Düsseldorf. Am Samstag startet das Sportevent in Düsseldorf. Friedensaktivisten und Verbände haben ihren Protest vor dem Rathaus bereits angekündigt.

Am Samstag, 9. September, starten in Düsseldorf die Invictus Games, bei denen verwundete Soldaten aus 21 Ländern in sportlichen Wettkämpfen antreten. Jahrelang war dieses Ereignis in Vorbereitung, bereits der vormalige Oberbürgermeister Thomas Geisel war 2020 nach London gereist, um die Bewerbung Düsseldorfs als Austragungsort zu präsentieren. Doch die Spiele stießen und stoßen im Stadtgebiet nicht nur auf Begeisterung.

Linke-Ratsfrau Marmulla: „Imagekampagne“ für die Bundeswehr

„Die Invictus Games sind eine Veranstaltung, die als klares Ziel formuliert, die Streitkräfte und andere uniformierte Kräfte sichtbar zu machen“, sagt Ratsfrau Julia Marmulla, Sprecherin der Linken-Ratsfraktion. Eine „Imagekampagne“ für die Bundeswehr, findet sie. „Wir sind für eine friedliche Außenpolitik, da steht eine Heroisierung von Streitkräften diametral gegenüber.“ So weit, dass die Spiele auch den Krieg glorifizieren würden, gehe sie mit ihrer Kritik allerdings nicht, stellt Marmulla klar.

Die Veranstalter versuchten, die Spiele unter dem Gesichtspunkt der Inklusion zu bewerben, sagt die Linkenpolitikerin, doch das überzeuge sie nicht. Sie und die Linken-Fraktion seien dafür, Parasport sichtbarer zu machen – doch es gebe auch andere Wettbewerbe für Paraathleten, die eine eindeutig friedliche Botschaft haben. So etwa die Paralympischen Spiele, die immer im Anschluss an Olympiaden stattfinden, aber auch die Special Olympics World Games, die in diesem Jahr in Berlin abgehalten wurden, erklärt Marmulla. „Wir sind dafür, entsprechende Wettbewerbe zu fördern, zum Beispiel durch Imagekampagnen oder eine Stärkung der dahinterstehenden Organisationen“, so die Linken-Politikerin.

Friedensaktivist: „Spiele normalisieren Kriege“

Ihren Widerspruch gegen die Invictus Games wollen einige Friedensaktivisten auch vor das Rathaus tragen. Lukas Bäumer, der als Sozialarbeiter beim Verein Housing First Düsseldorf arbeitet, gehört dazu: „Es hat uns maximal irritiert, dass die Spiele in Düsseldorf stattfinden sollen.“ Denn die Spiele normalisierten Kriege und heroisierten Soldaten, findet Bäumer.

Im Sinne einer „radikalen Friedenspolitik“ seien er und seine Mitstreiter aber dafür, dass es gar keine Kriege mehr geben solle: „Kriege sind keine heldenhafte Tat. Auf allen Seiten gibt es nur Verliererinnen und Verlierer.“ Und viele Betroffene kämen bei den Invictus Games nicht vor, kreidet er an: „Kein Wort wird verloren über die Zivilisten, die 90 Prozent aller Getöteten und Verletzten von Kriegen sind.“ Auch kritisieren die Aktivisten in diesem Zusammenhang, dass sich einige Angebote rund um die Invictus Games direkt an Schülerinnen und Schüler richten.

Die Kritik richte sich nicht an die Sportler, sondern an die Organisatoren, betont der Sozialarbeiter. Hinter Kriegen stehen wirtschaftliche und geopolitische Interessen, sagt Bäumer, und neben politischen Entscheidungsträgern sieht er auch bei der Rüstungsindustrie eine Verantwortung. Dass mit Boeing und Lockheed Martin zwei der größten Rüstungsproduzenten der Welt unter den Sponsoren sind, finde Bäumer deswegen zynisch.

Kundgebung vor dem Rathaus

Während am 9. September im Rathaus Prinz Harry, Initiator und Schirmherr der Invictus Games und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius empfangen werden, wollen Bäumer und seine Mitaktivisten daher auf dem Marktplatz eine Kundgebung unter dem Motto „Kein Werben für’s Sterben“ abhalten. Dabei sollen dann auch zivilgesellschaftliche Gruppen sowie Die Linke vor Ort sein.

Die Düsseldorfer SPD-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Zanda Martens denkt nicht, dass die Invictus Games, den Krieg normalisieren. „Nicht nur Soldatinnen und Soldaten nehmen daran Teil, sondern etwa auch im Dienst verwundete Feuerwehrleute“, betont sie. Und: „Ich glaube nicht, dass durch das Sponsoring der Rüstungsbetriebe die Invictus Games diskreditiert werden.“ Denn letztlich gehe es um Menschen, die durch Kriegshandlungen zu Schaden gekommen sind. „Sie stehen im Mittelpunkt, sie werden gewürdigt“, so Martens. „Ich möchte auch die Paralympischen Spiele und die Invictus Games nicht gegeneinander ausspielen“, sagt die SPD-Frau zum Einwand, dass es auch andere paraathletische Veranstaltungen gebe, die man fördern könnte.

„Die Invictus Games haben gut daran getan, auch Menschen aus der Feuerwehr aufzunehmen“, meint auch SPD-Ratsfraktionsvorsitzende Sabrina Proschmann. Dadurch bekommen die Spiele einen breiteren Fokus. „Ich muss auch sagen, wenn man Menschen in den Krieg schickt, und das tun wir nun einmal, dann muss man sich danach auch ordentlich um sie kümmern.“ Die Invictus Games seien dafür ein „positives Beispiel“. so Proschmann. Auch die Werbung im Vorfeld der Spiele, bei denen etwa auch Traumata thematisiert wurden, lobt die Sozialdemokratin. Gleichzeitig habe sie aber auch Verständnis dafür, wenn manche Menschen den Eindruck haben, dass Krieg dadurch als etwas Positives wahrgenommen wird.

CDU- und Grünen-Politiker können Kritik nicht nachvollziehen

Ratsmitglied Dirk-Peter Sültenfuß (CDU) kann die Kritik an den Spielen nicht nachvollziehen. „Es ist eine gute Veranstaltung. Da sind Menschen, die sich für unser Land geopfert haben.“ Es sei Zeit, etwas zurückzugeben, wobei es nicht nur um „materielle Dinge“ gehen dürfe. Sport sei ein exzellenter „Transmissionsriemen“. Kritik, die Spiele würden den Krieg verharmlosen, teilt er nicht und verweist ebenfalls auf die Blaulicht-Kräfte unter den Teilnehmern. Für die Stadt seien die Invictus Games eine Bereicherung.

„Quatsch“, sei die Kritik an den Invictus Games, auch aus Sicht von Ratsherr Norbert Czerwinski (Grüne). „Es geht dabei nicht um Heroisierung.“ Gerade, dass dort Menschen antreten, die durch Kriege verwundet wurden zeige auf, dass Krieg eine schreckliche, brutale Sache sei.

Dass den verwundeten Soldatinnen und Soldaten dort eine Chance gegeben wird, vor großem Publikum sportlich anzutreten, sei dagegen „ein Zeichen von Menschlichkeit.“ Die Kritik an den Sponsoren hält der Ratsherr ebenfalls für vorgeschoben. „Ich bin auch schonmal mit einer Boeing geflogen“, sagt Czerwinski.