Düsseldorf. Nachdem die Polizei am Samstag Rettungskräfte bei einem Einsatz schützen musste, reagieren Politiker mit Entsetzen und möglichen Lösungsansätzen.

NRW-Innenminister Herbert Reul ist fassungslos: „Wo kommen wir denn hin, wenn sich Jugendliche zusammenrotten und einen Rettungseinsatz behindern? Einfach nur, um Frust abzulassen.“ So kommentierte er am Sonntag den Vorfall, der sich Samstag Abend in der Altstadt ereignet hatte (NRZ berichtete). Er sei darüber unglaublich wütend. „Hier werden nicht mal moralische Mindeststandards eingehalten.“

Anzeige gegen 15-Jährigen Angreifer

Einen greifbaren Auslöser für den Vorfall scheint es der Polizei zufolge nicht gegeben zu haben. Dem Rettungseinsatz ging nicht, wie man vermuten könnte, eine Schlägerei zuvor, sondern ein Sturz. „Wo immer Polizei, Ordnungsdienst oder Rettungskräfte agieren, gibt es Schaulustige“, erklärt Polizei-Sprecher Marcel Fiebig. So komme es zu Menschentrauben, aus denen dann oft Personen wohl nicht damit zufrieden seien, dem Geschehen nur zuzuschauen, so Fiebig weiter. Besonders gegen Polizisten gebe es dann Provokationen aus der Menge – Beleidigungen, die dann manchmal in tätliche Angriffe übergehen, wie es am Samstag von einem 15-Jährigen ausging. In der Tendenz würden solche Vorfälle zunehmen. Dazu gebe es zwar keine belastbaren Zahlen, „das geht aber aus den Berichten der Kollegen immer wieder hervor“, erklärt Fiebig. Die Frage nach den genauen Ursachen falle dabei aber nicht in den Fachbereich der Polizei, sondern etwa in den von Jugendpsychologen. Weder bei den Rettungskräften, noch den Polizisten habe es Verletzte gegeben. Der Rettungseinsatz konnte letztlich erfolgreich durchgeführt werden, nach Abtransport des Gestürzten sowie des aggressiven 15-Jährigen habe sich die Lage beruhigt. Gegen letzteren wurde Anzeige erstellt. „Es macht fassungslos, dass die Polizei mit ihrem Einsatz erst möglich machen muss, was innerhalb unserer Gesellschaft eigentlich selbstverständlich sein sollte“, sagt Polizei-Präsident Norbert Wesseler. Er mahnt an, dass es bei Rettungseinsätzen oft um Sekunden gehe, die über Leben und Tod entscheiden.

Volkenrath will präventives Vorgehen

Das Problem sei bereits eine ganze Weile zu beobachten und müsse unbedingt ernst genommen werden, meint SPD-Ratsherr Martin Volkenrath. „Insgesamt ist diese Entwicklung eine, die man so nicht mehr durchgehen lassen kann.“ Ein rein repressives Vorgehen hält der ehemalige Polizeigewerkschafter dabei für ungeeignet. „Man muss präventiv vorgehen, dafür müssen Polizei und OSD mit dem Jugendamt eng kooperieren.“ Festgestellt müsse etwa werden, inwieweit diese Dynamiken spontan entstehen und welche Rolle bestehende informelle Gruppen dabei haben. Daran sollen effektive Handlungsoptionen klar werden. „Das Problem ist aber kein reines Düsseldorf-Problem und auch kein Altstadt-Problem.“ Da viele der aggressiven Besucher nicht aus Düsseldorf, sondern dem nahen Umfeld kommen, so Volkenrath, müsste es vielleicht auch eine Zusammenarbeit mit den entsprechenden Kommunen geben.

Grünen-Ratsherr Norbert Czerwinski nennt die Behinderung von Rettungskräften ein „No-Go“. Es sei schlimm, dass so etwas passiert – aber keine Frage der Politik. Die Polizei solle weiter entschieden dagegen vorgehen, wie sie es getan habe. Gesondert behandelt werden müsse das Problem bisher nicht.

Hartnigk: Strafen bisher zu milde

Für CDU-Ratsherr Andreas Hartnigk liegt das Problem bei bestimmten Gruppen von Altstadt-Besuchern: „Das sind Leute, die auf Krawall aus sind – die haben in der Altstadt nichts zu suchen!“ Diese vor allem von außerhalb Düsseldorfs kommenden Besucher nehmen den Rechtsstaat nicht ernst und lassen sich etwa von angeordneten Sozialstunden nicht beeindrucken, so Hartnigk. Dass sich das Problem verschärft habe, sehe man auch an den im Juli von OSD-Mitarbeitern verschickten Briefen, in denen sie von zunehmender Gewalt gegen sie berichteten, und die Stadt aufforderten, diese öffentlich zu melden. Bisher verhängte Strafen „haben offensichtlich nicht ausgereicht, damit das unterbunden wird“, so Hartnigk. Ein härteres Strafmaß könne möglicherweise etwas ändern.