Düsseldorf.. Die Rheinkirmes lockt ab Freitag wieder Millionen Besucher nach Düsseldorf. Nach dem schweren Kirmes-Unfall in Gevelsberg stellt sich die Frage: Wie sicher sind die Karussells? Erst im Vorjahr wurde auf den Rheinwiesen ein Vierjähriger aus einem Kettenkarussell geschleudert. Angst müsse aber niemand haben, sagen die Verantwortlichen in Düsseldorf und verweisen auf hohe Sicherheits-Standards – trotz hoher Sicherheitsstandards bleibe ein Restrisiko, sagt ein TÜV-Sprecher.

Erstaunlich nüchtern betrachten die Verantwortlichen der Düsseldorfer Rheinkirmes wenige Tage vor Beginn der Veranstaltung das schwere Karussell-Unglück in Gevelsberg, bei dem es mehrere Verletzte gegeben hat. Konsequenzen? Fehlanzeige.

Immer wieder ereignen sich auf Kirmesplätzen Unfälle – auch in Düsseldorf: Im vergangenen Jahr rutschte auf der Rheinkirmes ein vierjähriger Junge aus dem Sitz eines Kettenkarussells. Er verlor bei dem Sturz mehrere Milchzähne, zog sich blutige Lippen und Schürfwunden zu und kam zur Behandlung in ein Krankenhaus. Bei diesem Fall lag allerdings kein technischer Defekt vor. Beim Karussell-Unglück in Gevelsberg hingegen schon: Ende Juni waren am Abschlusstag der Kirmes sieben Menschen verletzt worden, zwei von ihnen schwer. Eine der Gondeln des Fahrgeschäfts „Schlager-Express“ hatte sich bei hoher Geschwindigkeit gelöst und war mit einer anderen Gondel zusammengestoßen. Die Ermittlungen zur Unfallursache dauern bislang an.

Wird denn jetzt, nach dem Unglück von Gevelsberg, der Aufbau der Fahrgeschäfte und deren Zustand verstärkt beaufsichtigt? „Die Frage stellt sich uns erst gar nicht“, winkt Michael Frisch vom Presseamt der Stadt Düsseldorf ab, „es wurde immer sorgfältig geprüft“. Verantwortlich für die Kontrolle der „fliegenden Bauten“, so heißen die Fahrgeschäfte offiziell, sei das städtische Bauaufsichtsamt. Dessen Mitarbeiter, so der Sprecher, hätten in der Vergangenheit immer ordentlich kontrolliert.

Achterbahnen werden jährlich, Karussells alle drei Jahre kontrolliert 

Derweil läuft auf den Oberkasseler Rheinwiesen in Düsseldorf der Kirmes-Aufbau auf Hochtouren. Am Freitag, 13. Juli, startet die 111. Auflage des gigantischen Volksfestes, das auch in diesem Jahr wieder schätzungsweise vier Millionen Besucher aus der ganzen Welt in die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens locken wird. Und für ihre Sicherheit ist auch der TÜV verantwortlich.

Die Kirmes-Attraktionen benötigen vor dem allerersten Aufbau und der Inbetriebnahme eine so genannte Ausführungsgenehmigung, die ein Sachverständiger erteilt. Sie ist maximal fünf Jahre gültig. Danach steht eine "Verlängerungsprüfung" an: Ähnlich wie ein Auto muss ein Kirmes-Karussell auch regelmäßig zum TÜV – Achterbahnen werden jährlich kontrolliert, große Riesenräder alle zwei Jahre und Kettenkarussells alle drei Jahre. „Wer in ein geprüftes Karussell oder eine geprüfte Achterbahn steigt und die Benutzungshinweise beachtet, genießt ein sicheres Vergnügen“, sagt Frank Ehlert vom TÜV Rheinland. „Wir prüfen auf einem sehr hohen Niveau, doch ein Restrisiko kann niemals völlig ausgeschlossen werden.“

"Völlige Sicherheit kann es bei Großveranstaltungen niemals geben"

Wie sicher sind also die Karussells der Republik? „Sehr sicher. Niemand braucht Angst haben, ein Fahrgeschäft zu besteigen“, sagt Bruno Schmelter vor dem Start der Rheinkirmes. Doch was sollte der Mann auch sonst sagen? Schließlich ist er der Chef des Düsseldorfer Schaustellerverbandes und somit Sprachrohr einer Branche, die es vielerorts nicht einfach hat.

Dass es zu dem Gevelsberger Unfall kam, weiß Schmelter schon vor der endgültigen Aufklärung des Falls, sei auf höhere Gewalt zurückzuführen. „Niemand hätte das verhindern können.“ Härtere Kontrollen der Fahrgeschäfte seien laut Schmelter auch gar nicht notwendig: „Wir haben in Deutschland bereits die höchsten Sicherheitsstandards der Welt.“ Die Schausteller, so deren Chef, lassen ihre Fahrgeschäfte von den Inspektoren übrigens gerne kontrollieren - nicht ohne Grund: „Das bedeutet schließlich auch für uns mehr Sicherheit.“

Neues Sicherheitskonzept nach Loveparade-Katastrophe

Veranstaltet wird die Rheinkirmes vom „St. Sebastianus Schützenverein 1316 e.V.“. Deren erster Chef Lothar Inden berichtet, dass bei dem Volksfest „alles Menschenmögliche getan werde, um die größtmögliche Sicherheit der Besucher zu gewährleisten“ – nicht nur in Bezug auf die Technik der Fahrgeschäfte. Nach der Duisburger Loveparade-Katastrophe am 24. Juli 2010, bei der 21 Menschen ums Leben kamen, sind die Sicherheitsanforderungen für Großveranstaltungen in NRW bereits deutlich verschärft worden.

Im Vorjahr fand das neue Sicherheitskonzept auf den Rheinwiesen in Düsseldorf erstmals Anwendung. „Und es hat sich bewährt“, sagt Inden. „Gravierende Änderungen wird es daher in diesem Jahr nicht geben.“ Dennoch flössen Erfahrungen aus 2011 in das Konzept ein. So werde es etwa kleinere Veränderungen bei der Besucherstrom-Führung geben, damit Engpässe auf dem Kirmesgelände zusätzlich entschärft werden. „Eigentlich dürfte nichts passieren“, sagt der erfahrene Veranstalter. „Doch völlige Sicherheit kann es bei Großveranstaltungen niemals geben.“