Düsseldorf. Bündnismitglieder wollen mit einer Veranstaltung zur Wohnungspolitik der österreichischen Hauptstadt auch Impulse für Düsseldorf setzen.
Klotzig wirkt das leerstehende alte Telekomgebäude an der Sohnstraße in Düsseldorf-Düsseltal, vor dem sich am Donnerstagmittag Aktive des Düsseldorfer Bündnisses für Bezahlbaren Wohnraum sowie Vertreter des Mietervereins Düsseldorf und Verdis in Stellung bringen. „Hier könnten längst bezahlbare Wohnungen stehen“, so ihre Botschaft. Stattdessen sei das Gebäude zu einem Negativbeispiel dafür geworden, was passiere, wenn sich die Stadt beim Wohnungsbau auf renditeorientierte Investoren verlasse, erklärt Bündnissprecher Helmut Schneider.
Aktivisten erwarten „Hängepartie“ um Grundstück
Schon seit 2017 ist das große 70er-Jahre-Bürogebäude nicht mehr in Benutzung. Sichtlich wird es allerdings weiterhin gärtnerisch hübsch gehalten, bemerkt Schneider. Denn die Telekom sucht weiterhin einen Investoren für das Gelände – bisher wohl vergebens. Einen freiraumplanerischen Wettbewerb der Bezirksvertretung 2 (BV) für ein urbanes Quartier auf dem vier Hektar großen Grundstück gewann im Januar 2022 ein Entwurf der Büros HPP und Brandenfels.
Dieser wurde der Stadt Düsseldorf dann von der BV 2 für Verhandlungen mit möglichen Investoren empfohlen. Mehr als 600 Wohnungen könnten nach dem Entwurf dort entstehen, weisen Bündnisaktive hin. Doch passiert ist bisher nichts. Die Telekom möchte das Gelände doch auf einen Schlag veräußern – zwischenzeitlich gab es die Idee, das Gelände Stückchenweise zu verkaufen, um für Investoren attraktiver zu sein. „Was die Motive der Telekom bei dieser Entscheidung waren, ist uns ein Rätsel“, so Schneider. Große Nachfrage nach derartigen Grundstücken gebe es gerade einfach nicht. Er rechnet für die nächsten Jahre mit einer „Hängepartie“ um das Düsseltaler Grundstück.
Stadt hat bei dem ehemaligen Telekom-Gebäude keine Handhabe
Eine konkrete Handhabe, damit dort so bald wie möglich Wohnungen entstehen, habe die Stadt nicht. „Die Stadt hat hier kein Vorkaufsrecht“, fügt Mietervereinsvorsitzender Hans-Jochem Witzke hinzu. Höchstens könne Düsseldorf versuchen, die Telekom davon zu überzeugen, eine Zwischennutzung zuzulassen – etwa zur Unterbringung von Geflüchteten, schlägt Witzke vor. Doch sie gehen nicht davon aus, das eine solche Zwischennutzung gewünscht ist – denn ohne ist die Immobilie zum Verkauf attraktiver, so wie es auch auf vermiete Wohnungen zutreffe.
Kommunale Wohnungspolitik geht auch besser, sagen die beiden. „Wir fordern von der Stadt mehr Bodenvorratspolitik und, dass sie selbst in den Wohnungsbau einsteigt“, sagt Schneider. Witzke schlägt einen revolvierenden Grundstücksfond vor, mittels dem Projekte dann über die Erlöse bereits fertiger Projekte, etwa über die Mieten gebauter städtischer Wohnungen, dauerhaft refinanziert werden können. Klar ist für Witzke wie für Schneider: Ein Jahrzehnt Immobilienboom habe die Wohnraumknappheit in Düsseldorf und ähnlichen Städten nicht behoben, sondern verschärft. „So etwas wie Wohnen gehört nicht als Ware auf den Markt“, sagt Schneider.
„Was kann Düsseldorf von Wien lernen?“
Ein Beispiel für erfolgreiche kommunale Wohnungspolitik findet sich in der österreichischen Hauptstadt Wien, erklären die Bündnismitglieder. Ganze 60 Prozent der Mietwohnungen werden dort dauerhaft sozial gefördert und mehr als ein Viertel des Wohnungsbestandes besteht aus städtischen Gemeindewohnungen. „Keine andere Stadt in Europa besitzt so viel Wohnraum, der dem Zugriff des freien Marktes entzogen ist“, so Schneider. Schon lange beschäftigen sich die Aktiven des Bündnisses auf der Suche nach Alternativen der kommunalen Wohnungspolitik mit Wien.
Seit einem Dreivierteljahr bereitet sie dazu eine Veranstaltung vor, die in der kommenden Woche endlich stattfinden kann: Zu einem Vortrags und Diskussionsabend unter dem Titel „Was kann Düsseldorf von Wien lernen?“ ist mit Christian Schtantl ein Vertreter der Stadt Wien eingeladen, genauer der kommunalen Hausverwaltung Wiener Wohnen. Der weit angereiste Gast soll Rede und Antwort stehen rund um die Wiener Wohnungspolitik und was andere Städte davon lernen können.
Der Abend findet am Dienstag, den 17. Oktober, im Forum Freies Theater (FFT) im KAP1 statt. Rund 100 Gäste haben im Publikum Platz, kündigen die Veranstalter an, zu denen das Wohnraumbündnis, der Fachbereich Architektur der Hochschule Düsseldorf, das FFT, Arbeit und Leben NRW, der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, der Mieterverein und Verdi gehören.