Düsseldorf. Rheinbahner legen auch am Freitag die Arbeit nieder. Eine große Mehrheit der rund 3300 Beschäftigten soll beteiligt sein.

Besonders der Streik bei der Rheinbahn scheint viele überrascht zu haben. Diesen Eindruck bekommt man am Donnerstagmorgen am Hauptbahnhof: Einige Menschen stehen verwirrt vor den Anzeigetafeln, schauen dann auf ihr Smartphone. Vorne an den Straßenbahngleisen erkundigen sich immer wieder Menschengrüppchen bei den Klüh-Securitys, die über die Fahrplanlage zu erklären versuchen. „Wir geben nur Informationen, wir können nichts machen“, sagt ein Mitarbeiter einer Frau, die eine Verbindung nach Oberbilk sucht. „Heute werden hier keine Bahnen fahren.“ Er verweist sie auf den Taxistand, an dem augenscheinlich viele Taxen frei sind. „Die meisten Leute haben Verständnis“, sagt sein Kollege, „Es blieb bisher alles ruhig hier.“

Keine Bahnen und wenige Busse fahren

Zu den Verständnisvollen gehört etwa ein Ehepaar aus Münster, das zu Besuch in Düsseldorf ist: „Es ist okay, dass die heute streiken. wir sind gut zu Fuß unterwegs.“ Weil sie „Touristen“ seien, auf Familienbesuch, hätten sie schließlich auch keinen Zeitdruck. Mehr als nur Verständnis kriegen die Streikenden im Öffentlichen Dienst von einer Gruppe im der Haupthalle des Hauptbahnhofs. Es sind Kindergärtnerinnen vom Evangelischen Kindergartenverbund Hattingen-Witten. „Mit den Kollegen, die streiken können, sind wir natürlich solidarisch“, sagt Eva Gohrke-Hansen, Kindergartenleiterin. Als kirchlich angestellte haben sie und ihre Kolleginnen kein Streikrecht, sie sind mit Einverständnis des Arbeitgebers vor Ort, um vor dem Landtag zu demonstrieren und so auf Missstände in den Kindergärten NRWs aufmerksam zu machen.

Die Rheinbahn ist für viele Düsseldorfer der prägnanteste Berührungspunkt mit dem Warnstreik im Öffentlichen Dienst – und der längste. Bis einschließlich Freitag fahren nur Busse, deren Personal nicht bei der Rheinbahn direkt angestellt ist. Eine genaue Zahl der Rheinbahn-Beschäftigten im Streik gab es bis Donnerstagnachmittag nicht, allerdings sei von rund 3300 Mitarbeitern eine große Mehrheit dabei, sagt eine Sprecherin des Verkehrsunternehmens. Auch Angestellte bei der Stadtverwaltung, in Kitas, dem LVR-Klinikum, der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter, der Deutschen Rentenversicherung Rheinland sowie bei der Awista und der Stadtentwässerung streikten nach Aufruf der Gewerkschaft Verdi. „Bis mittags 12 Uhr haben sich in den Ämtern und Instituten der Stadtverwaltung Düsseldorf 515 Mitarbeitende an Warnstreikaktionen beteiligt“, heißt es von der Stadt.

Rund die Hälfte der Streikenden entfiel dabei auf Kindertagesstätten und Einrichtungen für Jugendliche, Fünf Kitas blieben ganz geschlossen, 28 waren eingeschränkt im Dienst. In Gerresheim blieb der Bezirkssozialdienst sowie ein Bürgerbüro geschlossen. Der Sportpark Niederheid schloss seine Tore schon um 14 Uhr, der Wildpark machte seine Tore gar nicht erst auf.

Vor dem Rathaus sammelten sich viele der Streikenden ab 9.30 Uhr zu einer Kundgebung. Verdi fordert wie berichtet in der aktuellen Tarifrunde des Öffentlichen Dienstes eine Lohnerhöhung von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro. „Von den hohen Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln sind die Beschäftigten der unteren und mittleren Entgeltgruppen überproportional betroffen“, betont Stephanie Peifer, Verdi-Geschäftsführerin im Bezirk Düssel-Rhein-Wupper. „Deshalb ist uns diese soziale Komponente extrem wichtig.“

Weitere Streiks sollen folgen

Die erste Verhandlungsrunde am 24. Januar sei enttäuschend verlaufen: „Die Beschäftigten sind stinksauer. Denn in der ersten Verhandlungsrunde haben die Arbeitgeber keine Bereitschaft zu ernsthaften Verhandlungen erkennen lassen.“ Bei den Warnstreiks dieser Woche wird es wohl nicht bleiben: „Vor der zweiten Verhandlungsrunde am 22. und 23. Februar werden wir den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen müssen, damit sie ein verhandlungsfähiges Angebot auf den Tisch legen“, erklärt Peifer.

Die SPD-Fraktion äußert sich „solidarisch“ zum Streik: „Die aktuellen Forderungen der Streikenden im Öffentlichen Dienst und ihrer Gewerkschaft Verdi sind sehr berechtigt“, heißt es im gemeinsamen Statement der Sozialdemokraten. Derzeitige gesellschaftliche Krisen und die hohe Inflationsrate führten dazu, dass immer mehr Menschen immer weniger Geld für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung haben. Den Forderungen nach deutlicher Lohnsteigerung müsse daher jetzt Nachdruck verliehen werden. Doch: „Natürlich ist ein Streik im Öffentlichen Dienst immer auch eine Belastung für die Bevölkerung, ob bei Kindertagesstätten, dem Bus- und Bahnverkehr oder in der Öffentlichen Verwaltung“, räumen die Ratsmitglieder ein. Hier komme es auf die Verantwortung der Tarifparteien an: „Die Arbeitgeber müssen endlich ein verhandlungswürdiges Angebot vorlegen!“

Unterstützend äußern sich auch die Linken in Düsseldorf: „Die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst sind angesichts der steigenden Preise mehr als gerechtfertigt“, sagt Linken-Kreisverbandssprecherin Kea Detmers. Sie äußert Verständnis für möglicherweise genervte Pendlerinnen und Pendler, macht für die Streiks bei Rheinbahn aber die „unnachgiebige“ Haltung auf der Arbeitgeberseite verantwortlich. „Gute öffentliche Versorgung vor Ort durch Krankenhäuser, öffentlichen Nahverkehr oder die Stadtreinigung sind unverzichtbar“, so Detmers. Es sei höchste Zeit, wieder in die öffentliche Infrastruktur zu investieren und das heiße auch in gute Arbeitsbedingungen für diejenigen, die sie am Laufen halten. Auch zur Finanzierung hat die Linkensprecherin eine Forderung: „Dafür müssen die Superreichen endlich wieder vernünftig besteuert werden.“