Düsseldorf. .
Man stapelt selten tief in Schaustellerkreisen: „Der totale Wahnsinn - bis zum Verlust der Muttersprache”, tönt es aus den Lautsprechern am Fahrgeschäft mit dem beeindruckenden Namen „Booster Maxxx Mega G4”.
55 Meter lang ist die Achse, an deren Enden die Gondeln rasant in Richtung Himmel geschleudert werden. Das große Karussell ist eines der zahlreichen Fahrgeschäfte, für die jetzt auf der mittlerweile 109. Rheinkirmes der Startschuss fiel.
„Wow, das
war super!“
„Do it, do it, do it...”, fordert die Lautsprecher-Stimme in kirmestypischer Echo-Manier ein letztes Mal zum Mitfahren auf. Mit Erfolg, die Gondeln füllen sich, es kann losgehen. Nach knapp drei Minuten Magenschütteln geht es für die Passagiere wieder zurück auf festen Boden. „Wow, das war super”, findet Peter Mühlenbroich aus Grevenbroich, der den irren Trip zusammen mit Sohn Niklas gewagt hat. Der 12-Jährige freut sich wie ein Honigkuchenpferd, wartet er doch schon seit Jahren darauf, endlich auf die richtig schnellen Geräte zu dürfen. Ein paar hundert Meter weiter ein Déjà-vu: Bei der angepriesenen Weltneuheit „Rocket” dreht sich gar nichts - technische Schwierigkeiten; schon im letzten Jahr startete eine „Weltneuheit”, der „Tower” mit Verspätung. Beginn einer neuen Tradition? Mitnichten, nach wenigen Minuten war auch die Technik wieder ein Kirmes-Freund.
Verlass ist auf das neue 60 Meter hohe Riesenrad „Expo Star”. Langsam schweben die Gondeln aus dem Kirmesgewusel hinauf in luftige Höhen, der Welt entrückt bietet sich dem Fahrgast am Scheitelpunkt ein fantastischer Blick: Von hier oben wirkt der 165 000 Quadratmeter große Platz wie ein eigenes Dorf, eine Art Schlaraffenland, mit den mehr als 330 Buden, Zelten, Fahrgeschäften. Und während OB Dirk Elbers Samstag am Festzelt die Kirmes um Punkt 15 Uhr offiziell eröffnet, füllen sich die Gassen zwischen den Buden immer mehr. Kein Wunder, das Wetter ist nahezu perfekt, findet auch Studentin Hannah, die aus Heidelberg angereist ist, „um die Familie zu besuchen”. Mit voller Gebrannte-Mandeln-Tüte in der Hand wartet sie vor dem Kirmes-Klassiker „Break Dance”, gemeinsam mit Freundin Anna, die pünktlich zum Schützenfest aus Bremen in ihre alte Heimatstadt gekommen ist. „Break Dance muss sein, den fand ich schon super, als ich zehn war”, verrät die 25-jährige Hannah. Danach wollen beide noch schnell was essen. Gute Idee, erst rasantes Fahrvergnügen, dann feste Nahrung. Da ist die Auswahl schier unbegrenzt. Vom Kokosnuss-Viertel über die obligatorische saure Gurke bis zum Bratwürstchen - Durchschnittspreis 2,50 Euro - ist alles dabei.
Apropos Bratwurst: Ein spezieller Gaumenkitzler ist in diesem Jahr erstmalig die Killepitsch-Wurst in der Alpenwelt, die als Kulinarien-Caret das französische Dorf abgelöst hat. „Die Idee dazu hatte Peter Busch schon vor gut einem Jahr in den USA”, erklärt Restaurant-Chef Holger Berens, der die Wurst mitentwickelt hat. Eine Schnaps-Idee? Keineswegs, nach dem ersten, zugegebenermaßen skeptischen Biss in das lange Rund wird klar: Das Teil schmeckt tatsächlich super, dezent legt sich das Killepitsch-Aroma auf die Geschmacksknospen. Alkohol enthält die Kräuter-Wurst übrigens nicht, so Berens.
Es geht gegen Abend, in den Bierzelten wird es immer voller. Durchschnittlich 1,60 Euro zahlt man dort für 0,2 Liter Alt. Inzwischen invadieren die ersten Junggesellenverabschieder die Szene, die harmlosen Flanierern Kondome oder Feuerzeuge andrehen wollen.
Alles in allem ist am ersten Kirmestag von Wirtschaftskrise wenig zu merken - die größte Kirmes am Rhein will sich niemand entgehen lassen und so kamen schon am ersten Wochenende 1 Million Besucher.