Düsseldorf. Am 7. August sollte das Reformprojekt starten und für eine Taktverdichtung und bessere Netznutzung sorgen. Nun wurde der Beginn aber verschoben.

Die Ferien sind vorbei und die Stadt wird wieder voll. Knapp zehn Prozent der Düsseldorfer Bürger sind Schüler, neben Berufstätigen die Hauptklientel der Rheinbahnkunden. Pünktlich zum gestrigen Schulstart (7. August) hatte die Rheinbahn den Beginn des Rheintakts angekündigt. Genau dieser wurde nun aber verschoben. Herzstück des Reformprojektes ist der Zehn-Minuten-Takt: Kein Düsseldorfer soll länger an einer Stadtbahn-Haltestelle stehen müssen. Außerdem soll der ÖPNV-Anteil am Gesamtverkehr gesteigert werden. Sind es momentan noch 21 Prozent, sollen es 2030 rund 24 Prozent und 2040 sogar 28 Prozent sein. Zum Vergleich: In Köln liegt der Anteil des ÖPNV bei gerade einmal 17 Prozent. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, sollen Linien zusammengelegt werden, insgesamt soll das Angebot stärker an der konkreten Nachfrage orientiert sein.

Rheinbahn: „Qualität vor Schnelligkeit“

Katharina Natus von der Rheinbahn sagt dazu: „Unser Anspruch ist es, den Rheintakt als spürbare Verbesserung des Nahverkehrs in unserer Stadt vorzustellen.“ Es gelte, dass Qualität vor Schnelligkeit gehe. Um aber eine hohe Qualität auch wirklich sicherstellen zu können, habe sich die Rheinbahn entschieden, den „Start des Rheintakts auf Januar 2024 zu verschieben“. Bis dahin würden „mit hohem Fokus, die offenen Punkte bearbeitet“.

SPD: Die Verantwortung trägt OB Keller (CDU)

Die SPD hingegen beklagt, dass die Prüfung neuer Stadtbahnlinien auf sich warten lasse. Die entsprechenden Ergebnisse hätten dem Stadtrat bereits im ersten Quartal 2022 vorliegen sollen, passiert sei aber nichts. Die Düsseldorfer SPD-Vorsitzende Zanda Martens sieht die Verantwortung bei Oberbürgermeister Keller (CDU) und der schwarz-grünen Koalition. „Die Bilanz des OB beim Thema ÖPNV ist miserabel.“ Von den im Kooperationsvertrag vereinbarten Maßnahmen könne „realistisch kaum ein Punkt noch bis 2025 umgesetzt werden“. So könne die Verkehrswende gar nicht gelingen. Die SPD zieht außerdem eine Parallele zu anderen Projekten der Rheinbahn: So könne die U78 „wegen schwarz-grüner Blockade“ nicht mit Vier-Wagen-Zügen fahren, der geforderte Betriebshof rücke in weite Ferne und die U81 werde auch nicht zur EM 2024 fertig.

„Man war zu optimistisch“

Norbert Czerwinksi von den Grünen hält die Kritik für wenig zielführend, hier würden Dinge zusammengeworfen, die wenig miteinander zu tun hätten. So werde die U81 nicht von der Rheinbahn, sondern von der Stadt gebaut. Allerdings gibt das Aufsichtsratsmitglied der Rheinbahn zu, dass der Verkehrsbetrieb bei dem Versprechen einfach zu optimistisch gewesen sei.

Der Grüne verweist auf die komplexe Problemlage. Das fange bereits bei der Industrie an. In ihrem Kooperationsvertrag hatten Grüne und CDU sich darauf geeinigt, sich vermehrt um die „Bereitstellung von Infrastruktur“ zu bemühen. Zunächst sei hier die Anschaffung neuer Fahrzeuge zu nennen. Die Lage sei aber momentan so schlecht, dass es kaum eine Möglichkeit gebe, längerfristige Ziele umzusetzen. Ausweichmöglichkeiten bestünden derzeit nicht: „Es ist völlig egal, ob sie bei Siemens oder Bombardier bestellen, die Lage ist überall gleich.“

Czerwinksi weiß auch von einem Fall zu berichten, bei dem von zehn bestellten Bussen, acht mit Transportschäden angekommen und daher nicht fahrtüchtig gewesen seien.

Ein komplexes System

Hinzu kommt das Problem, dass die neuen Fahrzeuge auch irgendwo abgestellt werden müssen, „weshalb perspektivisch der Bau eines neuen Betriebshof geplant werden muss“, wie es im Kooperationsvertrag heißt. Die Sachlage werde aber auch dadurch nicht vereinfacht, dass innerhalb des Verkehrsverbunds Rhein Ruhr so viele Verkehrsunternehmen gebündelt seien. Tatsächlich bedient der VRR 19 Städte und fünf Kreise, dazu all das mitten in einer der am dichtesten besiedelten Regionen Mitteleuropas: knapp 8 Millionen Menschen wohnen im Zuständigkeitsbereich des VRR.

Laut Natus seien die maßgeblichen Handlungsfelder des Rheintakts nicht nur die Vereinheitlichung des Takts, sondern auch die Anschlussoptimierung. Aber: „Ein solches Vorhaben wirkt bis in die Kapillare des Rheinbahn-Netzes hinein.“ Genau deswegen brauche ein so ambitioniertes Vorhaben „eine Vielzahl detaillierter Absprachen mit zahlreichen Akteuren. Absprachen, die aus zeitlichen Gründen nicht in der Effizienz geführt werden konnten, die wir uns zu Beginn des Projektes gewünscht haben“.

Czerwinski verweist auf andere Städte und Kommunen, in denen die Lage noch schlechter sei. In Düsseldorf klage man immer noch auf hohem Niveau. Es sei doch schon ein positives Zeichen, dass man darüber diskutieren könne, wann der Rheintakt kommt, nicht ob er kommt.