Düsseldorf. .

Klassischer Tanz und Hip Hop? Lässig lümmelnde Jungs, die mal so eben Pirouetten auf Kopf, Schultern oder gestählten Oberarmen drehen - was haben sie gemeinsam mit hehrer Ballerinen-Kunst?

Wenig, zumindest tanzt die Compagnie Révolution weder auf Spitzenschuhen noch mit Tütüs. Aber die Ästhetik und technische Brillanz, mit der sie schwebende Körperbilder auf die Bretter bringen und dabei spontan bleiben, betören nicht weniger als Klassisches Ballett. Immerhin „Urban Ballet“ heißt die Show, mit der zehn Athleten aus Bordeaux bei ihrem ersten Auftritt in Deutschland mit Ovationen gefeiert wurden – im Theaterzelt des Altstadt-Herbstes.

Straßen- und Hochkultur

Mal wieder beweist das Macher-Duo Oxenfort/Dahmen eine Spürnase für innovative Trends auf dem internationalen Tanzmarkt. HipHop-Experimente kommen meist aus Frankreich, so Andreas Dahmen. Denn bei unseren westlichen Nachbarn werden Projekte von Straßen- und Hochkultur in größerem Rahmen organisiert und gesponsert. So beweisen auch die zehn Athleten aus Bordeaux unter ihrem Choreographen Anthony Egéa, wie stilsicher sie mit erhabener Barockmusik eines Vivaldi in großes Drama und Modern Dance umsetzen können. Oder mit Ravels Boleros als disziplinierte Truppe antreten, deren Boden-Bewegungen manchmal an Synchronschwimmer erinnert. Elegant und selbstverständlich zucken ihre biegsamen Körper dann zu Elektro-Pop-Rhythmen oder Staccato-Techno.

Der Reiz dieser Show liegt in den in 60 Minuten flutenden Bildern: Wie ein Bildhauer formen sie fließende Skulpturen aus ihren Leibern. Sind es zwei, drei, vier Tänzer? Oder die ganze Gruppe, die da in einem Knäuel von Gliedmaßen wimmelt? Bein, Rücken, Bauch oder Arm? Die Konturen verschwimmen. Bis zum Schluss lässt Urban Ballet offen, wohin die Truppe verschwinde, wenn am Ende nur ein Paar übrigbleibt.

Neuartig und zukunftsweisend - genauso wie Andrés Marin, der in den kommenden Tagen im Konzertzelt den Beweis dafür antritt, dass sich moderner Flamenco von Rüschen und Kastagnetten-Klischees befreit hat. Der aus Sevilla stammende Tänzer, der schon einmal, im Frühjahr, seinen Zukunftsflamenco im Tanzhaus demonstrierte, tritt mit einer traditionellen Musik-Combo und seiner Tänzer-Kollegen Concha Vargas auf. Schnörkellos, bis in die letzte Faser seines Rumpfes gespannt und gebogen, so kämpft Andrés Marin mit Gefühlen. Ohne Glamour und ohne die berühmten Qualm- und Knalleffekte der bei Spanien Touristen so beliebten Flamenco-Shows.

Das Spannende: Er liebt zwar seine kulturellen Wurzeln und die Tanztradition seines Landes, bricht sie aber ständig und sorgt für verblüffende Bilder.