Der Kampf gegen die Jugendkriminalität stellt die Polizei vor eine Herkules-Aufgabe.
Eine Trendwende konnte bisher nicht erzielt werden, Polizeipräsident Herbert Schenkelberg hat dieses Thema deshalb ganz oben auf seine Prioritätenliste gesetzt. Jeder siebte Düsseldorfer Jugendliche kam 2008 mit dem Gesetz in Konflikt. Besonders auffällig: Mehr als jeder dritte Tatverdächtige, der einen Raubüberfall im öffentlichen Raum begangen haben soll, war jünger als 18 Jahre.
Die Gesamtzahlen sind nahezu unverändert hoch: Im vergangenen Jahr gerieten 605 Kinder und 2276 Jungen und Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren unter Verdacht, eine Straftat begangen zu haben.
Dass Kinder zu mehr Gewalt neigen, lässt sich aus der Kriminalitätsstatistik allerdings nicht ablesen. Der Überfall von drei unter 14-Jährigen auf ein 85-jähriges Opfer im vorigen Jahr war ein Einzelfall. Kinder werden meistens bei Diebstählen in Kaufhäusern und Läden ertappt.
Anders die Entwicklung bei Jugendlichen: Abzocke, Gewalt und der Griff zu Drogen sind ernstzunehmende Phänome. Gegen 223 Jugendliche wurde wegen Rauschgiftdelikten und gegen 370 wegen Gewalttaten ermittelt.
Das Polizeipräsidium baut seit Jahren ein Programm aus, um gegenzusteuern. Der „Eingreiftrupp Jugend” hat seit 2004 besonders auffällige Minderjährige im Visier. Junge Täter, bei denen Wiederholungsgefahr droht, werden mit Gelbe-Karten-Aktionen abgeschreckt, besonders schwierige Fälle in sogenannten „Fallkonferenzen” behandelt.
Immerhin gibt es hier erste Erfolge: Die Zahl der jungen Leute, die innerhalb von zwölf Monaten mehr als fünf Taten verübt hatten, ging zwischen 2006 und 2008 von 386 auf 249 zurück, die der Serientäter, die auch vor Gewalt nicht zurückschreckten, von 93 auf 71 zwischen den Jahren 2007 und 2008.
Auf diesem Kurs will die Polizeispitze weiter steuern. Die Diversionstage (Gelbe Karte) werden inzwischen regelmäßg im gesamten Stadtgebiet organisiert: in der Inspektion Benrath an der Börchemstraße, in der Polizeidienststelle Karl-Rudolf-Straße (Mitte) und seit letztem Jahr auch in der Inspektion Nord an der Wilhelm-Raabe-Straße. Dort setzen sich Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe mit den Ertappten zusammen, um ihnen die Konsequenzen für strafbares Handeln klar zu machen.
Es ist der berühmte „Schuss vor den Bug”, betont Polizeisprecher Wolfgang Wierich. In vielen Fällen müssen die Jungen und Mädchen als Strafe Arbeitsstunden in einer sozialen Einrichtung leisten, manche kommen auch mit einer Verwarnung davon.
Die Polizei hat diese Aktionen ausgeweitet. Wurden 2006 noch 20 mutmaßliche Wiederholungstäter zu den Diversionstagen vorgeladen, so waren es im letzten Jahr schon 132. Von denjenigen, die vor einem Jahr oder länger dabei waren, sind immerhin fast 40 Prozent seitdem „nicht mehr aufgefallen”, berichtet Frank Schier von der Führungsstelle des Präsidiums. „Wir können keine Wunder bewirken, aber das ist mehr, als wir erwartet haben.”
Das zweite Projekt, die Fallkonferenz, ersetzt kein Gerichtsverfahren. In diesem Gremium suchen Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe für gewalttätige Intensivtäter, die immer wieder straffällig werden, nach einer individuellen Lösung, um ein weiteres Abdriften in die Kriminalität zu verhindern, die Rückkehr in den Schulalltag zu erleichtern, Konflikte in der Familie zu lösen. 20 Täter wurden seit Mai 2008 in diesem Programm intensiv betreut. Bei immerhin sechs Deliquenten kann die Polizei inzwischen eine positive Prognose aufstellen. Sie sind nicht mehr durch weitere Straftaten aufgefallen.