Düsseldorf. Der Leiter der Mahn- und Gedenkstätte berichtet von der Arbeit in seiner Einrichtung und Herausforderungen in der Coronakrise.
Düsseldorf ist eine Stadt mit langer Geschichte. Zu dieser zählen aber auch dunklere Abschnitte, wie die Zeit des Nationalsozialismus, während der rund 6000 Menschen aus der Stadt deportiert wurden. Die Mahn- und Gedenkstätte und ihr Leiter Dr. Bastian Fleermann halten die Erinnerung daran wach. „Unsere Gedenkstätte ist allen Verfolgten und allen Opfern des NS-Regimes gewidmet“, erklärt der Historiker. „Ich würde mir wünschen, dass die Menschen in Düsseldorf genauso aufgeschlossen und wissbegierig bleiben, wie es sich derzeit zeigt. Das ist auch für eine Gedenkstätte ein gutes Klima“, sagt Fleermann.
Deportationsmahnmal soll neu gestaltet werden
Um größer und besser wahrnehmbar zu werden, möchte er auch das Deportationsmahnmal auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände in Derendorf in näherer Zukunft neu gestalten. „Ich glaube, dass die historische Bedeutung dieses Ortes, von wo aus 6000 Menschen deportiert wurden, in dem völlig neu entwickelten Stadtquartier etwas unterzugehen droht“, meint er.
Bereits vergangenes Jahr sorgte die Situation am Mahnmal für Ärger, da Autofahrer ihre Pkw regelmäßig auf der Fläche des Mahnmals abstellten. Es sollte daher mehr Aufmerksamkeit bekommen, wünscht sich Fleermann. „Da sehe ich aus allen politischen Lagern viel Zustimmung. Die Bezirksvertretung 1 hat das auf dem Schirm und bereits im Frühjahr wurde ein Garten- und Landschaftsplaner beauftragt“, berichtet der Gedenkstättenleiter. Im Herbst sollen die Pläne vorgestellt werden.
Seit 2007 in der Gedenkstätte
Bastian Fleermann arbeitet seit 2007 in der Mahn- und Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus an der Mühlenstraße im Herzen der Altstadt. Seit 2011 ist er ihr Leiter. „Wir beschäftigen uns im Team mit sehr unterschiedlichen Themen: Es geht um den Holocaust in unserer Stadt, aber auch um den Widerstand weniger mutiger Menschen. Wir behandeln die Verfolgung der politischen Gegner genauso wie den Terror gegen die Sinti, die Schwulen oder die Zeugen Jehovas, die Opposition der Gewerkschafter oder der unangepassten Jugendlichen“, erklärt er. „Es ist unsere Aufgabe, alle diese Themen zu erforschen und zu dokumentieren.“
Das Herzstück der Gedenkstättenräume ist die Dauerausstellung, die 2015 vollständig neuentwickelt und eröffnet wurde. Das Thema lautet „Düsseldorfer Kinder und Jugendliche im Nationalsozialismus“. „Damit erreichen wir vor allem junge Menschen, Schülerinnen und Schüler aus Düsseldorf und dem Umland“, sagt Fleermann. „Aber auch viele Erwachsene und Senioren kommen zu uns, um sich mit der Stadtgeschichte auseinander zu setzen. Die Menschen, die zu uns kommen, haben einen großen Wissensdrang.“
Man erfahre über Bücher und das Fernsehen viel, aber darüber, was eigentlich in der eigenen Stadt geschah, könne man nur an solchen Lernorten miteinander ins Gespräch kommen, so der Historiker. „Geschichte wird hier sehr konkret und zum Greifen nah.“
Dazu gelernt in der Krise
Die Corona-Krise stellte auch die Mahn- und Gedenkstätte vor Herausforderungen. „Alle abendlichen Vorträge, Diskussionen oder Filmvorführungen sind abgesagt, Führungen mit Schulklassen laufen gerade erst wieder an – natürlich unter vielen Schutzmaßnahmen“, betont Bastian Fleermann. „Aber wir haben als Team auch unheimlich viel dazu gelernt: Viele Formate haben wir online angeboten, viele Stadtrundgänge an der frischen Luft wurden durchgeführt. Und wir arbeiten weiter an digitalen Lernkonzepten.“