Düsseldorf. Weil sie als Drogenkurierin rund eine Tonne Marihuana aus den Niederlanden eingeschmuggelt haben soll, steht eine 76-Jährige jetzt in Düsseldorf vor Gericht. Die Seniorin, die in der Szene als “Omi“ bekannt ist, soll 180 Touren übernommen haben. An den Kurierjob war sie durch Zufall gekommen.

Eigentlich müsste man sagen, da sitzt eine ganz große Nummer vor dem Landgericht: Rund eine Tonne Marihuana hat die Angeklagte über fünf Jahre aus den Niederlanden nach Deutschland geschmuggelt. Aber die große Nummer ist eine kleine Seniorin, 76 Jahre alt.

Aus Angst vor den Fotografen hat sie sich ein Kopftuch umgeschlungen, eine Sonnenbrille aufgesetzt. Darunter kommt dünnes, braun gefärbtes Haar hervor, braune Knopfaugen, die unsicher umherblicken. Flüssig erzählt sie ihren Lebenslauf: geboren 1936, eins von acht Kindern, Schule, ein Bürojob, Heirat. Sie zieht zwei eigene und zwei Pflegekinder groß. Nach der Scheidung mit 44 Putzjobs. Sie muss mehrmals in eine preiswertere Wohnung ziehen. Zur Minirente erhält sie Wohngeld, hat über 10 000 Euro Schulden.

„Ist das was Verbotenes?“

An ihren Kurierjob kam sie durch Zufall: Nach einem Einkauf in Venlo sei ihr alter Kadett nicht angesprungen. Zwei junge Männer hätten geholfen, ausländisch aussehen, deutsch sprechend. Sie fragten, ob sie mal was für sie tun könne, notierten ihre Telefonnummer. Ein halbes Jahr später riefen sie an.

Sie wurde nach Venlo gebeten. Dort hätten die Männer eine Tüte Lebensmittel und einen Waschmittelkarton in ihren Kofferraum geräumt. „Ich habe mir nichts dabei gedacht“, versichert die Angeklagte. „Ist das was Verbotenes?“, habe sie noch gefragt, die Männer hätten „Nein“ gesagt.

Sie erhielt einen Zettel mit einer Adresse in Bochum, „das war’s.“ Am Ziel habe ein Mann sie gefragt: „Hast du ein Paket für mich?“ Er habe den Waschmittelkarton genommen, ihr 50 Euro gegeben. Die Lebensmittel behielt sie.

Polizei beobachtete einen der Dealer

Nach Wochen kam der nächste Auftrag. Und dann noch viele. Von Drogen sei nie die Rede gewesen. „Sie haben sich doch was gedacht!“, glaubt die Richterin. Da räumt die 76-Jährige ein, einmal habe sie komischen Geruch bemerkt. Die Auftraggeber hätten zugegeben: „Das ist Marihuana.“

Pro Kilo habe sie 100 Euro erhalten, 200 Euro pro Fahrt, manchmal 500. Es meldeten sich weitere Auftraggeber, ihr Deckname in der Szene war „Omi“. Sie fuhr nach Dortmund, Hamburg und Nürnberg. 180 Touren wirft ihr die Anklage vor, mit Ladungen von drei bis acht Kilo. Bei Verkaufspreisen von 8 bis 10 Euro pro Gramm Stoff für rund 8 bis 10 Millionen Euro.

Weil die Polizei einen der Dealer beobachtete, kam sie „Omi“ auf die Spur. Der Prozess geht weiter.