Düsseldorf. Am Mittwoch, 6. Juni steigt, ein Treffen in der Düsseldorfer Messe zum Thema „Opernhaus der Zukunft“. Die Sitzung ist mit Spannung zu erwarten.
Noch bevor die nächsten Entscheidungen in Sachen Oper bei der Ratssitzung am 15. Juni anstehen, gibt es am heutigen Mittwoch ein interdisziplinäres Treffen im CCD Congress Center an der Messe. „Opernhaus der Zukunft“ heißt die Überschrift zur Sitzung am Nachmittag (14 Uhr), zu der die Lokalpolitiker der Bezirksvertretung 1, zudem der Kulturausschuss, Bauausschuss und der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung zusammen kommen. Es sollen viele Details angesprochen werden, etwa wie beim Neubau an der von der Stadtspitze bevorzugten Heinrich-Heine-Allee mit dem Hofgarten als Bau- und Gartendenkmal umgegangen werden soll.
OB Keller nennt Grüne populistisch
Aber es geht natürlich auch ums Geld. Während die Grünen von einem Projekt in Milliardenhöhe sprechen, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) noch vor zwei Tagen in dieser Zeitung, es sei „populistisch, zum jetzigen Zeitpunkt mit Zahlen zu argumentieren, die seriös nicht beziffert werden können“.
Die Düsseldorfer Grünen sind vor zwei Wochen aus dem Opernprogramm ausgestiegen. Düsseldorf stehe vor Negativhaushalten und Haushaltssicherungskonzepten, dann gehe es an „freiwillige Ausgaben wie für die Kultur“, begründete Bürgermeisterin Clara Gerlach bei der Mitgliederversammlung. Die Verschiebung sei „im Sinne aller, die in der Stadt lebten“. Und Fraktionschef Norbert Czerwinski hält „Schulbau und notwendige Milliardeninvestitionen in den ÖPNV“ für weitaus dringender.
SPD als „Zünglein an der Waage“
Jetzt wird die SPD, nachdem sich die FDP pro Oper positioniert hat, das Zünglein an der Waage sein. SPD-Fraktionssprecherin Sabrina Proschmann wollte sich nach der Fraktionssitzung am Montagabend aber noch nicht in die Karten schauen lassen. „Es ist nichts spruchreif, wir sind in Gesprächen“, sagte Proschmann auf Anfrage der NRZ.
Dem Vernehmen nach ist die SPD-Fraktion allerdings in der Opernfrage gespalten und würde ein Ja zur Oper – wenn überhaupt – von der Zusicherung Kellers abhängig machen, eine Milliarde Euro in den Wohnungsbau zu investieren. „Das ist schön und gut, aber die Forderung an sich ist daneben“, sagt Czerwinski. „Denn es gibt gar nicht genug Flächen in dieser Stadt, um das auch umzusetzen.“
IHK-Präsident wünscht sich ein neues Wahrzeichen
Ginge es nach IHK-Präsident Andreas Schmitz wäre ein Neubau der Oper eine große Chance. „Sie sollte ein Magnet für Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt sein und die Internationalität der Stadt unterstreichen. Zudem sollte das Bauwerk eine „einzigartige architektonischen Handschrift haben, um ein neues Wahrzeichen der Stadt zu gestalten“, lässt sich Schmitz in einer IHK-Mitteilung vom Dienstag zitieren. „Wenn dies gelingt, wird die Oper einen messbar erfolgreichen Mehrwert für Handel, Dienstleistungen und Tourismus in der Stadt bieten. Die kulturelle Bedeutung einer neuen Oper wird somit durch ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt Düsseldorf bereichert.“
Andererseits gibt es viel Gegenwind für den OB aus allen Ecken der Stadtgesellschaft. Der Düsseldorfer Rat der Künste hat vor Wochenfrist ein Moratorium für die Oper gefordert. Ukraine-Krieg, Preissteigerungen und die erwarteten Mindereinnahmen bei der Stadt hätten eine neue Situation geschaffen, hieß es in einer Mitteilung. Zudem meldeten sich Architekten zu Wort, die den gängigen Abriss von Bestandsgebäuden generell kritisch sehen, weil der Bausektor an sich schon ein großer CO2-Verursacher sei. Tobias Flessenkemper vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, spricht sich klar gegen einen Neubau an der Heine-Allee aus. Ein „abgerissenes Denkmal Opernhaus“ wäre ein „politisches Denkmal für den Abbau demokratischer Werte und für die Zerstörung erlebbarer Orte der Geschichte des Landes“.
