Düsseldorf. Tobias Martin betreibt die RhineSide-Studios. Dort können Veranstaltungen live aufgezeichnet oder Instagram-Reels gedreht werden
„Einfach mal die Türen aufmachen“, darum geht es bei diesem Ortstermin im Stadtteil Düsseltal. An der Herderstraße 18 betreibt Tobias Martin seine RhineSide-Studios. Eine weitere Medienagentur in einem Düsseldorfer Hinterhof? Noch ein Ort, um Werbeclips zu drehen? Nein. Also ja, aber nein. Natürlich könnten hier auch klassische Werbeclips gedreht werden, aber das ist nicht der eigentliche Zweck der Studios. „Wir sind auf Live-Streaming ausgelegt“, sagt Martin. Dazu bedarf es dann auch zweier Internetleitungen: „Einmal Glasfaser mit 250mbit im Upload und dann noch die 50mbit.“ Wenn alle Stricke reißen, müssen dann die mobilen Daten ran. Aber, so Martin, „der Glasfaserausbau funktioniert“. Eine gute Nachricht für sein Unternehmen.
Inspiration durch Plattform Twitch
Der Gedanke dahinter: Live-Veranstaltungen bieten die Möglichkeit, mit Referenten in Kontakt zu treten, zu interagieren. Natürlich alles mit entsprechenden Limitationen. Martin begreift sich nicht als fünfte Kolonne der totalen Digitalisierung: „Netzwerken funktioniert nicht ohne direkten Kontakt. Aber bei Veranstaltungen, bei denen es vor allem um Informationen geht, ist das Online-Format hervorragend geeignet.“ So sollen die RhineSide-Studios auch weniger dazu dienen, andere vom Markt zu verdrängen. Vielmehr hat der Gründer hier eine Marktlücke ausgemacht. „In der Region gibt es natürlich Studios, aber den Fokus auf Live-Streaming gibt es so nicht.“
Inspiriert wurde Tobias Martin bei der Idee von der Plattform Twitch. Hier werden Livestreams mit Chatfunktionen verknüpft und für alle möglichen Formate genutzt: Comedy, Talks oder Lets Plays. Doch die RhineSide-Studios gehen noch einen Schritt weiter. Vom Video-Stream zum Podcast? „Dann machen wir die Kameras halt aus“, lacht der 26-Jährige. Neu dazugekommen ist das Set-Up für Instagram-Reels. „Dabei kommt es auf die Tiefenschärfe an“, sagt der Studio-Betreiber. Und tatsächlich: Im Sessel positioniert, sieht man auf dem Bildschirm direkt wie ein Influencer aus. Und damit jeder Satz sitzt, hat Martin kurzerhand einen Teleprompter installiert.
Gründer wendet Rechtsstreit ab
Insgesamt gibt es 130 Quadratmeter Studiofläche. Im Januar 2022 hat Martin den Mietvertrag unterschrieben und sich erst einmal an die Herrichtung der Räumlichkeiten gemacht. Hilfe hatte er dabei von Freunden, der Familie und der Genetik: „Mein Opa war Schreiner, daher habe ich keine zwei linken Hände geerbt.“ In der ehemaligen Fleischerei hat der junge Gründer aus dem Düsseldorfer Süden seine Studios selbst eingerichtet. Dass es dabei auch zu Ärger mit Handwerkern und unnötigen Verzögerungen kam? Fast normal. Doch Martin rückt alles ins Verhältnis: „Gerade als junger Gründer läuft man Gefahr, alles mit sich machen zu lassen.“
Als es Streit mit einer Firma gab, ergriff er die Initiative, recherchierte DI-Normen, nahm Kontakt mit Gutachtern auf und konnte sich schließlich ohne rechtliche Streitigkeiten einigen. „Im Endeffekt sind das alles Lernprozesse. Fehler machen gehört dazu, man kann Fehler sogar zwei Mal machen, aber wenn es immer wieder vorkommt, sollte man sich grundsätzlich hinterfragen.“
Der Vater ist Mediziner
Martin hat die Macher-Mentalität, die es braucht, um als junger Gründer herauszustechen. Aber gleichzeitig ist er strukturiert, sorgfältig, abwägend. Das hängt auch mit seinem Hintergrund zusammen. Sein Vater ist Arzt „und ich wollte auch nie was anderes machen“. Lernen, Informationen aufnehmen, organisieren: „Wer Medizin studiert, kann das.“ Dennoch: „Im Studium habe ich gemerkt, das ist nix für mich.“
Aber während andere Gründer alles hinschmeißen, nur in ihrer Idee aufgehen, ist Martin bedächtiger. Er schließt die Vorklinik ab, also den theoretischen Einführungsteil des Medizinstudiums und sattelt auf Unternehmensmanagement um. Jetzt steht er kurz vor Abschluss seines Masters in Entrepeneurship, doch das universitäre Lernen ist nur die eine Seite. Als echter Autodidakt arbeitet sich Martin, der sich selbst als Nerd bezeichnet, in alle möglichen Fachgebiete ein: „Mich interessiert einfach alles!“ wie er sagt. Steuerrecht, Statik, die Do’s and Don’ts des Heimwerkens, Regie- und Kameratechnik – dies ist nur ein kleiner Ausschnitt. „Aber wichtiger ist es oftmals, zu wissen, wen man fragen kann.“
Und genau deswegen ist das Thema Netzwerken so wichtig. An diesem Donnerstagabend öffnet Martin die Türen im Rahmen der Start-Up-Woche Düsseldorf und es herrscht begeisterter Andrang. Dabei nimmt sich Martin Zeit für jeden der Gäste. Schnell wird klar, dass sich hier kein Ellbogen-Gründer präsentiert, sondern einer, mit dem man reden kann, der auf Augenhöhe begegnet. Vielleicht ist es auch das handwerkliche Erbe des Großvaters: „Gute Arbeit abliefern“ – das sei immer noch die beste Werbung. Tradition, Innovation, die Besucher merken, dass es auf beides ankommt, wenn sich nachhaltiger Erfolg einstellen soll.
Immer mehr Startups in Düsseldorf
Vom 22. bis 26. Mai war Düsseldorf wieder Magnet für alle Startup-Interessierten. Die 8. Startup-Woche Düsseldorf bot in rund 100 Veranstaltungen an fünf Tagen geballtes Wissen. Themen waren Konzeption, Strategie, Marketing, Finanzen, Recht, Investorengewinnung, Förderung, Technologie und Internationalität. 80 Prozent der Veranstaltungen fanden wieder in Präsenz statt.
Der Startup-Standort Düsseldorf entwickelt sich dynamisch: Mittlerweile sind mehr als 550 Startups mit mehr als 6000 Beschäftigten in Düsseldorf vertreten. Gegenüber 2022 ist das eine Zunahme von elf Prozent.
Infos und Kontakt unter https://rhinesidestudios.de/