Mit einer Axt schlug er im Hausflur eines Mietshauses an der Platanenstraße auf den 41-Jährigen ein und tötete ihn. Das Landgericht verurteilte einen 36-Jährigen wegen Mordes zu lebenslang: Er habe den Architekten aus Eifersucht getötet, der mit seiner Ex-Frau zusammenlebte.

Viele Emotionen begleiteten den Prozess um einen tödlichen Schaufenstersturz. Nach einem Streit in der Diskothek Checker’s an der Kö hatten zwei junge Männer (23 und 23 Jahre) einen 24-Jährigen durch die Passage verfolgt. Ein Stoß ließ ihn in ein Schaufenster stürzen. Er schnitt sich am Hals und verblutete. Das Urteil: siebeneinhalb Jahre für Körperverletzung mit Todesfolge. Als Angehörige und Freunde des Opfers danach die Angeklagten beschimpften, kam es zum Tumult im Saal.

Schlimme Folgen hatte auch eine Prügelei auf dem Burgplatz. Ein 33-Jähriger, der schlichten wollte, fiel durch einen Faustschlag aufs Pflaster, erlitt einen Schädelbruch. Er überlebte, ist aber nicht mehr arbeitsfähig. Der Schläger (18) und sein Freund (19), der mitgeprügelt hat, wurden wegen schwerer Körperverletzung zu dreieinhalb und zweieinhalb Jahren verurteilt.

Zweimal hatte das Landgericht mit ganz untypischen Drogenschmugglern zu tun: Eine 76-Jährige war als regelmäßige Marihuana-Kurierin zwischen Venlo und Deutschland aufgefallen, hatte so über mehrere Jahre ihre karge Rente aufgebessert. Die Richter verurteilten sie zu zweieinhalb Jahren Haft. Noch länger ins Gefängnis muss ein Ehepaar aus den Niederlanden. Der verschuldete Ehemann (58) hatte sich zum Kokain-Schmuggel aus der Dominikanischen Republik anheuern lassen, seine Frau (56) ihn begleitet. In Düsseldorf wurden sie mit zehn Kilo Koks erwischt. Urteil: fünf Jahre für ihn, drei Monate weniger für sie.

Weitaus geringere Strafen gab es für diverse Betrüger. Zum Beispiel für die drei Männer, die Anlegern rund 15 Millionen Euro für Schatzsuche-Expeditionen aus der Tasche zogen. Sie versprachen, Schiffswracks voller Schätze vom Meeresgrund zu heben. Davon gelang nichts, aber das Geld war weg. Dafür gab es Bewährungsstrafen von anderthalb bis zwei Jahren.

Ihr Geld verloren auch einige Interessenten für ein iPhone. Sie bestellten im Internet, zahlten bei Ankunft des Pakets. Darin war aber kein Smartphone, sondern mal eine leere Bierflasche, mal ein Paket Margarine und auch ein Päckchen Quark. Der vorbestrafte Betrüger (25) bekam zweieinhalb Jahre.

Noch böser enttäuscht wurde ein Internet-Käufer (42), der für 2200 Euro einen Goldbarren bestellte. Er erhielt ein Foto von einem Goldbarren. Der Verkäufer behauptete, das habe doch in der Beschreibung gestanden. Doch das Gericht nannte sein Vorgehen Betrug. Urteil: drei Monate auf Bewährung, 1000 Euro fürs Opfer und zwei Jahre Ebay-Verbot.

Der Betrüger (24), der als Pilot auftrat, hat scheinbar nur genervt. Er tauchte immer wieder in Uniform am Flughafen auf, bis er Hausverbot bekam. Aber dann nutzte er die Uniform, um kostenlos zu tanken und Taxi zu fahren - für mehrere 1000 Euro. Er erhielt ein Jahr auf Bewährung, muss eine Therapie machen.

Nicht Betrug, sondern Abkupfern warf die Firma Dr. Oetker im Puddingstreit dem Discounter Aldi vor. Denn Aldi hatte wie Dr. Oetker einen Pudding produziert, in dem Schokoflecken an ein Kuhfell erinnern. Damit, so die Klage, verletze Aldis „Flecki“ die Design- und Patentrechte von Oetkers „Paula“. Das Gericht verglich die Flecken und befand: keine Verwechslungsgefahr. Schlappe für Dr. Oetker.

Verloren hat auch die Frau (52), die ein Schuhgeschäft verklagte, bei dem sie eine Scheibe mit der Tür verwechselte und buchstäblich vor die Glaswand lief. Sie wollte 4000 Euro Schmerzensgeld für ihre gebrochene Nase, doch das Gericht meinte: selbst schuld.

Auch ein Hotelgast aus Russland blitzte mit seiner Klage ab. Sein Hotel hatte einer Gruppe Geschäftsleute wegen Überbuchung Suiten angeboten, in einer hätten dann zwei von ihnen schlafen müssen. Der Mann lehnte ab: Dann gelte er unter Landsleuten als schwul. Er schlug sich lieber die Nacht im Foyer um die Ohren. 10 000 Euro Schadensersatz wollte er dafür, bekam er aber nicht.

Pech hatte auch die einst männliche Designerin, die nach der Geschlechtsumwandlung einen neuen Nachnamen wollte: Dass die Stadt ihr den Namen „Kö“ verweigerte, sei richtig, bestätigte das Verwaltungsgericht.

Unter falschen Namen existierte wohl auch ein Bild, das bisher als „Immendorff“ galt. Die Witwe des 2007 verstorbenen Malers Jörg Immendorff wollte die Vernichtung des Bildes, weil es eine Fälschung sei. Als ein Gutachter das bestätigte, gab das Gericht ihr im Oktober Recht.

Freier abgezockt

Und noch ein bekannter Name tauchte 2012 öfter vor Gericht auf: Bert Wollersheim. Der Ex-Bordell-Chef soll bei einer systematischen Abzocke von Bordell-Besuchern mitgemacht haben. Dabei sollen Gäste betäubt und ihre Kreditkarten geplündert worden sein. Die Gerichte mussten prüfen, ob U-Haft angemessen ist. Das Landgericht ließ Wollersheim und fast alle anderen Verdächtigen frei, das Oberlandesgericht brachte zwei Hauptverdächtige wieder hinter Gitter. Wollersheim ist weiter auf freien Fuß. Er scheint vorerst entlastet. Genaueres wird der Prozess zeigen, der 2013 zu erwarten ist.