Düsseldorf. Die neue Stadtbibliothek im KAP1 ist vorbildlich behindertengerecht – bei vielen Bürgerbüros sieht es dagegen noch ganz anders aus.
Mitglieder des Behindertenrates besuchten diese Woche mit Oberbürgermeister Stephan Keller die neue Stadtbibliothek im KAP1 und testeten dabei die Barrierefreiheit. Der Eindruck: Sehr gut. Das ist aber nicht überall in Düsseldorf so.
Neue Zentralbibliothek ermöglicht selbstständige Nutzung
„Der Behindertenrat freut sich, dass bei der Gestaltung der Zentralbibliothek die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung berücksichtigt wurden“, sagt Sabine Humpert-Kalb, Vorsitzende des Behindertenrats. „Es wurde nicht nur an die Menschen im Rollstuhl gedacht, sondern auch an die Personen mit einer Sehbehinderung oder geistigen Behinderung.“
Wichtig sei besonders die Möglichkeit zur selbstständigen Nutzung. Auch in vielen Einrichtungen, die prinzipiell etwa für Menschen mit Geh- oder Sehbehinderung zugänglich sind, sind sie dann auf die aktive Hilfe von Mitarbeitern angewiesen. Im KAP1 sind dagegen etwa die Regale im Raum nicht mehr als 1,5 Meter hoch, die oberen Regalreihen so auch für Menschen im Rollstuhl gut zu erreichen. Der Gebäude-Zugang ist stufenlos, es gibt eine automatische Tür. Die Zentralbibliothek erreicht man über Aufzüge. „Bereits jetzt haben wir zahlreiche Rückmeldungen erhalten, wie herzlich jeder in der Zentralbibliothek willkommen ist“, so Humpert-Kalb.
Die Themen der Regalinhalte sind besonders deutlich und groß beschriftet, die Wege großzügig gestaltet. Dadurch wird die Orientierung im Raum erleichtert. Aus der Bürgerbeteiligung resultierte auch eine leicht lesbare und verständliche Beschriftung der Serviceangebote. Zudem gibt es niedrig platzierte Rechner für die Katalogrecherche, die direkt mit Rollstuhl angesteuert werden können. Auf beiden Ebenen gibt es Behinderten-WCs.
Wie in allen städtischen Gebäuden sind auch in der Zentralbibliothek Assistenzhunde willkommen. „Die positiven inklusiven Maßnahmen in der Zentralbibliothek sind ein Ergebnis der engen Zusammenarbeit zwischen der Behindertenkoordination des Amtes für Soziales, der Bauleitung und der Zentralbibliothek während der Planungs- und Bauphase“, so Norbert Kamp, Leiter der Stadtbüchereien.
Unzugängliche Bürgerbüros
Nicht überall in Düsseldorf gibt es einen so guten Standard, erklärt Sabine Humpert-Kalb. An vielen Orten gibt es noch dringenden Handlungsbedarf. „Ein großes Problem gibt es beim ÖPNV. Nur etwa die Hälfte der Bahnhaltestellen im kommunalen Schienenverkehr ist barrierefrei.“ Ein existenzielles Problem, erklärt sie – denn viele sind auf die Rheinbahn angewiesen, um etwa zur Schule oder zur Arbeit zu kommen. Auch kritisch sei die Lage in den Bürgerbüros, die für Verwaltungsangelegenheiten der Bürger zentral sind. „In viele von ihnen kommen Rollstuhlfahrer gar nicht rein, weil der Zugang über eine Treppe geht.“ Einmal eingetreten, haben Menschen mit Sehbehinderung große Probleme: So seien die Automaten, an denen man Anliegen auswählt, nicht blindengerecht. „Und die gezogene Nummer wird nicht mehr angesagt, nur auf einer Anzeige angezeigt.“
Grundsätzlich sieht die Vorsitzende des Behindertenrats aber auch positives. „Es tut sich einiges.“ Besonders im Rahmen des Runden Tisch Bauen habe der Behindertenrat zuletzt wichtige Anregungen geben können, so Humpert-Kalb.