Düsseldorf. Während der Pandemie wurde die Mehrwertsteuer für Gaststätten-Essen von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Zum Jahreswechsel soll sich das ändern.

Die Corona-Jahre waren für Gastronomen harte Zeiten. Selbst alteingesessene Kneipen mussten ihre Pforten für immer schließen. Um die Gaststätten zu unterstützen, wurde schon 2020 der Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie gesenkt – von 19 auf sieben Prozent. Ende des Jahres soll mit dieser Vergünstigung nun Schluss sein. „Das wäre eine Katastrophe!“, sagt Giuseppe Saitta, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) in Düsseldorf uns selbst Gastwirt. Wenn die Mehrwertsteuer für Speisen wieder auf 19 Prozent angehoben würde, stehe für viele die Existenz auf dem Spiel. Denn die Lage der Gaststätten sei weit von der Situation vor der Pandemie entfernt: „Man ist am Limit“, so Saitta.

Dehoga fordert dauerhaft sieben Prozent

Maßgeblich hängt das an der Inflation, durch die Gastronomen ohnehin die Preise erhöhen mussten. Aber auch das Regenwetter, dass vielen Gaststätten mit Außenbereich das Sommergeschäft vermiest, sorge aktuell für eine angespannte Lage. In der Krise habe die Mehrwertsteuersenkung geholfen, die Lage für die Gastwirte stabil zu halten, erklärt er. „Schließungen gab es wenige“, erklärt Saitta. Auch aus seiner eigenen Gastronomie, Osteria Saitta, weiß er, was für einen positiven Unterschied die Senkung gemacht habe.

Wenn die Wiederanhebung wie aktuell geplant passiert, dann gehe es für die Wirte ums geschäftliche Überleben. Viele könnten dann ihre Kredite nicht zurückzahlen, so Saitta. „Wir brauchen diese zwölf Prozent!“ Ohnehin kauften die Gastronomen zuvor Speisen mit sieben Prozent Mehrwertsteuer ein und mussten sie mit 19 Prozent verkaufen, erklärt er. Es wäre grundsätzlich besser, wenn die Gastwirte zum gleichen Steuersatz verkaufen könnten, wie sie einkaufen, sagt Saitta. Er fordert deswegen eine dauerhafte Beibehaltung der niedrigeren Mehrwertsteuer.

Das fordert auch Isa Fiedler, Sprecherin der Altstadtwirte und Inhaberin der Partykneipe „Knoten“. Würde die verringerte Mehrwertsteuer wieder angehoben, wäre das ein „verheerendes Signal“, meint die Wirtin. „Essen gehen würde schlagartig zwölf Prozent teuerer“, betont sie. Ihre Kneipe serviert kein Essen, aber für viele Gastronomien, nicht nur in der Altstadt, wäre das katastrophal, sagt sie. Der Kundenrückgang wäre laut Fiedler kaum zu verkraften. Dabei weist sie auch auf einen gesellschaftlichen Effekt hin: „Das würde auch viele Menschen ausschließen.“ Gerade Corona habe doch gezeigt, dass Gastronomien ein gesellschaftlich verbindendes Element seien. Eine Mehrwertsteuererhöhung würde dieses gerade erst zurückgewonnene Element jetzt wieder wegnehmen – ein Unding, findet Fiedler.

Auch Kasematten-Betriebsleiter Patrick Ogiermann würde eine Beibehaltung der niedrigeren Mehrwertsteuer für Speisen begrüßen: „Es wäre für uns ein schönes Entgegenkommen, das immerhin bei einem der Punkte helfen könnte, der die Kasematten aktuell betrifft“. Neben der Energiekosten und Inflationslage macht es auch das schlechte Wetter den Gastwirtschaften direkt am Rhein nicht leicht – „Es war ein sehr schwacher Sommer für uns“. Er gibt allerdings Entwarnung: Es sei nicht so, als stünden die Kasematten-Gastronomien vor der Schließung. Eine Hilfe wäre eine Weiterführung der niedrigen Mehrwertsteuer dennoch.

Gastwirte könnten beim Personal sparen

Ebenso kritisch sieht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die anstehende Änderung: „Es ist kein guter Zeitpunkt für diese Mehrwertsteuer-Erhöhung“, sagt Zayde Torun, Geschäftsführerin der NGG Region Düsseldorf-Wuppertal. Zum einen habe die Gastronomie-Branche sich noch nicht von der Pandemie erholt, zudem betreffen die Energiepreise und die Inflation die Gaststätten stark, so Torun. „Manche Gastronomen stehen am Existenzminimum!“ Würde die zusätzliche Steuerlast nicht an die Kunden weitergegeben, fehle ihnen Geld in der Kasse, doch gäben sie die Kosten weiter, dann würden sie womöglich einen Teil ihrer Kundschaft verlieren. Torun appelliert daher an die Bundesregierung, besonders den Finanzminister, die Regelung mindestens um ein Jahr zu verlängern: „Um dann zu beobachten, wie es sich 2024 entwickelt.“ Der Steuerverlust durch die geringere Mehrwertsteuer sei nicht zu vergleichen mit den Steuerverlusten, wenn künftig massenhaft Gastronomen ihr Geschäft schließen müssen, betont sie.

Die Änderung würde dann nicht nur Inhaber betreffen, so Torun: Auch Beschäftigte könnten die Leidtragenden sein – selbst, wenn ihr Arbeitgeber nicht schließen muss: „Der Verdacht liegt nahe, dass Personalkosten der erste Punkt wäre, an dem Gastronomen zu sparen versuchen“, sagt Torun. So könnten einige Wirte dazu übergehen, statt gelernten Fachkräften ungelernte zu beschäftigen, oder sogar aus dem Tarifverband auszusteigen, um dann nicht mehr tariflich zahlen zu müssen. Dabei seien der Branche ohnehin in der Pandemie schon viele Beschäftigte verloren gegangen, die zum Teil in gänzlich andere Bereiche gewechselt sind.

Auch Oberbürgermeister Stephan Keller forderte die Bundesregierung Ende Juli auf, dass die Steuersenkung über den 31. Dezember hinaus bestehen solle. „In zahlreichen Gesprächen mit Betreibern unterschiedlicher gastronomischer Betriebe sowie Verantwortlichen der Dehoga wurde mir berichtet, dass die Senkung auf sieben Prozent einen erheblichen Einfluss auf die Kundenströme hat“, erklärte der OB. „Die Anhebung um zwölf Prozentpunkte könne man nicht eins zu eins an die Gäste weitergeben, was zu Verlusten auf der Unternehmensseite führt.“ Er habe sich deswegen an die Düsseldorfer Bundestagsmitglieder gewandt, die sich auf seine Bitte für eine Fortführung des niedrigeren Mehrwertsteuersatzes einsetzen sollen.