Düsseldorf. Sexismus und Gewalt gegen Frauen gehören zum Alltag. Deswegen fordert der DGB die Ratifizierung eines seit 2019 bestehenden Papieres
Weltweit erfahren Frauen in ihrem alltäglichen Leben Formen von Gewalt -- auch am Arbeitsplatz. Dazu gehören Beschimpfungen, Beleidigungen oder sogar sexuelle Belästigungen. Anlässlich des internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November, fordert der Düsseldorfer Ortsverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) die Bundesregierung explizit auf, die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vorgelegte Konvention gegen sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz, die es bereits seit 2019 gibt, in ein nationales Recht umzusetzen.
„Schutz ist bundesweit dringend notwendig“
„Die Bundesregierung muss ihrem eigenen Anspruch gerecht werden und endlich die ILO-Konvention – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – ratifizieren“, sagt Sigrid Wolf, Vorsitzende des DGB-Stadtverbandes. „Der Schutz von Frauen ist bundesweit dringend notwendig und dazu bedarf es verbindliche Standards gegen Gewalt und Belästigungen.“
„Gewalt hat viele Gesichter“, betont Caroline Heß, Abteilungsleiterin für Gleichstellungs- und Familienpolitik der DGB NRW. „Gewalt gegen Frauen ist eines der größten Risiken für gesundheitliche Schädigungen.“ Doch neben den gesundheitlichen Folgen gebe es laut DGB noch ein anderes gravierendes Problem. „Das Thema wird leider immer noch schnell tabuisiert. Doch nicht darüber zu reden und zu schweigen, bedeutet ganz klar an der Gewalt mitzumachen“, erklärt Heß.
Forderung an Arbeitgeber
Deswegen fordert die DGB neben der Ratifizierung der ILO-Konvention, dass Arbeitgeber verpflichtet werden müssen, für ein gewalt- und belästigungsfreies Arbeitsumfeld zu sorgen, die Rechte der Beschäftigten im Betriebsverfassungs- und im Bundespersonalvertretungsgesetz zu stärken und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz um eine Definition von Gewalt und sexueller Belästigung zu ergänzen.
„Das Problem der Gewalt und Belästigung gegen Frauen ist ein weltweites Problem, wie die Konvention deutlich zeigt. Es ist nicht auf Deutschland begrenzt“, stellt Bundestagsabgeordnete Zanda Martens (SPD) klar. „Schutz vor Gewalt und Belästigungen ist jedoch unumgänglich für die Arbeitswelt.“
Bereits im Dezember soll laut Martens die Konvention im Kabinett behandelt werden. Doch damit sei die Arbeit noch nicht getan. „Vor Ort müssen die Rechte in den Kommunen und Betrieben umgesetzt werden. Dazu müssen Interessensvertretungen Rechte zugesprochen bekommen und Arbeitgeber ihre Beschäftigten für das Thema klar sensibilisieren.“
„Es ist schon zu viel Zeit verloren gegangen“
Zustimmung erhält Martens von ihrem Parteikollegen Andreas Rimkus, der ebenfalls im Bundestag sitzt. „Der Einsatz für Gewaltlosigkeit und Frauenrechte am Arbeitsplatz ist gleichzeitig ein Einsatz für die menschliche Gesellschaft. Da müssen wir progressiv nach vorne gehen.“ Der Sozialdemokrat räumt dazu Fehler der vergangenen Jahre ein. „Es ist schon zu viel Zeit verloren gegangen, ohne das bisher was passiert ist. Deswegen müssen wir jetzt den Mund aufmachen und ein klares Signal aus Düsseldorf senden, sich gemeinsam auf den Weg zu machen.“
Und auch Bundestagsabgeordneter Thomas Jarzombek (CDU) betont: „Es muss ganz klar eine Null-Toleranzgrenze bei Gewalt gegen Frauen geben.“ Um einen Wandel in der Arbeitswelt vor Ort zu bewirken, bedarf es laut dem CDU-Politiker „konkreter Mechanismen“, die noch weiter entwickelt werden müssten. „Wir müssen schauen, wie wir einen Wandel in kleinen und großen Unternehmen bewirken können, die sich von der Organisation her unterscheiden.“
Respekt und Anstand als zentrale Leitmotive
Oftmals gebe es laut Jarzombek auch ein sogenanntes Sender-Empfänger-Problem. „Manches ist anders gemeint, als es der Gegenüber aufnimmt. Da ist es wichtig offen zu kommunizieren und zu sagen: Das ist gerade nicht in Ordnung.“ Dazu seien laut dem Politiker vor allem Respekt und Anstand zentrale Leitmotive.
Bundestagsabgeordnete Sara Nanni (Grüne) verweist auf den bestehenden Koalitionsvertrag. „Dort ist festgelegt, dass wir die Ratifizierung umsetzten wollen. Zudem ist es für unsere internationale Glaubwürdigkeit in Bezug auf Freiheit und Feminismus wichtig und auch notwendig.“
Doch auch Nanni sei klar, dass es damit noch nicht getan ist. „Es muss regelmäßige Ansprachen und Belehrungen am Arbeitsplatz geben, um die Diskussion über Gewalt gegen Frauen am laufen zu halten. Zudem muss frühzeitig eingegriffen werden und das bedarf ganz klar Sensibilisierungen.“
ILO-Konventionen gegen Gewalt und Belästigungen
Die ILO-Konvention 190 wurde 2019 von der internationalen Arbeitsorganisation (ILO), einer Sonderorganisation der UNO, verabschiedet, nachdem sich jahrelang Gewerkschaften auf internationaler und nationaler Ebene dafür eingesetzt haben.
Sie bietet die erste internationale Definition von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, einschließlich geschlechtsspezifischer Vorfälle und beinhaltet Empfehlungen zur Umsetzung. Bisher haben 20 der ILO-Mitgliedsstaaten, darunter Italien, Griechenland und Spanien, das Abkommen ratifiziert. Deutschland bisher noch nicht.
Ratifizierung und Umsetzung des ILO-Abkommens in den Mitgliedsstaaten seien laut DGB ein wichtiger Schritt, um einen klaren Aktionsrahmen gegen Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz zu schaffen.