Düsseldorf. Der Feuerwehreinsatz in der Düsseldorfer Innenstadt dauert weiter an. Noch fehlt von dem zweiten Bauarbeiter jede Spur. So ist die Lage vor Ort.
Auch einen Tag nach dem Teileinsturz eines leerstehenden Gebäudes in der Düsseldorfer Innenstadt herrscht an der Unglücksstelle weiter Hochbetrieb: Polizeibeamte sichern die Zugänge zur Luisenstraße. Auf beiden Seiten reihten sich Einsatzwagen von Polizei und Feuerwehr aneinander. Passanten standen vor den Absperrungen, versuchten sich ein Bild von der Lage zu machen. Der Blick in den Hinterhof bleibt jedoch versperrt.
Viele Menschen sind nach dem tödlichen Einsturz entsetzt. „Ich bin tief betroffen“, erzählt ein Anwohner. Mehr wollte er nicht sagen. Zu sehr habe ihn die Nachricht von dem eingestürzten Gebäude mitgenommen. Am Montag war gegen 13.30 Uhr ein fünfstöckiger Anbau aus bislang ungeklärten Gründen während laufender Sanierungsarbeiten eingestürzt.
Zwei Bauarbeiter konnten sich nicht mehr in Sicherheit bringen. Sie galten seit Montag als vermisst. Am Dienstagmittag dann die traurige Gewissheit: Die Düsseldorfer Feuerwehr teilte mit, dass sie einen der beiden Männer tot unter den Trümmern gefunden hat. Weil weiterhin Einsturzgefahr bestehe, konnte der Leichnam aber zunächst nicht geborgen werden.
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„Aktuell gibt es noch sehr große Mengen Stahl und Beton, die gesichert werden müssen“, sagte Feuerwehrsprecher Stefan Holtkamp, der am Dienstag in regelmäßigen Abständen vor die Medienvertreter trat. „Wir versuchen, Zugänge zu finden.“
Auch das Technische Hilfswerk NRW war mit zwölf Einsatzkräften vor Ort. „Das THW übernimmt die Überwachung des Gebäudes mit drei Einsatzsicherungssystemen“, erzählte Pressesprecher Sebastian Vogler. Die Stative, die mit einem Rotationslaser ausgestattet seien, können Bewegungen im Millimeterbereich registrieren, erklärte Vogler. So sollen Einsatzkräfte rechtzeitig vor plötzlichen Erschütterungen gewarnt werden.
Hauseinsturz in Düsseldorf: Zeuge sieht Rauch und denkt zunächst an Feuer
Von dem zweiten Bauarbeiter fehlte bis Dienstagabend weiterhin jede Spur. Zur Überlebenschance des Mannes wollte Holtkamp keine Angaben machen. „Sie kennen ja die Bilder aus Erdbebengebieten, wo auch nach Tagen noch Hohlräume entdeckt werden.“ Die Einsatzkräfte setzen bei ihrer Rettungsmission unter anderem auf eine Polizeidrohne mit Wärmebildkamera. Auch ein Spezialkran, Statiker, Fachberater, Spürhunde und Höhenretter sind im Einsatz.
Ein Augenzeuge, der am Montagmittag nur wenige Meter vom Unglücksort entfernt war, berichtete von einem lauten Knall. „Das hat ordentlich gerumst.“ Von der Jahnstraße aus habe er grauen Rauch aufsteigen sehen. „Ich dachte erst, es brennt. Dann hieß es, eine Fassade sei eingestürzt.“ Auch Simon Herweg, der während des Einsturzes im rund 150 Meter entfernten Restaurant L’Osteria arbeitete, berichtete von einer großen Staubwolke: „Kurz darauf haben vier oder fünf Feuerwagen direkt vor unserer Tür geparkt.“
Bei den beiden Verschüttete n handelt es sich laut Angaben der Feuerwehr um einen 39-jährigen türkischstämmigen Bauarbeiter aus Duisburg sowie einen 35-Jährigen, der wohl polnischer Staatsbürger sei. Welcher der beiden Bauarbeiter den Einsturz nicht überlebt hat, sei derzeit unklar. Am Unglücksort hatte sich am Dienstagmittag eine Männergruppe aus dem Duisburger Stadtteil Marxloh versammelt. „Wir sind Freunde seit dem Kindergarten“, so einer der Männer. Seit Montagabend harre die Gruppe an der Luisenstraße aus, um von der Feuerwehr aktuelle Informationen zu bekommen.
Oberbürgermeister Thomas Geisel spricht Angehörigen sein Mitgefühl aus
Notfallseelsorger und Psychologen des Düsseldorfer Gesundheitsamtes kümmern sich vor Ort um Familienangehörige und Freunde der Verschütteten. „Man hat uns einen Raum bereitgestellt“, berichtet einer der Männer. „Auch Getränke können wir uns jederzeit nehmen.“ Noch habe die Gruppe die Hoffnung nicht aufgegeben, ihren Freund bald wieder in die Arme schließen zu können. „Wir bleiben hier, bis wir eine klare Antwort bekommen, wie es ihm geht.“
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Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel hatte sich am Dienstag ein eigenes Bild von der Unglücksstelle gemacht. „Wir drücken den Hinterbliebenen des Opfers unser großes Mitgefühl aus und hoffen, dass der zweite Vermisste doch noch gerettet werden kann“, so Geisel. Nun müsse lückenlos aufgeklärt werden, wie es zu dem Einsturz kommen konnte, forderte Baudezernentin Cornelia Zuschke. Die Baugenehmigung sei erst am frühen Montagnachmittag - dem Tag des Unglücks - erteilt worden, schreibt die Stadt in einer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung.
Ursache für den Gebäudeeinsturz weiterhin unklar
Mit der Genehmigung, so die Stadt, sei allerdings nicht sofort eine Freigabe der Bauarbeiten verbunden. „Dafür muss der Bauherr noch einen sogenannten Standsicherheitsnachweis beim Amt einreichen - als Nachweis, dass die Statik des Gebäudes auch während und nach den Arbeiten gewährleistet ist.“
Dieser Nachweis sei bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bei der Stadt eingegangen, heißt es in der Mitteilung der Stadt. Nun müsse geprüft werden, welche Arbeiten am Gebäude durchgeführt wurden und weshalb es zum Einsturz des Gebäudes kam.
Wie lange die Feuerwehr ihren Großeinsatz an der Luisenstraße fortsetzt, sei derzeit noch völlig offen. „Wir werden erst abbrechen, sobald wir auch den zweiten Vermissten lokalisiert und geborgen haben“, so Feuerwehrsprecher Holtkamp. Bis es soweit ist, könnten aber noch einige Tage vergehen.