Düsseldorf. Viele Frauen arbeiten trotz Fachkräftemangel unter ihrer Qualifikation. Eine Veranstaltung im Bilker Bürgersaal zeigte berufliche Chancen auf.

Mehr als hundert Frauen haben sich am Donnerstagvormittag im Bilker Bürgersaal eingefunden, als Wissenschaftlerin Lydia Malin vom Institut der deutschen Wirtschaft über Geschlechterverhältnisse in der Arbeitswelt spricht. „Bei Männern gibt es fast Vollbeschäftigung, bei den Frauen gibt es noch sehr viel ungenutztes Potenzial.“ Ein großer Anteil der Frauen arbeite in Minijobs oder in Teilzeit, oft 50-Prozent-Stellen, und oft arbeiteten sie auch unter ihrem Qualifikationsniveau, erklärt Malin. Sie spricht im Rahmen der Veranstaltung „Unternehmen sucht Frau: miteinander reden, voneinander lernen“ der Taskforce für Arbeit Düsseldorf.

Wie Stellenanzeigen mehr Frauen ansprechen

Arbeitgeber jeder Größenordnung waren mit Infoständen am Rand des Bürgersaales verteilt: Etwa Chemie-Branchenriese BASF, Softwareentwickler IKS, die Rheinbahn oder das Düsseldorfer Familienunternehmen Frankenheim Bestattungen. Sie sollten direkt die Möglichkeit zum Gespräch bieten, erklärte Christina Moeser von der Unternehmerschaft Düsseldorf, die seit über zehn Jahren diese und ähnliche Veranstaltungen organisiert.

Sich als Arbeitgeber für weibliche Fachkräfte attraktiver zu machen, fängt schon bei der Stellenanzeige an, so Moeser. „Wenn Frauen etwa nur drei von fünf beschriebenen Anforderungen erfüllen, dann verzichten sie häufig darauf, sich zu bewerben. Wenn Männer nur 30 Prozent der Anforderungen erfüllen, dann denken sie schon: ‘Das ist eine Stelle für mich.“ Wer mehr weibliche Bewerber haben will, sollte also Anforderungen in Stellenanzeigen auf die Kernkompetenzen beschränken. Und es gehört mehr dazu, ergänzt Johanna Torkuhl, die das „Kompetenzzentrum Frau & Beruf“ leitet. „Frauen achten in Stellenanzeigen auf Aspekte wie Teamwork und Kommunikation. Darauf, wie zusammen gearbeitet wird“, erklärt sie. Weniger darauf, womit gearbeitet wird. Wenn eine Anzeige auch Frauen ansprechen soll, dann reiche kein „m/w/d“ hinter der Stellenbezeichnung, so Torkuhl.

Frauenfeindlich Vorbehalte direkt seien übrigens nicht mehr das größte Hindernis dafür, dass Unternehmen mehr weibliche Fach- und Führungskräfte einstellen, erklärt Torkuhl. „Es ist eher ein Vorbehalt dagegen, Strukturen zu ändern.“ Dazu gehören auch noch Dinge wie Frauentoiletten, aber besonders Möglichkeiten flexiblen Arbeitens und der Umgang damit, dass Angestellte eine Weile fehlen könnten, weil sie ein Kind bekommen. Doch die Anforderungen nach Flexibilität teilten die meisten jüngeren Menschen – und so sei der Wandel besonders angesichts des Fachkräftemangels unerlässlich für Unternehmen, so Torkuhl.

„Man muss sich überwinden, dann klappt es oft!“

Auf der Bühne kamen zur Talk-Runde Frauen zusammen, die von ihrem Einstieg oder Wiedereinstieg in Branchen erzählten, die dem Klischee nach nicht mit Frauen Verbunden werden. Dabei etwa: Anke Heinisch, Betriebsrätin bei BASF in Düsseldorf. Wieder in den Beruf einzusteigen, war nicht leicht, erklärte sie: „Die Herausforderung war, sich in diesen neuen Rollenbildern nach dem beruflichen Wiedereinstieg zurechtzufinden.“ Auch auf Konflikte in der Familie müsse man sich einstellen – sie und ihr Mann einigten sich, dass sie beide in Teilzeit arbeiten. Und wenn Teilzeit gar nicht angeboten werde? „Es ist gut, mit Leuten zu sprechen“, so Heinisch. Im Gespräch mit Betriebsräten und Personalern könne sich rausstellen, dass Teilzeitregelung doch möglich ist – klare Kommunikation sei das A und O, bekräftigten alle auf dem Podium. Auch Isabell Kallenberg, Azubi beim Karosserie- und Lackierfachbetrieb Thedens, saß auf der Bühne. Als sie ihre Auto-Faszination zum Beruf machen wollte, war sie unsicher, erzählte sie: „Ich konnte mit Werkzeugen noch nicht umgehen. ich habe befürchtet, dass ich einfach als Frau abgestempelt werde, die es sowieso nicht kann.“ Auf Initiativbewerbung bekam sie ein Praktikum und konnte sich beweisen – dann ging es weiter in die Ausbildung. „Man muss sich überwinden, dann klappt es oft!“ sagt sie, und bekam großen Applaus.

Das passte zu einer der Botschaften der Veranstaltung: „Wir brauchen mutige Frauen – aber auch mutige Unternehmen.“