Düsseldorf. Im Düsseldorfer Südpark ist eine Zeltstadt entstanden, in der Kinder zwischen 8 und 14 Jahren erleben können, was es heißt, eine Stadt zu führen.
Was macht eigentlich eine Stadt aus? Dieser Frage geht das „Düsseldörfchen“ auch in diesen Sommerferien wieder nach. Dazu wurde im Düsseldorfer Südpark eine Art „Parallelwelt“ errichtet. In erster Linie ist die Stadt im Kleinen ein Betreuungsangebot für Kinder in den Sommerferien. Doch die Bezeichnung „Betreuungsangebot“ beschreibt das Projekt nur unzureichend. „Uns geht es darum, Dingen Raum zu geben“, erzählt Sonja Hirschberg vom Verein Akki, der das „Düsseldörfchen“ verantwortet.
Vor allem aber wolle man den Kindern die mitunter schwerfälligen Prozesse innerhalb einer Stadt „spielerisch erfahrbar machen“. Und tatsächlich hat das „Düsseldörfchen“ so ziemlich alles, was zu einer Stadt gehört. Im Hauptzelt ist etwa die Bank untergebracht. Hier können Gehaltsschecks eingelöst werden, wobei die Kunden die Wahl haben,, sich ihre „Düsseleuros“ bar aus- oder auf ihr persönliches Konto einzahlen zu lassen. Am Schalter sitzen selbstverständlich keine Pädagogen, sondern Kinder.
Was ist ein „Düsseleuro“ wert?
Der amtierende Bürgermeister Robert (13) verrät, was der Gegenwert eines „Düsseleuros“ ist: „Eine Viertelstunde Arbeit.“ Das Geld erwirtschaften die Kinder selbst. Weil am heutigen Dienstag die große Bürgermeisterwahl ansteht – Bürgermeister Robert wird das Amt gegen Abend abgeben – sind fleißige Wahlhelfer vor Ort, die nicht nur darauf achten, dass jeder auch ordentlich in die Wahlkabine geht, sondern auch für die Stimmenauszählung zuständig sind.
Selbstverständlich werden die Schichten auch bezahlt. Ihr verdientes Geld können die Kinder dann auf dem Markt gegen Kunsthandwerk oder Selbstgebackenes eintauschen. Die politische Organisation übernehmen der Bürgermeister, der Stadtrat und die einzelnen Bereichsvertreter. Sie kümmern sich etwa darum, Bau- und Handelslizenzen zu vergeben, einigen sich aber auch auf die Steuern, die momentan bei drei „Düsseleuro“ pro Woche liegen. Ein Beschluss dieses Jahr war die Abschaffung von Einwegbechern, um das Müllaufkommen zu minimieren.
Noch-Bürgermeister Robert hat sich die Kulturförderung auf die Fahnen geschrieben und sich dafür eingesetzt, Film-, Ton- und Bühnenwerkstatt mit je 15 „Düsseleuro“ zu bezuschussen. Sein Rat an seinen Nachfolger: „Man muss versuchen alles unter einen Hut zu bekommen.“
Probleme als Lösungsansätze
Das weiß auch Sonja Hirschberg. Natürlich komme es zu Reibungen, aber: „Wenn’s knallt, muss man Lösungen finden.“ Und genau das tun die Kinder in beeindruckender Selbstständigkeit. Überall wird gehämmert, gemalt oder gesägt. Kyell (13) und Max (13) arbeiten gemeinsam an ihrer Seifenkiste. Ihr roter Ferrari ist vielleicht der große Favorit für das anstehende Rennen. Die beiden Jungs haben dabei keine Details ausgelassen, auch die Kunstlederpolster haben sie selbst gemacht.
Eigeninitiative auch in der Redaktion der „Düssel Today“: Hier arbeiten Anton (14) und Maja (13) an der morgigen Ausgabe. Ein großes Thema ist natürlich die Bürgermeisterwahl. Daneben gibt es Interviews, Reportagen, Umfragen.
Im Entdeckerzelt werden Kristalle gezogen oder nichtnewtonsche Flüssigkeiten hergestellt. Hier ist auch das inoffizielle Maskottchen des „Düsseldörfchens“ zu bestaunen: Das wandelnde Blatt, das die Kinder „Blättli“ getauft haben.
Aussteigerkolonie mit Aussicht auf Bolzplatz
Am Rand gibt es eine kleine Aussteigerkolonie. Hier werden Stockbrote gemacht, die Beine ausgestreckt, der Blick auf den Bolzplatz genossen. Während hier das Feuer knistert, werden auf dem Hauptplatz die Buden für den Markt gezimmert. Dass die Kinder Hammer und Stichsäge vollständig alleine führen, ist mittlerweile keine Überraschung mehr.
Das „Düsseldörfchen“ wird seit 1989 von Akki verantwortet und bietet 275 Kindern einen Ort zur freien Entfaltung. Seit sechs Jahren fördern die Sterntaler Düsseldorf das Projekt und kommen unter anderem für den Sanitätsdienst und das Krankenhauszelt auf. Weitere Förderer sind die benachbarte Werkstatt für angepasste Arbeit, die Stadtwerke und das Jugendamt. Viele Unternehmen steuern zudem Material bei. Für Eltern kostet das „Düsseldörfchen“ 105€ – inklusive warmem Mittagessen. Dementsprechend schnell sind die Plätze ausgebucht. Die Anmeldung erfolgt im April. Es gelte, schnell zu sein, verrät Hirschberg.