Düsseldorf/Offenbach. Als etwa 1500 Anhänger der Fortuna-Fanszene am Samstag nach 12 Spielminuten die Arena verließen, warfen einige Zuschauer sogar Becher auf sie. Am Montag beschlossen 25 Gruppen, den Stimmungsboykott auch heute Abend beim Pokalspiel in Offenbach fortzusetzen. Ihre Beweggründe und ihre Reaktion auf die Pfiffe vom Samstag.

Die aktive Fanszene von Fortuna Düsseldorf will ihren Stimmungsboykott fortsetzen und die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf auch im Pokalspiel am Dienstagabend in Offenbach nicht wie gewohnt unterstützen: Die sonst so Fanatischen werden 90 Minuten lang keine Fangesänge anstimmen, Fahnen, Banner und Doppelhalter zu Hause lassen. Das haben Vertreter zahlreicher Fangruppen am Montagabend im Haus der Jugend beschlossen.

4500 Fortuna-Fans werden heute Abend am Bieberer Berg erwartet. Ein Großteil von ihnen wird das Spiel schweigend verfolgen. Damit will das bunte Bündnis, dem neben den Ultras Düsseldorf zum Beispiel die Rapper von Der Neue Westen und auch der Dachverband Supporters Club Düsseldorf (SCD) angehören (alle Gruppen: siehe unten), den Protest gegen das verabschiedete DFL-Konzept "Sicheres Stadionerlebnis" und gegen den Fortuna-Vorstand fortsetzen.

Warum die Szene von den Fortuna-Funktionären enttäuscht ist

Was diese Fans so enttäuscht: Viele von ihnen haben sich vor dem DFL-Gipfel in Frankfurt an Arbeitsgruppen ihres Vereins beteiligt, sahen sich im Konsens mit der Vereinsspitze. Denn gegen viele der vorige Woche verabschiedeten Punkte haben sie ebenfalls nichts einzuwenden. Vor allem durch zwei der von den Bundesligavereinen beschlossenen Maßnahmen sehen sie jedoch ihre Fankultur gefährdet: In Zukunft können gastgebende Bundesligavereine selbst entscheiden, ob sie eine Partie als "Risikospiel" einstufen und so das Kartenkontingent für Gästefans reduzieren (Antrag 14). Das würde die "Auswärtsfahrer" – vor allem viele Mitglieder der aktiven Fanszene – treffen. Zudem fühlen sie sich durch die verschärften Eingangskontrollen schikaniert (Antrag 8), fürchten etwa, sich bei "Vollkontrollen" bis auf die Unterwäsche ausziehen zu müssen und der Willkür von Sicherheitsdiensten ausgeliefert zu sein.

Besonders enttäuscht ist die Szene von den Entscheidungsträgern ihres Vereins, die trotz aller Diskussionen allen 16 Anträgen des Konzeptes zustimmten. "Sie hätten ja auch einzelne Punkte ablehnen können", erklärt einer der Boykott-Beteiligten, "oder sich einfach enthalten können. Das wäre uns gegenüber ehrlicher gewesen." In der Stellungnahme der Stimmungsverweigerer liest sich das so: "Für uns ist dieser weitere Boykott die einzig logische und vor allem ehrliche Konsequenz aus den Protesten rund um die 12:12-Kampagne und dem auch von unserem Verein – teilweise entgegen den Ergebnissen der Arbeitsgruppe - beschlossenen DFL-Papier. Die Kritik richtet sich vor allem gegen den Umgang mit Fans, denen weiterhin ein ehrlicher Dialog auf allen Ebenen verwehrt wird."

Zuschauer warfen Bierbecher auf die "Fans, die ihr ihr nicht wollt"

Fortuna-Funktionären wie Finanzchef Paul Jäger und Präsident Peter Frymuths galt entsprechend auch das Transparent, das während des Heimspiels gegen Hannover vorigen Samstag über dem Block 42 wehte: "Schämt euch". Nach 12 Spielminuten und 12 Sekunden hatten etwa 1500 Fans ihre Stehplätze darunter verlassen, einige wenige auch die Südtribüne und ihre Sitzplätze im Oberrang. Die Reaktionen der großen Mehrheit im Stadion, so berichten Beteiligte, hätten viele Fans der aktive Szene bitter enttäuscht: Als Ultras und Gleichgesinnte zum Abschied "Wir sind die Fans, die ihr nicht wollt" skandierten, flogen in einem gellenden Pfeifkonzert sogar Bierbecher auf die Demonstranten. Zehntausende sangen später demonstrativ laut all jene Gesänge, die einst Düsseldorfer Ultras erfunden beziehungsweise eingeführt hatten: "Wir wollten nur friedlich demonstrieren, aber im Stadion waren alle gegen uns." Ein Grund dafür: Viele der neutralen Zuschauer im Stadion kannten die Hintergründe der Aktion gar nicht – auch weil die Szene diese nicht offensiv kommuniziert hatte. Es bleibt der bittere Eindruck einer gespalteten Anhängerschaft.

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Dass die Protestgruppen um die Ultras der großen Mehrheit den Spaß am Spiel nicht nehmen will, geht aus ihrer Stellungnahme hervor: "Wir überlassen auch weiterhin jedem die Entscheidung, wie er mit der aktuellen Situation umgeht. Ebenso fordern wir aber auch nachdrücklich Respekt für unseren Standpunkt ein." Auch die Mannschaft von Trainer Norbert Meier, berichten Szenekenner, sei über die Hintergründe informiert.

Diese Gruppen beteiligen sich an der Fortsetzung des Stimmungsboykotts

Am Stimmungsboykott in Offenbach beteiligen sich: Ultras Düsseldorf 2000, Ultras Block 42, Supporters Club Düsseldorf 2003 e.V., Block 160, Meerbusch-Bonzen, Angry Youth, Alarmstufe Rot, Squadra Unterrath, Red Fire, Division West, Fortuna Metalheads, fortuna-videos.de, Alte Garde, UmbrellaService Crew, Ongerod, Chaoten, TunÄ, Bushwhackers Düsseldorf, 40 Räuber, Der Neue Westen, Bukkake Crew Düsseldorf, StuhGä, Düsseldorf United, Gerresheimer Löwen, Soul City. (pw)