Düsseldorf. Nur noch aus familiären Gründen sollen Lehrkräfte in NRW Stunden reduzieren können. Viele in Düsseldorf befürchten gegensätzliche Folgen.

Lehrerinnen und Lehrer sollen in Nordrhein-Westfalen nur noch aus familiären Gründen in Teilzeit gehen können. Das hat das Bildungsministerium beschlossen und entsprechende Anweisungen an die Bezirksregierungen gegeben. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert dies scharf: „Diese Handlungsanweisung zeigt die Ratlosigkeit des Ministeriums“, sagt Monika Maraun von der GEW Düsseldorf, die auch Vorsitzende des örtlichen Personalrates ist. „Die Ministerin scheint die reale Belastungssituation von Lehrkräften vor Ort entweder nicht zu kennen oder auszublenden.“

Lehrerin: Maßnahme ist ein „Schlag ins Gesicht“

Viele Lehrkräfte, erklärt Maraun, gehen in Teilzeit, um sich vor der „enormen Belastung“ in der Schule zu schützen. „Viele erkrankte Lehrkräfte brauchen dringend diese Möglichkeiten der Reduzierung, um den Schulalltag zu meistern. Verschärft man hier die Bedingungen treibt man die Leute aus einem sowieso schon unattraktiven System.“ Das sieht auch Patricia Ollesch, Personalrätin und Lehrerin an der Hauptschule Bernburger Straße in Eller so. Die Abschaffung der bedingungslosen Teilzeit sei ein „Schlag ins Gesicht“, findet sie, besonders für Lehrkräfte an den Hauptschulen. Sie seien „durch eine herausfordernde Schülerschaft und einem hohen Stundendeputat“ sowieso schon sehr stark gefordert und arbeiteten an der Belastungsgrenze.

Die Maßnahme des Ministerium soll gegen den Lehrermangel wirken. Doch passieren könne das Gegenteil, warnt die Düsseldorfer GEW-Leiterin Sylvia Burkert: „Diese Maßnahme wird wie ein Boomerang zurückkommen und kann dauerhaft dazu führen, dass mehr Lehrkräfte das System Schule verlassen werden“, erklärt sie. „Anstatt die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, wäre es angebracht für gute Arbeitsbedingungen und Entlastung in den Schulen zu sorgen.“ Das sei langfristig die effektivste Maßnahme gegen Lehrermangel.

Wie der Lehrerberuf attraktiver werden könnte

Auch Ratsfrau Marina Spillner (SPD) hält die Maßnahme des Ministeriums für falsch – sie mache den Beruf unattraktiver. „Ich finde, man müsste demgegenüber jetzt alles tun, um den Beruf attraktiver zu machen“, so die Sozialdemokratin. Dazu gehöre etwa, an den Universitäten den Numerus clausus (NC) für Lehramtsstudiengänge abzuschaffen. Entscheiden könnte dies ebenso die Landesregierung. Spillners eigene Tocher hat ein Grundschullehramt studiert. Während diese wegen ihrer Schulnoten kein Problem mit dem NC gehabt habe, sei er etwa für Bekannte von ihr mit dem selben Berufswunsch zeitweise ein Eintrittshindernis gewesen, sagt sie.

Frederik Hartmann, der für die Ratsfraktion der Grünen im Schulausschuss sitzt, ist Lehrer am Humboldt-Gymnasium. „Ich sehe diese Sache ähnlich wie die GEW“, sagt er. Lehrerinnen und Lehrer gehen auch aus anderen verständlichen Gründen als familiären in Teilzeit, erklärt Hartmann. Die Arbeitsbelastung könne je nach Schule und Fächerkombination enorm sein, so dass einige Lehrkräfte ihre Stunden reduzieren. Die Entscheidung des Bildungsministeriums hält er „absolut für den falschen Weg“, vielmehr sollten flexible Arbeitszeiten ermöglicht werden. Auch der Grünenpolitiker fordert, dass die NC-Zugangsvoraussetzungen der Lehramtsstudiengänge überprüft werden. Und für ein positiveres Bild des Berufes in in der Öffentlichkeit sollte sich die Landespolitik einsetzen. „Es ist ein toller Beruf, immer noch“, so Hartmann.

CDU-Ratsherr Peter Labouvie, bis vor zwei Jahren selbst Schulleiter des Gymnasiums Koblenzer Straße, ist zuversichtlich. „Ich denke, dass es nicht bei dieser Maßnahme bleiben wird, sondern ein Maßnahmenpaket geschnürt wird.“ Beim jetzigen Lehrermangel bestehe klar Handlungsbedarf, sagt er. Die Teilzeit-Einschränkung könne sicher Lücken schließen, hinter dem Problem stehen allerdings mehrere Ursachen. Er vertraue hier auf die Landesregierung, weitere Maßnahmen zu beschließen, um die zukünftige Verfügbarkeit von Lehrern zu sichern, so Labouvie.