Düsseldorf. Auf einer Podiumsdiskussion erzählten Düsseldorfer OB-Kandidaten von ihren unterschiedlichen Erfahrungen während der Coronakrise.
Corona hat im Leben vieler Menschen tiefe Einschnitte hinterlassen. Das gilt für ganz viele Düsseldorfer und auch für einige OB-Kandidaten. Bei einer Podiumsdiskussion auf Einladung der Katholischen Kirche im Maxhaus schilderten die Politiker ihre eigenen, zum Teil sehr bewegenden Geschichten. In diesen Momenten hielt der Wahlkampf ganz plötzlich inne.
Geisels Tochter musste USA-Aufenthalt abbrechen
Der immer umtriebige Thomas Geisel, der manchmal auf zwei Veranstaltungen gleichzeitig zu sein scheint, musste sich zunächst damit abfinden, dass die Termindichte plötzlich eine komplett andere war. Ein Luxusproblem im Vergleich zu dem, was seine Tochter Marie erlebte. Die 15-Jährige war kurz vor dem Shutdown nämlich noch in den USA. Dort besuchte sie im Rahmen eines Teilstipendiums eine Boarding School in Virginia und musste von heute auf morgen die Koffer packen und nach Düsseldorf zurück. „Sie konnte sich noch nicht einmal von ihren Mitschülern dort verabschieden“, berichtet Geisel. „Das war sehr schlimm für sie und verfolgt sie bis heute.“
Der OB selbst räumte derweil zuhause erst einmal auf, man hatte ja plötzlich Zeit und drang dann auch irgendwann in den Keller vor, genauer gesagt zu den Weinflaschen. „Ich dachte mir, wer soll die eigentlich jemals leer trinken.“ Weil er das mit Ehefrau Vera nicht allein tun wollte, lud er nach und nach die Mitglieder seiner Jonges-Tischgemeinschaft „Us d’r Lamäng“ zu sich nach Hause ein.
Keine Entschleunigung im Landtag
In zwei gegensätzlichen Phasen erlebte Stefan Engstfeld, OB-Kandidat und NRW-Landtagsabgeordneter der Grünen, die Corona-Zeit: „Entgegen der Entschleunigung, die bei vielen durch den Lockdown eintrat, fand bei mir als Abgeordneten eher eine Beschleunigung statt,“ berichtet er. Schnell wurden milliardenschwere Hilfspakete geschnürt, bei deren Beschlüssen in Sondersitzungen mit Ein-Drittel-Besetzung Engstfeld immer involviert gewesen sei. „Ich bin nur zu den Sitzungen gegangen und bin ansonsten nicht rausgegangen“, sagt Engstfeld. „Zu Hause habe ich endlich mal wieder mehr kochen können.“ Während dieser Phase habe er viele Rückmeldungen aus der Stadt bekommen von Menschen, die nicht wussten wie es weiter geht.
Auf die Phase der Beschleunigung folgte jedoch das genaue Gegenteil. Anfang April verstarb Engstfelds Mutter. Nicht an Corona, sie war bereits vorher schwer krank und wurde gepflegt, erzählt Engstfeld. Mit seiner Schwester begleitete er seine Mutter auf dem letzten Weg. „Die Beerdigung mitten im Lockdown war schwer. Da durften nur acht Leute teilnehmen, es ging elf Minuten und es wurde ein Lied von einem CD-Player abgespielt“, erinnert er sich. „In elf Minuten seine Mutter unter die Erde zu bringen ist eine schwere Erfahrung, die ich niemandem wünsche.“
Getrennt von den Enkelkindern
Der OB-Kandidat für die Linke, Udo Bonn, hat gemeinsam mit seiner Frau die Corona-Zeit individuell gut verbracht. „Wir waren viel auf dem Balkon oder in unserem Schrebergarten und haben uns da mal Auslauf gegönnt“, erzählt Bonn, der genau wie seine Gattin schon Rentner ist. „Das hatte für uns den Vorteil, dass wir nicht von Geldsorgen betroffen sind wie viele andere.“ Dennoch musste Bonn wegen Corona verzichten – auf sein Enkelkind. „Wir haben uns zwei Monate nicht gesehen. Das ist schon ein enormer Einschnitt, wenn man sich normalerweise zwei, drei Mal die Woche sieht.“ Durch die Kontaktsperre seien so für das Enkelkind gleich zwei Bezugspersonen weggefallen.
Auch für seine 92-jährige Mutter war die Zeit nicht leicht. Hatte sie zuvor noch zuhause gelebt, musste sie durch den Wegfall von Pflegestrukturen in ein Seniorenheim ziehen. Mittlerweile habe sie sich dort aber eingelebt, berichtet Bonn.
Auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat so ihre Erfahrungen mit Corona gemacht. Auch sie konnte zwei Monate lang ihr Enkelkind nicht sehen. „Das macht schon was mit einem“, gesteht die sonst so resolute FDP-Frau und OB-Kandidatin. Man werde plötzlich so ausgebremst, alles verändert sich. Mitgenommen habe sie auch der Tod der Mutter eines engen Freundes. Diese war in einem Seniorenheim gestorben, in dem ein paar Menschen an Covid-19 erkrankt und letztlich verstorben seien. Das sei schon bedrückend, so Strack-Zimmermann.
Sie selbst habe zudem Kontakt zu einer älteren Dame, Ende 90. „Wegen Corona konnte ich sie nicht mehr besuchen. Wir haben telefoniert, aber sie hat oft erzählt, wie einsam sie sich manchmal fühlt.“
Krisenstabsleiter im Homeoffice
Stephan Keller, OB-Kandidat der CDU, war zwar selbst nicht Corona- infiziert, war jedoch beruflich dennoch davon betroffen: Zum einen als Krisenstabsleiter in Köln. „Da habe ich die Hochphase der Pandemie, und damit auch die intensivste Zeit meines Berufslebens miterlebt“, so Keller. Zum anderen musste die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker zwischenzeitlich in Quarantäne. „Das war dann schon eine besondere Herausforderung, da sie die Geschicke der Stadt fortan aus dem Homeoffice geleitet hat“, so Keller.
Doch auch privat gab es coronabedingte Veränderungen. „Mein Sohn hat gerade Abi gemacht und wusste sehr lange nicht, ob er für die Klausuren lernen soll oder nicht, weil er nicht wusste, ob sie stattfinden.“ Der Sohn habe aber dann sehr fleißig gelernt. Auch die anderen beiden Kinder waren im Homeschooling zuhause. „Das hat die Familie enger zusammengebracht.“