Düsseldorf. Schlechte Rezensionen werden etwa als „Druckmittel“ benutzt, berichten Gastronomen. Sie empfehlen bei Unzufriedenheit direktes Ansprechen.
Wer heute Abend ein neues Restaurant ausprobieren will, muss das längst nicht „auf gut Glück“ tun. Auf Google schmücken Gastronomien in Düsseldorf und anderswo längst Sterne-Bewertungen. Die Sterne vergeben Nutzer mit ihren Rezensionen – alle mit einem Google-Account können ihren „Senf“ abgeben. Was für Gäste Transparenz verspricht, kann für Gastronomen sehr ärgerlich sein.
Inhaber können kaum reagieren
„Es ist nicht fair“, sagt Giuseppe Saitta zum Google-Bewertungssystem. „Denn als Restaurant-Betreiber kann man nicht darauf antworten, nichts richtigstellen.“ Der Dehoga-Nordrhein-Vorsitzende und in Düsseldorf bekannte Gastronom schließt mit seinen Oberkasseler Lokalen auf Google zwar gut ab. Doch auch er habe Erfahrungen mit Bewertungen gemacht, die Unwahrheiten behaupteten. „Von Gästen, die wegen irgendetwas anderem unzufrieden sind – weil sie nicht ihren Wunschplatz bekamen oder vielleicht einfach schlechte Laune haben – aber dann deswegen das Essen schlecht bewerten, obwohl der Teller leer zurückkam.“ Auch von Branchenkollegen kenne er solche Geschichten. Manche Online-Kommentare gingen bis zum Rufmord, sagt er – tun könne man als Gastronom dagegen aber wenig. „Es kommt mittlerweile auch vor, dass Gäste die Bewertungen als Druckmittel nutzen“, berichtet er. Er lese heute keine der Rezensionen auf der großen Suchplattform mehr, sagt Saitta.
„Klar beobachtet man die Google-Bewertungen“, sagt dagegen Patrick Ogiermann, der die Kasematten am Rheinufer leitet, zu denen etwa „Gosch Sylt“ und das „Frankenheim Bistro“ gehören. Bewertungen können hilfreich, aber auch sehr ärgerlich sein, erklärt er. Letzteres nämlich dann, wenn Gäste vor Ort keinen Ton darüber sagen, womit sie unzufrieden sind, um dann zu Hause sehr schlechte Bewertungen in die Tasten zu hauen. Dann könne das Restaurantpersonal nur leider nichts mehr „glattbügeln“, sagt der Kasematten-Leiter. „Wir haben ein offenes Ohr. Wenn es Fragen oder ein Problem gibt, sprechen kann man uns ansprechen.“ Dann könne man im konkreten Fall vor Ort eine Lösung finden und habe unter Umständen auch als Gastronomie die Möglichkeit, sich zu verbessern.
Michael Schnitzler, Geschäftsführer der Uerige Hausbrauerei in der Altstadt, ist „kein Fan“ von Social Media im Generellen, sagt er. „Man guckt mal, was in den Bewertungen so drinsteht, und versucht, Sachen möglichst im direkten Austausch zu klären. Meistens klappt das ganz gut!“ Von Gästen wünsche er sich, dass sie, falls es Fragen oder ein Problem gibt, am besten direkt Personal ansprechen, oder eine Mail an das Uerige senden, darauf könne meistens schnell reagiert werden.
Bewertungen als „Rache“
Auch Walid El Sheikh, Sprecher der Altstadtwirte und selbst Inhaber mehrerer Lokale, hat mit den Bewertungen schon negative Erfahrungen gemacht. Etwa bei stark alkoholisierten Gruppen, die an seiner Bar Sir Walter abgewiesen werden mussten und das nicht akzeptieren wollten: „Wenn es eine homogen deutsche Gruppe ist, dann ist man der ‘Ausländerladen’. Wenn es eine Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund ist, dann ist man der ‘Nazi’. Wenn es eine reine Frauengruppe ist, ist man ‘Sexist’ und reine Männergruppen beschweren sich, Männer seien wohl nicht willkommen.“ Als Gastwirt sei man dem ausgeliefert. „Schlechte Google-Bewertungen sind die ’Rache des kleinen Mannes’“, sagt er. Schaden tun sie vor allem den Geschäft mit Gästen, die nicht aus Düsseldorf kommen.
Löschungen seien nur möglich, wenn etwa eindeutige Beleidigungen gepostet wurden – und da nur mit anwaltlichen Schreiben, berichtet El Sheikh. Über den Support reagiere Google kaum. Ein Fortschritt wäre es, wenn man Bewertungen nicht mehr anonym verfassen könnte, denkt er. Bisher bestehen sie vor allem aus den extrem negativen Kommentaren – und den positiven, um die man Gäste aktiv bittet, sagt er. „Differenziert ist da gar nichts.“
Bei der Stadttochter Düsseldorf Tourismus (DT) orientiert man sich neben Netz-Trends allerdings auch an Google-Bewertungen, erklärt Franziska Vogel von DT. „Leute informieren sich oft schon vorher über die Städte, die sie besuchen und schauen dabei auch auf diese Bewertungen.“ DT beobachtet, was im Internet beliebt ist, und was in der Außendarstellung Düsseldorfs herausgestellt werden könnte – auch Gastronomien standen auf dem DT-Blog schon im Scheinwerferlicht. „Beliebtheit spielt dabei eine Rolle, aber auch, was typisch Düsseldorf ist“, so Vogel.