Düsseldorf. Jetzt gibt es Streik und eine Demo. Die Probleme der Apotheken sind Fachkräftemangel, Ertragslage und schlechte Arzneimittelversorgung.

Immer mehr Apotheken müssen schließen, drei Apotheken waren es vergangenes Jahr auch in Düsseldorf. „Wir können unseren Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllen“, sagt Franz-Josef Cüppers von der Apotheke St. Martin. Seine früher immer sehr erfüllende Arbeit mit der ausführlichen Betreuung seiner Kunden könne der Vorsitzende des Apothekervereins Düsseldorf mit dem gestiegenen Kostendruck nicht mehr so leisten, wie er es seit 1984 mit der Übernahme der Apotheke an der Lorettostraße in Unterbilk gewöhnt ist. Die Honorierung seiner Leistungen sei auf einem Stand stehen geblieben, der „nicht mehr zeitgemäß“ sei.

Hinzu kommen ständig zunehmende Lieferengpässe bei Arzneimitteln, ein immer weiter eskalierender Fachkräftemangel im Pharmaziebereich (mit der Absicht, in Apotheken zu arbeiten), steigende Lohn-, Energie- und Zinskosten sowie hohe Inflation und schlechter werdende Einkaufskonditionen für Arzneimittel. Die Belastungen der Apotheken und ihrer Mitarbeiter steigen immer weiter an.

„In dieser prekären Situation reagiert die Bundesregierung zu spät“

„Mit der beschlossenen Erhöhung des Apotheken-Abschlags hat die Bundesregierung nicht wie vereinbart die Apotheken gestärkt, sondern sie mit 340 Millionen Euro zusätzlich belastet“, sagt Thomas Preis, der in Düsseldorf beheimatete Vorsitzendes des Apothekerverbandes Nordrhein. „Es ist eine prekäre Situation, und die Politik reagiert viel zu spät.“ Der Druck der Krankenkassen, die teilweise die Kosten für Arzneimittel nicht oder nur eingeschränkt übernehmen, weil diese nicht von ihnen als Ersatzpräparate anerkannt werden kommt hinzu. „Nie zuvor hat eine Bundesregierung das bewährte Apothekenwesen so drastisch ignoriert und eine Verschlechterung der Arzneimittelversorgung auch angesichts neuer Höchststände bei den Apothekenschließungen billigend in Kauf genommen“, sagt Preis. In diesem Jahr liegt der Anteil der Aufgaben von Apotheken bereits 30 Prozent über dem Stand des vergangenen Jahres.

Die Versorgungsengpässe sind zwar ein wenig zurückgegangen, aber rund 400 Medikamente sind derzeit überhaupt nicht zu bekommen. Jedes Medikament, das fehlt, kann für Patienten ein großes Problem darstellen. Vor allem Antibiotika und Fiebersäfte für Kinder sind nur schwer zu bekommen. Werden die Medikamente als Ersatz aus dem Ausland bestellt, ergeben sich viele bürokratische Hürden, unter anderem müssen für sie Beipackzettel in deutscher Sprache erstellt und beigefügt werden. Viele Hersteller haben sich auf hochpreisige Medikamente konzentriert, weil die Gewinnspanne dann größer sei. Über 80 Prozent liegt die Quote inzwischen bei generischen Nachahmerprodukten, weil das Patent für die Originale abgelaufen ist.

Streik und Demo sind nicht der einzige Weg, um auf Probleme aufmerksam zu machen

Für Thomas Preis ist es jetzt tatsächlich an der Zeit, zum Streik der Apotheker aufzurufen. „Daher werden wir jetzt den bundesweiten Protesttag mit landesweiten Streiks mit einer Demonstration am 14. Juni von 12 bis 13 Uhr auf dem Burgplatz in Düsseldorf unter dem Motto ,Achtung! Die Bundesregierung gefährdet die Arzneimittelversorgung!´ verstärken“, erklärt Preis. „Wir kämpfen gegen zehn Jahre Honorarstillstand, gegen weitere Apothekenschließungen, für eine Patientenversorgung ohne Lieferengpässe, für ein Gesundheitswesen, bei dem die Gesundheit und eine hochwertige Arzneimittelversorgung der Patienten im Mittelpunkt steht.“

Franz-Josef Cüppers hält eine Aktion für dringend erforderlich, findet aber, dass ein Streik nicht der einzige Weg ist. „Ich würde lieber meine Kunden vor der geschlossenen Apotheke empfangen, sie hinein bitten und ihnen erklären, warum die Apotheker nicht mehr mit dem augenblicklichen Zustand leben können“, sagt der Düsseldorfer Apotheker, der fürchtet, dass sein Berufsstand in der jüngeren Vergangenheit seine Attraktivität komplett verloren hat. Das Dreiecksverhältnis zwischen Arzt, Apotheker und Patient muss aufrechterhalten werden, weil die Apotheker die Fachleute für das Handwerkszeug der Ärzte, die Medikamente, sind. „So muss auch ein Verbot her für den Online-Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten“, sagt Cüppers. Er fordert, „dass unbedingt politisch etwas passieren muss, damit die Apotheker wieder freier atmen und leben können“.

Das fordert der Apothekerverband

Verbesserte Rahmenbedingungen beim Honorar und Bürokratieabbau, dem Wegfall von Nullretaxationen und Präqualifikation werden gefordert. Nullretaxation ist die vollständige Ablehnung der Kostenübernahme von kassenärztlichen Verordnungen durch die Krankenkasse. Sämtliche Kosten des Arzneimittels verbleiben sonst bei der Apotheke. Seit Anfang 2011 müssen sich Apotheken, die sich an Hilfsmittelverträgen beteiligen, präqualifizieren. Die Apotheke muss nachweisen, ob sie sich für die Versorgung mit Hilfsmitteln eignet, z.B. mit behindertengerechten Zugängen und einem Beratungsraum.