Düsseldorf. .

Nicht erst seit gestern heißt es in NRW: Kreativität statt Kohle. Doch Kreativität soll auch Kohle im übertragenen Sinne bringen. Und da fangen sie schon an die „wicked problemes“, ein Begriff eines Stadtplaners und Designers für die vertrackten, scheinbar unlösbaren Existenzfragen unserer Zeit in unserem Land.

Das verlangt nach neuem Denken, und das ist „notwendig komplex“, sagt Holm Friebe, Geschäftsführer einer Zentralen Intelligenz Agentur in Berlin. Er hat sich jetzt mit einem Dutzend Experten Zukunfts-Szenarien für die Kultur- und Kreativwirtschaft in NRW ausgedacht. Das Ganze nennt sich „Creative NRW“. Das soll eine Marke werden für die Kultur- und Kreativwirtschaft an Rhein und Ruhr. Dafür gibt das Land Kohle, sprich Geld (aus), 1,8 Millionen Euro, verteilt über drei Jahre.

Düsseldorf als Oberzentrum

Früher hatte man Kumpel, unter Tage und auch als überirdische Kumpane. Heute heißt das Cluster und meint damit kommerzielle(s) Klammern, durchaus über den Pott-Rand hinaus, überregional, europa- ja, warum nicht auch weltweit?

Beispielsweise das „Modecluster“, Dafür steht Düsseldorf als Oberzentrum, auch wenn seine Modemesse mächtig an Bedeutung verloren hat. Außerdem zählt Düsseldorf neben Köln und Berlin zu den Hochburgen des nationalen und internationalen Kunstmarktes. Auch die Werbewirtschaft ist in der NRW-Metropole stärker vertreten als anderswo. Und da gibt es bereits jede Menge sogar branchenübergreifende Ideen, erklärt Werner Lippert, Chef des NRW-Forums und neben Designer Christian Boros einer der Clustermanager in der NRW-Initiative: „Co-Working wird im ehemaligen Grey-Gebäude an der Corneliusstraße betrieben.“ Das ist so ein Zwischending zwischen angestellt sein und Heimbüro. Man mietet sich einen Solo-Arbeitsplatz und ist doch nicht allein und kann nebenbei noch Netzwerke spinnen.

Die Kohle des 21. Jahrhunderts

Am neuen Grey-Standort, dem „Platz der Ideen“ in Derendorf - um den sich auch andere kreative Waben bilden, eine davon ist die AMD-Modeschule - finden bereits Twitter-Treffen statt. Irgendwie auch tröstlich, dass die neue virtuelle Gesellschaft auf Dauer doch alte haptische Reize braucht.

Also Clustern statt Klotzen? Dafür haben die geförderten und damit geforderten Clusterer vier Szenarien ausgebrütet, die die Kultur- und Kreativwirtschaft in NRW 2020 aufblühen lassen sollen: Da wäre das Co-fabbing (siehe alte Grey-Adresse) mit dem Anspruch „Baut kleine geile Firmen“. Dann das Szenario Closed Shop. Gemeint ist eine Renaissance kleinteiliger Manufakturproduktion. Das dritte Szenario nennt sich Clone Culture und widmet sich einer „globalen Aufmerksamkeitsökonomie“. Motto: „Patente, Geschmacksmuster und Copyrights sind die Kohle des 21. Jahrhunderts“. Das vierte Szenario, genannt „Cloud Sourcing“, bezieht sich auf die vermeintliche Intelligenz des Schwarms, quasi ein reales Wolkenkuckucksheim. Motto: „Der Himmel über Rhein und Ruhr hängt voller Daten“.

Es tut sich also was in Düsseldorf und auch drum herum. Immerhin sind in Nordrhein Westfalen 203 000 Menschen in etwa 50 000 Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft beschäftigt. Der Gesamtumsatz dieses Wirtschaftszweiges wird auf über 36 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

Die Sache mit dem Normalzustand

Meist sind es kleine Unternehmen, im Schnitt kommen auf eines 3,5 Arbeitsplätze. Wie viel der Einzelne damit verdient und ob er/sie davon leben kann, verschweigt die Statistik. Man muss natürlich klein anfangen. Und schlau. Friebe: „Man kann billig wohnen, vielleicht in Marxloh, aber dort verkaufen, wo das Geld ist, etwa in Stuttgart.“

Für solche Vorhaben will das Clustermanagement Creative. NRW ein Unterstützungsnetzwerk aufbauen und sich selbst als lizenzpflichtige Marke etablieren. Dabei bedient es sich allerdings (noch) einer ziemlich verquasten Sprache, was vielleicht daran liegt, dass die Akteure „nicht mehr exklusive Zirkel professioneller Entwickler, sondern hybride Gemeinschaften“ sind, „in denen sich Experten- und Laienwissen mischen“. Da wird „die Betaphase zum Normalzustand“, nehmen „neue Formate des Austausches wie reale Barcamps und virtuelle Gemeinschaften eine Schlüsselrolle ein“, entwickeln sich „neue territoriale Gewohnheiten, die Standorte neu definieren.“

Alles Cluster. Alles klar? Egal. Hauptsache, es kommt was dabei raus. Vielleicht ein Mini-Job für einen kreativen Übersetzer in eine klare(re) Sprache.

Also, dann mal ran, Kumpel!