Düsseldorf. Junge Architekten machen mobil gegen den Abriss von Bestandsgebäuden. Den geplanten Neubau der denkmalgeschützten Oper halten sie für „Wahnsinn“.
Wer heute alles die Zukunft mitgestalten will, das ist beachtlich. Es gibt die Bewegung Fridays for Future, danach kamen Parents for Future, Grandparents for Future, Teachers for Future, und die Architecs for Future gibt es auch schon längst. Abgesandte der Düsseldorfer Ortsgruppe demonstrierten am gestrigen „Tag der Umwelt“ in weiten Teilen der Stadt gegen den Abriss von ihrer Meinung nach erhaltenswürdigen Gebäuden. Motto: „Ich bin noch gut!“ Unter anderem traf man sich an der Ecke Kreuzstraße/Steinstraße zur Mahnwache. Dort soll ein großer Bürokomplex abgerissen werden. „Und warum? Damit hier dann ein neues Bürogebäude entsteht – und zwar in einer Stadt, in denen zahlreiche Bürogebäude leer stehen“, sagt Yannis Kulosa, Architekturstudent aus Düsseldorf.
Der neue Hotel- und Bürokomplex, der hier mitten in der City entstehen soll, hat bereits die traditionsreiche Komödie an der Steinstraße vertrieben. Das Theater hat nach langem Kampf im Capitol an der Erkrather Straße ein neues Zuhause gefunden. Den ersten Plänen zufolge sollte an der Steinstraße/Ecke Kreuzstraße noch in diesem Jahr der XXL-Neubau entstehen – mit einem Hotel (340 Zimmer, 110 Suiten), einem großen Bürogebäude und einer Tiefgarage mit 170 Plätzen. Verantwortlicher Architekt ist Christoph Ingenhoven, der den Investor aus Hamburg bereits aus der Zusammenarbeit für den Kö-Bogen II kennt.
Bausektor als CO2-Verursacher
„Düsseldorf ist eine Stadt für Investoren“, sagt Bauingenieur Tim Thiede, der sich ebenfalls in der Ortsgruppe der weltweit aktiven „Architects for Future“ engagiert. „Unser Ziel ist es auch, darauf aufmerksam zu machen, dass die alltägliche Praxis des Abrisses von Gebäuden die Klimakrise weiter befeuert.“ Der Bausektor sei der größte CO2-Verursacher. „Da gilt es eben, durch Erhalt und Weiternutzung von Bestandsgebäuden Emissionen einzusparen.“ Immer werde von nachhaltigem Bauen gesprochen. „Am nachhaltigsten wäre es, auf Neubauten zu verzichten“, sagt Thiede.
Die Studierenden haben eine Liste von rund 40 Gebäuden in der NRW-Landeshauptstadt erstellt, die „akut abrissgefährdet“ oder „im Abriss befindlich“ sind. Darunter etwa auch die Oberpostdirektion an der Sohnstraße oder das B 8-Center in Flingern in der Nähe der Kiefernstraße. Und auch bei der Rheinoper wird aktuell ein Abriss erwogen. Ein Umstand, über den die „Architects for Future“ nur den Kopf schütteln können. „Die Fakten liegen auf dem Tisch“, sagt Yannis Kulosa. „Ein denkmalgeschütztes Gebäude abzureißen und dafür eine neue Oper für eine Milliarde Euro zu bauen, ein absoluter Wahnsinn, weil viel zu teuer“, kritisiert der Student. Düsseldorf eifere anscheinend Bauten wie der Elbphilharmonie in Hamburg nach. „Die Stadt braucht Hochglanzbilder, das hat mit gesundem Menschenverstand nichts mehr zu tun, und mit Nachhaltigkeit schon einmal gar nicht.“
Lob an die Düsseldorfer Grünen
Kulosa verteilt ein großes Lob an Düsseldorfs Grüne, die zuletzt entschieden hatten, aus dem Opernprogramm auszusteigen und somit eine erhebliche Belastung für die schwarz-grüne Stadtregierung in Kauf nahmen. „Das ist den Grünen nicht hoch genug anzurechnen“, sagt der angehende Architekt.