Düsseldorf. .
Düsseldorfs berühmtester Baum steht am Kölner Weg: Die bis zu 200 Jahre alte Himmelgeister Kastanie am Rheinbogen sollte schon öfters der Axt zum Opfer fallen, aber eine Bürgerinitiative rettete den angeblich sturzgefährdeten Baum, dem selbst Orkan Kyrill nichts anhaben konnte.
Heute wagt keiner, dieser wunderschönen Kastanie mit eigener Postanschrift auch nur einen Ast zu krümmen. Sie ist wohlbehütet. Doch vielen ihrer Artgenossen geht es schlecht. So schlecht, dass das Gartenamt bei Neupflanzungen von Straßenbäumen die Kastanie aus der Liste gestrichen hat. Sie verträgt den Großstadtverkehr nicht mehr.
68 926 Straßenbäume weist die neueste Statistik für 2012 auf, die dem Umweltausschuss in der letzten Sitzung vorgelegt wurde. Darunter sind noch etwa 3500 Kastanien. „Und viele sehen nicht mehr gut aus“, bedauert Thomas Eber-hardt-Köster, stellvertretender Leiter des Gartenamtes.
Miniermotte und Bakterien
Kastanien brauchen Platz, brauchen Licht, ihre Wurzeln können sich aber unter dem Asphalt nicht entwickeln, die Baumscheiben sind oft zu klein. Hinzu kommen beträchtliche Schäden durch Streusalz. Straßenschluchten sind denkbar ungünstige Standorte, wissen inzwischen die Fachleute.
Auch andere Straßenbaum-Typen kränkeln. Das Durchschnittsalter in Düsseldorf liegt gerade mal bei 40 Jahren. Der Kastanie wird besonders übel mitgespielt. Die Miniermotte aus Südosteuropa macht sich hier schon seit einem Jahrzehnt über die weißblühenden Rosskastanien her, die früh ihr grünes Kleid verlieren und die vertrockneten braun gewordenen Blätter schon ab August abwerfen.
Gegen die Motte ist bisher kein Kraut gewachsen. Kein Mittelchen hilft - auch Impfungen und das umständliche Verbrennen des abgefallenen Laubes hat nicht wirklich etwas gebracht. „Wir müssen abwarten“, sagt Eberhardt-Köster, der darauf hofft, dass die Motten irgendwann mal ihren Appetit verlieren oder der Baum lernt, damit umzugehen.
Das gilt auch für die neueste Plage: Aus den Nachbarstädten Duisburg, Krefeld und Essen kommen regelrechte Horror-Meldungen über das aggressive Bakterium „Psydomonas Syringae“, das bereits geschwächte Stämme der Rosskastanien attackiert. Ganze Alleen mussten gefällt werden. Auch in Düsseldorf ist das Problem bekannt. „Aber es sind nur einzelne Standorte betroffen“, erklärt Eberhardt-Köster. Die Ruhe vor dem Sturm?
Eberhardt-Köster kann noch keine Prognosen über den künftigen Bakterien-Befall geben. „Wir werden die weitere Entwicklung genau beobachten.“ Das Bakterium selbst kann nicht bekämpft werden. Die Mitarbeiter des Gartenamtes prüfen im Einzelfall, ob der betroffene Baum noch standsicher ist oder aufgegeben werden muss.
Verabschieden wird sich die Stadt von der Kastanie nie. Sie wird neue pflanzen, nur nicht an Straßen, sondern an geeigneten Plätzen in Parkanlagen, wo sie eine bessere Chance zum Überleben haben. Trotz widriger Umstände können Kastanien noch prächtig gedeihen, wenn der Standort stimmt. Das zeigen die stattlichen Exemplare im Zoopark am Affen-Denkmal oder zwischen Hügel und Liegewiese im Volksgarten.
Um den Düsseldorfer Straßenbaumbestand langfristig zu schützen, setzt die Gartenbehörde auf Risikostreuung und wählt für ihre Neupflanzungen möglichst verschiedene Sorten. Monokulturen in ganzen Vierteln könnten fatale Folgen haben. Der Amtsvize: „Wir wollen unterschiedliche Baumarten, um einen Flächenbefall zu verhindern.“
Unter den Düsseldorfer Straßenbäumen gibt es 30 Arten. Laut Statistik über die letzte Pflanzperiode 2011/2012 mussten 238 morsch gewordene Bäume (Stand 1. Juni 2012) aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt werden.