EX-OB fordert Strukturreform
Ex-OB Thomas Geisel sieht die Sache differenziert. Eine Oper nur als Zweckgebäude neu zu bauen mache keinen Sinn. „Wenn wir eine neue Oper wollen, dann muss sie ein Eye-Catcher werden und auch ein Treffpunkt für die ganze Stadtgesellschaft, wie etwa das Opernhaus in Oslo“, sagt der SPD-Politiker, der bereits während seiner Amtszeit mit Zahlen für das Haus an der Heine-Allee konfrontiert wurde. Als seine Legislaturperiode zu Ende ging, standen 190 Millionen Euro für eine Sanierung des Bestandsgebäudes im Raum. Als Keller an die Macht kam, waren es 440 Millionen. Eine Sanierung hält Geisel aber für schwierig. „Das könnte ein Fass ohne Boden werden.“ Vielmehr setzt er – im Falle eines Neubaus – auf eine grundlegende Strukturreform des Opernwesens in NRW. „Wir haben 15 Opernhäuser in NRW, die alle hochsubventioniert sind, wobei immer mehr Geld für die Verwaltung ausgegeben wird und immer weniger für die künstlerische Produktion zur Verfügung steht.“ Deshalb sollte die Kooperation zwischen Düsseldorf und Duisburg auf sämtliche Opern im Rheinland ausgedehnt werden: „Die Opern in Köln, Bonn, Düsseldorf, Duisburg und vielleicht auch Essen sollten aus einer Hand gemanagt werden und gemeinsam produzieren. Dadurch ließe sich viel Geld sparen und gleichzeitig die künstlerische Qualität verbessern.“
Die SPD als Opernmacher? Bitte nicht! - Ein Klartext von Stephan Wappner
Der Rat soll nächste Woche über den Opernstandort und über den Start zweier Wettbewerbe entscheiden: Allein für die Machbarkeitsstudie einer Interimsspielstätte müsste die Stadt 720.000 Euro hinblättern – wir reden von einem Gutachten für die Zwischennutzung – nicht für die Oper selbst. Kellers Prestigebau könnte Geld in einer solchen Dimension verschlingen, wie es Düsseldorf noch nie erlebt hat.
Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass dieses Projekt das Gegenteil werden soll von einer „Oper für alle“, wie es die Grünen einst vorschlugen. OB Keller wirkt getrieben von ein paar tausend Leuten aus Düsseldorfs Oberschicht, denen es völlig wurscht zu sein scheint, ob sich Menschen mit weniger Geld in dieser Stadt überhaupt noch eine Wohnung leisten können. Der Rathauschef sprach jüngst im Interview in dieser Zeitung von der Oper von einem Bau von „internationaler Strahlkraft“. Ich glaube eher, dass ein Opernneubau in Milliardenhöhe Sinnbild wäre für soziale Ignoranz in Zeiten, in denen die Schere zwischen Armen und Reichen immer weiter auseinander geht.
Man kann nur hoffen, dass sich nun ausgerechnet die SPD nicht vor den Karren spannen lässt und so mit dafür sorgt, dass sich die Stadt allein aus Imagegründen für die nächsten Jahrzehnte hoch verschuldet. Die SPD als Opernmacher? Braucht niemand in Düsseldorf!